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Unübersehbar #39 – nmz-Streaming-Empfehlungen vom 12.2. bis zum 18.2.2021
Unübersehbar #39 – nmz-Streaming-Empfehlungen vom 12.2. bis zum 18.2.2021
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Unübersehbar #39 – nmz-Streaming-Empfehlungen vom 12.2. bis zum 18.2.2021

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Bevor die wertvolle Freizeit komplett von Friseurbesuchen absorbiert wird, hier die allfälligen, auch durch die Haarmähne noch unübersehbaren Wochenempfehlungen: Oper, Kinderoper, Ballett, Klaviermusik und Jazz ist diesmal angerichtet, und auch der Musikfachhandel spitzt schon mal aus dem Lockdown hervor. Was darf’s denn sein? [jmk]


Ab 13. Februar


Opernhaus Zürich: Hans Zender/Christian Spuck – „Schuberts Winterreise“
Samstag, 13.2.2021, 19:00 Uhr
Live-Stream und Video on Demand bis 13.05.2021 auf der Theaterwebseite und via ARTE Concert

Martina Wohlthat bezeichnete in ihrer Kritik für die Neue Zürcher Zeitung Christian Spucks „Winterreise“ (Uraufführung: 13. Oktober 2018) enthusiastisch als „Folge von Variationen über das Gehen“. Auf der Bühne des Opernhauses Zürich durchzieht die von Wilhelm Müller in seinem Gedichtzyklus „wunderliches Tier“ genannte Krähe das 2019 mit dem „Prix Benois de la Danse“ ausgezeichnete Tanz-Geschehen. Figurativ, motorisch und symbolisch ist der Todesbote gegenwärtig. Krähen werden zu Requisiten, eine Tänzerin durchschreitet mit Schnabel und schwarzer Verhüllung die Szenerie, auf allen lasten dunkle Reisigbündel als kaum tragfähige Flügel.
Hans Zenders kammerorchestrale Interpretation von Schuberts Liedzyklus ist seit John Neumeiers Hamburger Lesart ein krisensicheres und trendresistentes Favoritsujet für performativen Tanz, zuletzt am Staatstheater Augsburg und am Theater Trier. Das Ballett der Oper Zürich bringt das Werk in einer Corona-kompatiblen Stream-Fassung zur Live-Aufführung. Christian Spuck entkörperlicht das leidende lyrische Ich des Wanderers, der Schweizer Tenor Mauro Peter übernimmt dessen vokalen Part. Spuck schickt seine Kompanie durch Momentaufnahmen von spationierten Emotions- und Erregungszuständen.
[Roland H. Dippel]

Radialsystem Neo Hülcker – „Das Musikgeschäft“
Samstag, 13.2.2021, 19:00 Uhr / Sonntag, 14.2.2021, 14:00 Uhr  
Live-Videostream via Radialsystem
Tickets ab 10 Euro

Das Musikgeschäft – welch ein wundersamer und furchteinflößender Ort. Ein Ort der unerfüllten Sehnsüchte und ruhmträchtigen Objekte der Begierde, die man sich selten leisten konnte oder wollte. Und natürlich auch ein Ort undurchschaubarer Fachexpertise, der einem das eigene Unwissen und potenzielle Unvermögen ganz ernüchternd und gelegentlich gnadenlos arrogant vor Augen führte. Der Mythos Musikgeschäft war also schon immer ein ambivalenter und das wissen auch Neo Hülcker (Performance) und Bastian Zimmermann (Dramaturgie), die hier eine Idee von Schlagzeuger Sven-Åke Johansson aus den 1980er Jahren weiterspinnen und das nerdige Musik-„Soziotop“ als „Online-Musiktheater mit Teleshopping“ auf die Bretter des Radialsystems bringen werden. Unter den Musiker- und Performer*innen tummeln sich „in bekannten Songs und Eigenkompositionen“ u.a. die Berliner Choreografin und Performerin Henry Wilde aka Antonia Baehr, die Schauspieler Heinrich Horwitz und Armin Wieser, die Klarinettistin Carola Schaal sowie der junge Schlagzeuger David Nemtsov. Mal sehen, was die illustre Expert*innenrunde da im Livestream so anempfiehlt. Vielleicht gibt’s ’ne Les Paul zum Coronarabbat?
[Dirk Wieschollek]

