Das Netzwerk Neue Musik in Ihrer Stadt: MEHR MUSIK! Backnang
1.
Welche konkreten Auswirkungen hatte das Projekt auf das städtische Musikleben?
Es gab in den letzten drei Jahren mehrere erfolgreiche und für das Publikum ziemlich überraschende Konzerte an unterschiedlichen Orten in der Stadt, die als willkommene Horizonterweiterung wahrgenommen sowie teilweise recht gut besucht und mit viel Beifall bedacht wurden.
2.
Das NNM wurde als Projekt der Vermittlung konzipiert:
Wurde das Ziel, ein breites Publikum mit qualitativ hochwertiger Gegenwartsmusik anzusprechen, erreicht? Verstehen die Bürger Ihrer Stadt die Sprache der neuen Musik besser als vorher?
Es wurden erste Brücken zu einer Rezeption dieser Sparte der Gegenwartsmusik geschaffen; der Prozess des besseren Verstehens dieser – zugegebenermaßen gelegentlich etwas spröden – Sprache kann natürlich nur ein langer sein. Die Ansätze sind aber ausbaufähig. Die Einbindung beispielsweise von Schülern in die Projekte war für die Breite des Publikums ein wichtiger Faktor; ebenso die Tatsache, dass der Erlebnischarakter der einzelnen Auftritte nicht zu kurz kam.
3.
Inwieweit hat sich die Vernetzung innerstädtischer/regionaler Netzwerke verbessert?
Durch die fast gleichzeitige Gründung der „Initiative Neue Musik in Backnang“ hat sich vor Ort ein über einzelne Institutionen hinaus reichernder Wille formiert, auch weiterhin Gelegenheiten für Auftritte Neuer Musik und deren Reflexion zu schaffen. Die fruchtbare Verbindung zur Stuttgarter „Musik der Jahrhunderte“ wird – hoffentlich – weiterhin ein wichtiger Knotenpunkt im Netzwerk für zukünftige Veranstaltungen in Backnang sein.
4.
Werden die Projekte und Konzertreihen weitergehen, wenn die Mittel der Bundeskulturstiftung entfallen? Welche Folgen gibt es (Nachhaltigkeit)?
Im Zuge der Neugestaltung des Programmkonzeptes des Backnanger Bürgerhauses im letzten Jahr konnten neue Verknüpfungen geschaffen werden, die auch zukünftig Chancen für die Neue Musik im Gesamtprogramm bereithalten. Aber auch im gotischen Chorraum der städtischen Galerie sind spezielle Konzerte für ein kleines Publikum fast schon Normalität. Mit am meisten freut es mich, dass wir mit der Initiative auch lokale Akteure wie den äußerst kreativen Backnanger Musiker Miklós Vajna angeregt haben, die dort mittlerweile eigene, sich teilweise im Bereich Neue Musik bewegende Projekte realisiert haben.
5.
Eine kurze Halbzeitbilanz?
(z. B. Was war gut? Was ist verbesserungsbedürftig?)
Die entscheidende, anfangs offene Frage war für mich immer, ob wir den Leuten etwa nur ganz engspartig die Trockenkekse in der Manier der Zwölftöner anbieten und sie damit auf Nimmerwiedersehen vertreiben oder ob es gelingt, ihnen geschickt und unideologisch Brücken in die Gegenwart zu bauen, freilich ohne dabei auf Qualität zu verzichten. Letztlich war dies auch und vor allem eine Frage der Auswahl der einzelnen Stücke. Ich bin darüber erleichtert, dass es bisher im Großen und Ganzen gelungen ist, dem Publikum mit durchhörbaren Beispielen Neue Musik als spannendes musikalisches Erlebnis emotional näher zu bringen und es für weitere Hörerfahrungen offen halten zu können. Für die Neue Musik an sich wünsche ich mir aber auch, dass sie über die Beschäftigung mit musikalischen Strukturen nicht vergisst, über die Offenheit ihres eigenen Horizontes zu reflektieren – wenn sie denn für ein größeres Publikum interessant und vor allem hörbar sein will. Sie muss deshalb noch lange nicht ihre eigene Trivialisierung befürchten. Von einem breiten öffentlichen Interesse des Publikums an zeitgenössicher Musik, wie etwa dem an der zeitgenössichen Kunst, sind wir schließlich noch ein gutes Stück entfernt.