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Unterm Unstern

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Wie kann man Mercedes-Benz ins Schleudern bringen? Sie denken an den Elch? Wir behaupten, eine Piccoloflöte reicht. Und das kommt so: Wolfgang Schrempp, Bruder des großen Konzernchefs Jürgen E. Schrempp, ist für den Edel-Limousinen-Vertrieb im Raum München zuständig. Als hochkompetent in Sachen Blech bewies er sich jüngst bei einem Empfang für das Bundesjugendorchester. Dort hielt er eine Rede. Aber was soll’s: Schließlich finanzierte er das Buffet und schoß fürs vorausgehende Konzert 10.000 Mark dazu. Nach dem Motto: tue Gutes und laß Dich dabei fotografieren – sorgte Schrempp zudem für die Präsenz eines Lichtbildners von der Sorte, die sich für das Zentrum jeder Veranstaltung hält. Als Schrempp sich dann dekorativ eine Flöte aus dem Orchester-Fundus griff und sie wichtig anhob, platzte dem Dirigenten Mario Venzago der Kragen. Er verscheuchte zunächst den Fotografen und geriet dann mit Schrempp in einen Diskurs. Dieser gipfelte wohl in Venzagos Satz, es sei sehr wohl Aufgabe zeitgemäßer Orchester-Pädagogik, jungen Musikern beizubringen, wie man sich gegen Prostitution wehrt. Wovon Schrempp nun gar nichts wissen wollte, sein Hausrecht herausbüttelte und Mario Venzago des Saales verwies. Doch damit nicht genug: Den unbotmäßigen Musikanten des Bundesjugendorchesters wurde mit dem Entzug des gesammelten Mercedes-Benz-Liebeslohnes gedroht, falls man weiter mit Mario Venzago zusammenarbeite. Dabei handelt es sich derzeit um gut 100.000 markige Taler, die der „gute Stern auf Deutschlands Straßen“ jährlich ins oft geflickte Budget-Schürzlein des „jüngsten deutschen Spitzenorchesters“ einwirft. „Schwamm drüber, wenn nicht Mercedes, dann eben Audi“ möchte man am liebsten sagen – und wird der Situation leider nicht gerecht. Kultursponsoring ist ein hochsensibler Vorgang. Es treffen stets starke materielle auf materiell schwache kulturelle Werte-Träger. Und es ist flott eine Hierarchie hergestellt, wie unsere kleine Geschichte zeigt. Wer nicht die kapitale und brutale Dominanz im Stile eines Wolfgang Schrempp als gesellschaftliche Leitwährung akzeptieren mag, tut gut daran, den Anfängen zu wehren. Gerade Maßnahmen der Jugendförderung und der Nachwuchs-Bildung verdienen unsere besondere Aufmerksamkeit, unseren besonderen Schutz. Sie sind Kernaufgaben unseres Gemeinwesens und dürfen nicht möglicher Sponsoren-Willkür ausgesetzt sein. Der eigentliche Skandal besteht darin, daß eine Einrichtung wie das Bundesjugendorchester seit Jahren zum „Anschaffen“ gezwungen wird – da hat Mario Venzago schlichtweg recht. Vielleicht bringt unser Staatsminister für Kultur ja das angeblich unmögliche endlich zustande: Ein paar 100.000 Mark jährlich als festen Etat für eine vorbildliche Investition in unsere musikalische Zukunft...

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