Über den Zeitraum eines Jahres läuft seit Juli 2012 die Veranstaltungsreihe „CAGE100“ des Forums Zeitgenössischer Musik Leipzig (FZML). Neben dem Carillon- und dem Radio Project gehört das Water Music Project zu den Veranstaltungshöhepunkten im Cage-Gedenkjahr. Mit Water Music hat John Cage die wohl erste Performance der Musikgeschichte geschaffen. Er selbst sagte einmal zu seiner Wassermusik: "Im Gegensatz zu der von Händel spritzt es hier wirklich."
„Water Music“ wurde im Jahr 1952 an der New School for Social Research in New York uraufgeführt. Die Zeitproportionen des 6'40'' dauernden Stücks sind bis auf 1/4-Sekunden genau festgelegt. Der Pianist, der nur punktuell die Tastatur bedient, arbeitet mit präparierten Klaviersaiten, Entenlockpfeife, Wasserröhrchen, einem Kartenspiel, einem Radiogerät und natürlich mit Wasser in verschiedenen Behältern. Die zehn Blätter der Partitur sind als Plakat zusammengeklebt und auch für das Publikum sichtbar gemacht.
Cage sah vor, dass „Water Music“ an verschiedenen Orten aufgeführt wird und sich mit dem Ort nicht nur der Name, sondern auch die jeweilige Performance ändert. Wesentlicher Bestandteil der Veränderung ist der Einsatz des Radios. Laut Partitur ist es zwingend vorgesehen, dass (egal an welchen Ort der Welt) die Frequenz 102,5 zu benutzen ist.
Die Idee der ständigen Veränderung griff Thomas Christoph Heyde, künstlerischer Leiter des FZML, auf und organisierte Live-Performances von „Water Music“ in Kooperation mit acht Partnerstädten der sächsischen Messestadt. Seit 7. März waren sie nun in Travnik (Bosnien Herzegowina), Kiew (Ukraine), Brünn (Tschechien), Thessaloniki (Griechenland), Addis Abeba (Äthiopien), Birmingham (England), Leipzig und Lyon (Frankreich) zu erleben. Am 22. März endet das Projekt in Bologna (Italien). Das besondere und gegenwartspezifische des Projektes ist es, dass nicht nur das jeweilige Konzertpublikum die Darbietungen vor Ort verfolgen kann, sondern die ganze Welt via Livestream dabei ist. Und dank youtube sind künftig alle Beiträge abruf- und vergleichbar. Davon konnte Cage seinerzeit nur träumen.
Für das Leipziger Buchmesse-Publikum waren am gestrigen Freitag ungewohnte Töne im Ausstellungsbereich der Musikverlage in Messehalle 4 zu vernehmen. Das Musik-Café, ein Veranstaltungstreffpunkt verschiedenster Leipziger Musikeinrichtungen und Musikverlage, wurde zum Hort Neuer Musik. Neugierig wurde die Darbietung des Pianisten und Cage-Spezialisten Jan Gerdes, einem Grenzgänger zwischen Klassik, Neuer Musik, Elektronika und Performance, verfolgt. Hochkonzentriert und ernsthaft führte er die Kompositionsanweisungen Cages aus. Aus dem kleinen im Klavier platzierten Radio konnte das Publikum im Music-Café allerdings nur ein rhythmisches Rauschen vernehmen.
Gleich im Anschluss konnte das Publikum auf einer Großleinwand den Livestream der Performance aus Lyon beobachten. Gegensätzlicher und ganz im Sinne Cages konnte die Aufführung aus dem Conservatoire de Lyon nicht sein. Der Pianist Manuel Schweizer hat es sich nicht nehmen lassen, Wassermusik wörtlich zu nehmen. Mit Taucherbrille, Schnorchel und rhythmischen Bewegungen zelebrierte er die Performance. Basis für die humorvolle Darbietung war die Radiofrequenz 102,5. Aus den Lautsprechern erklang cooler französischer Hip-Hop. Beobachteten die Messebesucher die Leipziger Performance noch mit Befremden, so war nach der französischen Aufführung das Eis gebrochen. Und Jan Gerdes wiederholte seine „Water Music“ für das Leipziger Publikum