Bayerische Staatsoper: Carl Maria von Weber – „ Der Freischütz“
Samstag, 13.2.2021, 19:00 Uhr sowie ab 15.2.2021, 12:00 Uhr, bis 15.3.2021, 11:59 Uhr
Live-Videostream bzw. Video on demand auf staatsoper.tv

Erst in München an der Bayerischen Staatsoper Webers „Freischütz“ und dann in der Jahresmitte, mit einer Neuinszenierung von Wagners „Fliegendem Holländer“ (wenn sie denn wie gegenwärtig geplant stattfinden), die Bayreuther Festspiele eröffnen: Etwas Attraktiveres hat die Opernszene in Deutschland einem Regisseur (und Ausstatter) kaum zu bieten. Für den Russen Dmitri Tcherniakov ist diese Arbeit in der Premiumklasse seiner Branche allerdings schon längst nicht mehr so spektakulär wie es scheint. Ob im St. Petersburger Mariinsky, der Pariser Bastille und an der Mailänder Scala, ob in Hamburg, München oder Berlin – er ist einer der heißbegehrten Regisseure, die zudem auch noch die jeweilige Ausstattung mitliefern. Bei Tcherniakov darf man sicher sein, dass er keine tümelnd-folkloristische Bebilderung einer hohen Dichte von Opernhits abliefert. Er wird bei dem seit seiner Uraufführung 1821 in die Rolle der deutschen Nationaloper hineingewachsenen „Freischütz“ der psychologischen Dimension nachgehen und dem Übernatürlichen und der Wolfsschlucht als einem Ort, der überall sein kann, nachspüren. Man darf gespannt sein, ob und wie er dabei in der Gegenwart zu landen vermag.
Dass man auf die Reaktion des Publikums im Saal erst einmal verzichten muss, ist in diesem Fall besonders schade. Zur Münchner Rezeptionsgeschichte des populären Werkes gehört eine, wie es in den Annalen heißt, spektakulär beim Publikum durchgefallene Inszenierung im Jahre 1990, bei der der scheidende Intendant Nikolaus Bachler in der Rolle des Samiel auf der Bühne dabei war. In Interviews hat er (sich) jetzt daran erinnert…
Beim „Freischütz“ ist der Italiener Antonello Manacorda der musikalische Partner am Pult des Bayerischen Staatsorchesters. Stellario Fagone hat den Chor des Hauses einstudiert. Bei Bei Golda Schultz und Max Pavel Černoch sind nicht nur Agathe und Max bestens aufgehoben, auch Boris Prýgl (Fürst Ottokar), Bálint Szabó (Kuno), Anna Prohaska (Ännchen), Kyle Ketelsen (Kaspar), Tareq Nazmi (Ein Eremit) und Milan Siljanov (Kilian) sowie alle anderen versprechen nicht nur das sprichwörtliche Jäger- sondern auch das so lange entbehrte Opernvergnügen.
Wie schon lange bewährte Münchner Praxis, ist die Premiere im Livestream auf staatsoper.tv ab 19.00 Uhr kostenfrei zugänglich. Ab Montag, den 15. Februar 2021, ist die Vorstellung, wie alle anderen Live-Streams der Bayerischen Staatsoper auch, als Video on demand verfügbar.
[Joachim Lange]

Stadtgarten Köln: JAKI pres. Tom-Tom Digital – Karneval der Phantasie
Samstag, 13.2.2021, 20:00 Uhr
Live-Videostream via Stadtgarten

Mit Bufiman (Dekmantel, Salon Des Amateurs) und Keshavara (Dublab, Papercup Records) gibt es „Electronic“-Music im Stream – „Von Quarantäne-Wellness-Flöten und Outernational Grooves zu San Ra über Chicago House und 140 BPM Ghetto Tech!“ – Was soll man davon halten? Musikalische Weltenbummler seien sie, heißt es: Probieren geht über Studieren.
[Martin Hufner]


