Hauptrubrik
Banner Full-Size

Über Kultur reden statt Spargel essen

Untertitel
Die CDU veranstaltet ihren ersten Kultursalon · Von Barbara Haack
Publikationsdatum
Body

Die gute Nachricht: Die CDU kümmert sich um die Kultur. Sie ist ihr etwas wert. Immerhin hatten die Damen und Herren der CDU-Fraktion auf ihr traditionelles Spargel-Essen verzichtet, um den ersten Kultursalon der CDU in den heiligen Hallen des Reichstags zu ermöglichen. Wo sonst seriöse Bundestagsabgeordnete ihre Fraktionssitzungen abhalten, wurde nun musiziert, rezitiert und vor allem viel über Kultur gesprochen. Allerdings war irgendwo bei der sicher aufwändigen Planung der Veranstaltung die Entscheidung darüber in den Hintergrund gerückt, ob man nun ein Show-Event veranstalten oder Gelegenheit zu ernsthaften Diskussionen und Gesprächen geben wollte. So gab es von beidem ein bisschen.

Der Show-Teil allerdings überwog – moderiert vom kulturpolitischen Sprecher der CDU, Wolfgang Börnsen, der dem ganzen einen Hauch von Karnevalssitzung gab. Dazu waren Stars aus Film und Fernsehen eingeladen – mit denen war bereits in der Einladung kräftig geworben worden. Und es widersprach niemand, als Senta Berger Kulturstaatsminister Bernd Neumann als „Filmminister“ hofierte. Jener freute sich und schien den Ehrentitel keineswegs als Degradierung zu empfinden. Dabei waren durchaus Vertreter aller Kultursparten gekommen, um zu hören, was die CDU unter Kultur versteht.

Was allerdings sonst hätte Neumann tun sollen, als sich über den „Filmminister“ zu freuen. War ihm doch kurz zuvor der „mächtigste Kulturpolitiker“ des Landes vorgestellt worden: Steffen Kampeter als Vorsitzender des Haushaltsausschusses, war Podiumsgast des Panels „Wer bezahlt die Kultur?“, moderiert vom Abgeordneten Philipp Mißfelder.

Den von Mißfelder ins Spiel gebrachten „mächtigsten Kulturpolitiker“ akzeptierte Kampeter mit einem freundlichen Lächeln. Später allerdings gefiel er sich in der Pose des Finanzpolitikers, dem die Kultur im Grunde herzlich egal ist. Wenn kurz danach Bundeskanzlerin Angela Merkel, die durch ihre Anwesenheit dem Thema immerhin eine persönliche Wertschätzung zollte, von der Kultur sprach, „die so notwendig ist wie die Luft zum Atmen“ oder davon, dass Kultur „ein wesentliches Element ist, wenn es darum geht, die Weichen für die Zukunft unseres Landes zu stellen“, dann sei die Frage erlaubt: Brauchen wir nicht einen Haushaltsausschussvorsitzenden, der sich ehrlichen Herzens zur Kultur bekennt?

Und eben nicht nur zu einer „Exzellenz-Kultur“. Lediglich eine solche, so Kampeter, solle der Bund fördern. „Bundeskulturpolitik ist keine Sozialpolitik“, verkündete er und widersprach damit seinem Diskussionspartner Fritz Pleitgen. Pleitgen berichtete vor allem über das Riesenprojekt „RUHR. 2010“, das in Nordrhein-Westfalen ungeahnte Kräfte mobilisiert habe. 53 Kommunen haben sich zu einem Netzwerk gefügt, welches die einzigartige Chance, die der Titel „Europäische Kulturhauptstadt“ im Jahr 2010 für die Region darstelle, nutzen wolle. Die Kohle (von Bund, Land und Kommunen) macht’s möglich! Aber wen stört das, wenn damit ein erfolgreiches Kulturnetzwerk gesponnen wird? Zurück zu Steffen Kampeter, der neben seiner „Exzellenz-Offensive“ in Sachen Kultur die berechtigte Forderung erhob, sich beim Thema Kulturfinanzierung auch der Qualitätsfrage zu stellen. Wer ist befugt, Qualitätskriterien und damit Bezuschussungsgrundlagen für die Kultur aufzustellen? Sicher nicht die Politik – da waren sich die Diskussionsteilnehmer einig. Natürlich die Medien – sagt Fritz Pleitgen, insbesondere die öffentlich-rechtlichen und sicher auch der Rundfunk. Seine Behauptung blieb unwidersprochen, selbst von Thomas Sternberg, obwohl der als Mitglied der Enquete-Kommission Kultur eigentlich anderer Meinung hätte sein müssen. Geht doch aus dem Schlussbericht sehr deutlich die Kritik an der Qualität der Programme in den öffentlich-rechtlichen Medien und die Warnung vor einer Verflachung der Inhalte zugunsten der Quote hervor. Wieso also sollten gerade diese Medien die Qualitätsfrage beantworten können?

Moderator Mißfelder brachte schließlich den wichtigen Aspekt des ehrenamtlichen Engagements ins Gespräch. Schließlich wird auch hier Geldwert geschaffen, den Finanzpolitiker vermutlich nicht unbedingt auf dem Schirm haben. „Wir müssen uns davor hüten, anzunehmen, dass das, wo das meiste Geld hin fließt, auch das Wichtigste ist“, sagt Sternberg mit Hinweis auf den bedeutenden Bereich der Laienmusik.

Ein kleiner Blick in die – leider parallel stattfindende – Diskussion „Der arme Poet – Bild oder Realität?“, die sich zentral mit der Gefährdung der Künstlersozialkasse beschäftigte. Hier ist es nicht etwa die Politik, die die soziale Absicherung freischaffender Künstler in Frage stellt. Vielmehr wehren sich mächtige Verwerter-Verbände, allen voran die Industrie- und Handelskammer, dagegen, die für sie anfallenden Beiträge zu zahlen. Deshalb, so scheint es, steht die KSK nun auf der Kippe. Kann es denn wirklich sein, so fragen sich da die kleinen Kulturorganisationen, die seit Jahren brav offenbar nicht nur ihre Beiträge gezahlt, sondern die der „Großen“ mitfinanziert haben, dass, weil mächtige Verbände sich seit 25 Jahren weigern, ein Gesetz zu befolgen, dieses nun einfach im Orkus verschwindet?

Fazit dieses ersten CDU-Kultursalons: Geplant waren Gespräche über Kultur. Ziel erreicht, möchte man sagen. Nur war es doch eher ein Geplauder denn ernsthaftes Gespräch. Bei einer Wiederholung sollten sich die Veranstalter weniger Gedanken über Glanz und Glamour und mehr über Ziele und Auswertung eines solchen Events machen. Zu hoffen bleibt, dass sich der christdemokratische Spargel-Verzicht dahingehend gelohnt hat, dass das Bewusstsein für die Kultur bei den Abgeordneten wächst.

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!