Ho, Ho, Ho: Die große Zeit der guten Gaben und der bilanzierenden Rückblicke ist wieder ausgebrochen. Beide Phänomene werden hierzulande vorwiegend unter Gesichtspunkten materieller Masse gesehen. Dem wollen wir uns – modisch wie wir sind – keineswegs verschließen.
Starten wir mit dem Lobpreis des jüngsten Geschenk-Korbes von Finanzminister Peer Steinbrück an die Kulturmenschen. Geschmackvoll verpackt in den Rahmen einer Weihnachtsbriefmarken-Präsentation verkündete er die Erhöhung der Übungsleiter-Pauschale. Dadurch wird ehrenamtliches Engagement fiskalisch belohnt und zivilgesellschaftlicher Einsatz quasi pekuniär entgolten.
Bravo – doch damit nicht genug: Im Rahmen einer weitergehenden Reform des Gemeinnützigkeitsrechtes sollen auch noch die Möglichkeiten des Spendenabzuges ausgeweitet werden – eine Maßnahme, die kulturellen Initiativen durchaus Mittel in die klammen Kassen spülen könnte. Bloß schade, dass die Einkommen der meisten kulturell Tätigen selbst derart nah an der Armutsgrenze liegen, dass sie persönlich nur als Spendenempfänger in Frage kommen. Ganz zu schweigen von der Möglichkeit, sich durch bürgerschaftliches Engagement von gewissen Einkommenssteuer-Bürden zu entlasten. Einfach mangels Masse. Auch ein Indikator der wahren Wertschätzung von Kunst und Kultur hierzulande, Ho, Ho, Ho.
Etwas schwieriger zu werten ist das stramme Euro-Milliönchen, mit dem der haushaltspolitische Sprecher der CDU, Steffen Kampeter (Künstlername: Pop-Populist), gewisse Kreise der Musikwelt beeindruckte, als käme das Sümmchen aus seinem versteuerten Privateinkommen. Die Million soll für eine neu zu gründende „Initiative: Musik“ verwendet werden mit dem Ziel, „die Rahmenbedingungen für Musik und Musikwirtschaft zu verbessern“. Derzeit liegt diese mächtige Liquidi-Tätlichkeit auf einer Art Sperrkonto, weil erst noch ausgedealt werden muss, wer sie wofür verwerten darf. Ho, Ho, Ho.
Gewöhnlich halbinformierte Kreise wähnen, das Geld möge teils zur Einlösung einer alten Kampeter-Bestands-Versprechung in Sachen „German Sounds“ – Musikexport-Büro – dienen. Und dessen Verwaltung könnte – sicherlich sinnvoller Weise – in den Einfluss-Radius des Deutschen Musikrates gelangen. Ob solcher Segens-Hoffnungen scheint es dem Leitungsgremium unserer musikalischen Spitzen-Organisation derart die Sprache verschlagen zu haben, dass man sich außerstande sah, dem Dachverband aller Kulturschaffenden, dem Deutschen Kulturrat beiseite zu springen, als dieser durch eine weitere Kampeter-Tätlichkeit in eine – pekuniär freilich irrelevante – Zwangs-Situation geriet: Im Haushaltsausschuss unseres Bundestages wurde unter Steffen Kampeters Ägide nämlich beschlossen, dass der Kulturrat keine Zuwendungsmittel zum Versenden von Telefaxen mehr verwenden dürfe. Dabei geht es um ungefähr tausend Euro jährlich, die dem Etat des Rates unter der genannten Bedingung freilich erhalten bleiben. Ho, Ho, Ho.
Was wie ein Witz klingt, wie eine klei- ne Neckerei, ist genau genommen ein grober Hieb gegen die Meinungsfreiheit. Um – konstruktiv wie wir sind – dem Eindruck entgegenzuwirken, Bundestagsabgeordnete missbrauchten ihr Amt generell zur Befriedigung persönlicher Rache-Gelüste, zitieren wir hier gern die Gegenrede des Abgeordneten Hans-Joachim Otto (FDP): „Wenn wir so anfangen – wenn Herr Staeck von der Akademie der Künste uns nicht gefällt, dann verbieten wir ihm zu telefonieren, und wenn uns der Herr Knabe in Hohenschönhausen nicht gefällt, dann verbieten wir ihm den Kauf von Briefmarken –, dann ist das kein guter Umgang. Nach meiner Kenntnis hat es einen solchen Vorgang in der Geschichte des deutschen Haushaltes noch nicht gegeben. Das ist ein kleinliches Gezänk. Ich fordere Sie auf, das zu unterlassen…Lieber Herr Kampeter, haben Sie die Noblesse und nehmen Sie diesen Scherz, der im Grunde auf eine Zensur hinausläuft, zurück“.
Diese „Noblesse“ blieb bislang aus. Insofern kann auch die Millionen-Vorfreude im Musikwinkel kaum ungetrübt ausgelebt werden, will man sich als Kulturinstitution nicht dem Vorwurf aussetzen, für ein paar Dollar mehr verkaufe man die Verteidigung bürgerlicher Grundrechte.
Was waren das für Zeiten, als statt des amerikanischen X-Mass-Business-Schlachtrufes „Ho, Ho, Ho“ noch das gute alte „Ho, Ho, Ho-Tschi-Minh“ durch Deutschlands Straßen schallte… Na gut, sie waren auch nicht besser.