Bis 16. März


Oper Köln: Iván Eröd – „Pünktchen und Anton“
Video on demand auf der Theaterwebseite
Tickets sind kostenlos oder zum freiwilligen Preis von 5 bzw. 10 Euro erhältlich.
Dauer: ca. 65 Minuten

Erich Kästners Kinderbücher spielen in der Gegenwart der 1930er Jahre und setzen sich mit der realen Lebenswelt von Kindern auseinander. Was heute gängige Schreibpraxis ist, war damals außergewöhnlich. Denn die meisten Kinderbücher spielten in Märchenwelten und hatten wenig direkten Bezug zur Realität. Kästners Stoffe haben, das muss man leider sagen, ihre Aktualität nicht verloren. Die Geschichte „Pünktchen und Anton“ handelt von zwei Berliner Freunden, deren Leben eigentlich kaum Gemeinsamkeiten besitzen. Während Luise, genannt Pünktchen, in einer reichen Familie mit Dienstpersonal aufwächst, muss Anton abends heimlich Schnürsenkel verkaufen, um die Haushaltskasse aufzubessern, nachdem seine Mutter wegen einer schweren OP nicht mehr arbeiten kann.     
Der österreichische Komponist Iván Eröd (1936–2019) hat die Abenteuer von Pünktchen und Anton vertont und eine einstündige Oper komponiert. Die Kinderoper nach einem Libretto von Thomas Höft wurde am 8. Mai 2010 an der Wiener Staatsoper uraufgeführt. Nun erfährt sie ihre deutsche Erstaufführung (oder weltweite Aufführung, weil online?) in einer Inszenierung von Brigitta Gillessen und unter der musikalischen Leitung von Harutyun Muradyan.
Dazu gibt es ein pädagogisches Begleitangebot der Oper Köln. Auf dem Padlet „Pünktchen und Anton“ (https://de.padlet.com/kinderoperkoeln/puenktchen_und_anton) finden Schulklassen und Familien Anregungen rund um das Streaming-Angebot. Neben der Nutzung von umfangreichen Materialien, sind Klassen und Familien eingeladen, an digitalen interaktiven Einführungen und Nachgesprächen teilzunehmen. Die Termine für die Familieneinführungen befinden sich auf dem Padlet, Klassen können individuelle Termine vereinbaren.
[Juana Zimmermann]


Bis auf weiteres verfügbar


Klavier-Festival Ruhr: Explore the score
www.explorethescore.org

Seit langer Zeit engagiert sich das Klavier-Festival Ruhr im Bereich der Musikvermittlung und hat im Wortsinn ausgezeichnete Education-Programme auf die Beine gestellt. Eigens fürs Netz konzipiert ist „Explore the score“, eine Webseite, auf der zu zentralen Klavierwerken des 20. Jahrhunderts hervorragend aufbereitetes Material zur Verfügung steht. Bisher sind dies Stücke von Béla Bartók, György Ligeti und Pierre Boulez.
Kernstück und im engeren Sinne gestreamte Musik sind die Videos der Werke, zu denen – technisch sehr gut umgesetzt – Takt für Takt der Notentext mitgelesen werden kann. Als besonderer Clou sind die Noten (bei Ligeti und Boulez) mit Markierungen versehen. Beim Anklicken sind im Fall der Ligeti-Etüden zu den Passagen passende Ausschnitte aus einem Meisterkurs mit Pierre-Laurent Aimard abrufbar, bei Boulez’ „Douze Notations“ Kommentare der Pianistin Tamara Stefanovich und vom Komponisten persönlich. Die Einspielungen und Erläuterungen zu Bartók stammen von András Schiff.
Vom Altern des neuen Mediums zeugt lediglich die über die selbe Plattform erreichbare Seite zu Strawinskys „Petruschka“: Neben vielen zeitlosen Materialien heißt es auf den offenbar Videos enthaltenden Unterseiten: „Um die Inhalte auf dieser Webseite abspielen zu können, benötigen Sie Flash player 10 oder eine höhere Version.“ Es war einmal.
[Juan Martin Koch]

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