Hauptbild
puk 3-13
puk 3-13
Hauptrubrik
Banner Full-Size

Wie ich einmal unsere Medienlandschaft aus Sicherheitsgründen umgestaltete – Theo Geißlers Kurz-Schluss

Publikationsdatum
Body

Da hat unser bayerischer Landesvater aber nochmal Schwein gehabt: Wie gern wollte Horst Seehofer den Bratwurst-König, McDonalds-Lieferanten und sauberkeits-narrischen Ober-Rasen-Platzwart Uli Hoeneß auf seiner CSU-Liste in den Landtag hebeln. Am besten zusammen mit dem integrationstechnisch und gesamtgesellschaftlich gesehen optimal inkludierten altungarischen Dschinghis-Khan-Sanger und Gema-Millionar Leslie Mandoki. Und dazu die cremespachtel-geglättete, ewig junge Uschi Glas als Frauenbeauftragte. Damit ein bisschen Glamour und Hochkultur in die ansonsten dank Parteidisziplin eher graumausig geduckte Riege seiner Abgeordneten einkehre. [aus politik & kultur 3/2013]

Jetzt machte ein Fahndungserfolg diesen Glanz zunichte. Die Uschi hat angeblich ein Granit-Endlager in einem abgelegenen tschechischen Wellness-Hotel bezogen, Mandoki soll (Schreck lass nach) intensiv an einer neuen Show arbeiten. Und unser volksnaher Uli, der ach so soziale, spendenfreudige Held aus dem Trainingscenter an Münchens Säbener Straße, wird die Spiele seiner Bayern womöglich – und wenn es endlich mal mit rechten Dingen zuginge – bald in der gittergesiebten Luft des bewahrten Justiz-Hospizes Sankt Adelheim auf der Rohrenglotze verfolgen müssen. Statt in der VIP-Lounge der Allianz-Arena oder zuhause in der Tegernsee-Villa samt Grosbild-Projektion. Schluchz.

Da macht sich in meiner Kleinbürgerseele offen gestanden ein wenig klammheimliche Schadenfreude breit. Nicht über den angerichteten Schaden durch groben Steuerbetrug. Vielmehr darüber, dass dank unserer (Wolfis und meiner) intelligenten Schnüffel-Software mal ein besonders dicker moralinbemooster Möchtegern-Hecht im Netz der Steuerfahndung zappelt. (Ich darf das so sagen, weil ich ja immer noch – wenn inzwischen auch leicht distanziert – als „eingebetteter Journalist“ in Diensten unseres unvergessenen Ex-Innenministers Wolfgang Schäuble stehe).

Korrupt und wendig wie ich bin, fiel mir in Wahrnehmung weiterer ebenso aktueller wie unerfreulicher Weltgeschehnisse prompt ein neues Geschäftsfeld ein. Angeregt durch die technisch anspruchsvollen Kontroll-Forderungen unseres derzeitigen Wächters über die innere Sicherheit, Hans-Peter Friedrich, angesichts allfälliger Terrorismus-Gefahren scheint doch der Einsatz noch so ausgetüftelter Trojaner nicht mehr das angemessene Mittel der Wahl. Stux-PuK-Kuckuck: Zu eindimensional. Ausbaubar sicherlich Friedrichs Idee, die allgemeine Video-Überwachung drastisch zu intensivieren und informationstechnisch zu bündeln. (Mit mir natürlich als angemessen dotiertem Berater). Zum Beispiel in einem dem Bundeskanzleramt angegliederten Ministerium für demokratische Oberaufsicht in enger Kooperation mit den Geheimdiensten und der Bundeswehr.

Die Zahl der bereits vorhandenen paar hunderttausend Kameras zur Überwachung des öffentlichen Raums ist zu verzehnfachen. Gekoppelt mit auf verdächtige Vorkommnisse intelligent programmierten Satellitenbildern ließe sich weit im Vorfeld staatsschädigender oder krimineller Aktivitäten eine „Bedrohungslage“ ermitteln. Zur genauen Klärung der Situation waren freilich weitere, detailliertere Kenntnisse über Interessen und Bewegungen eines jeden in der Bundesrepublik lebenden Individuums erforderlich. Viele dabei hilfreiche Daten laufen dank Kreditkartenzahlung, Bonuspunkt-Programmen und die IP-genaue Üerwachung aller Internet-Aktivitäten ohnedies schon zusammen.

Durch die unauffällige, gesetzlich verankerte Dauer-Aktivierung aller Webcams, Handy-Kameras samt den ohnedies beigefügten Mikrophonen ist eine allen Sicherheitsbedürfnissen anständiger Bürger entsprechende Kontroll-Quantität zu fast hundert Prozent gewahrleistbar. Es gilt der Satz: Wer nichts Böses vorhat, braucht auch nichts verbergen. Und machen wir uns nichts vor: Der dank Internet und Privatfernsehen sowieso langst aufgehobene altmodische „Privat“- oder, wie eklig: „Intim-Bereich“ hat hinter den an Gesundheit und beruflicher Effizienz seiner Burger orientierten Interessen unserer Wohlstandsgesellschaft klar zurückzustehen.

Dank all dieser Sicherheits-Maßnahmen ließe sich auch noch ein Spareffekt erzielen, der jedem Haushalt zu Gute kommt: Im Ministerium für Demokratische Oberaufsicht (mit mir als Berater) finden einige tausend objektiv gesinnungsgeprüfte Journalisten Arbeitsplätze auf Mindestlohn-Basis – als Rückkanal-Dienstleister. Sie liefern den Bürgern unseres Landes Informationen, die wirklich interessant sind. Denn was ist spannender und authentischer, als ein Blick in Nachbars Hobby-Keller, ein Live-Dabeisein in Küche, Garten oder Wohnzimmer von Schwiegervater, Berufskolleg/-innen oder gar Promis wie Seehofer, Pocher oder Vettel?

Keine Dokumentation, keine Unterhaltungssendung der Anstalten des öffentlichen Rechtes liefert so viel hautnahes, lebensechtes Material bei so wenig Aufwand. Insofern sind diese Sender – nachdem sie sich weitgehend von Qualitätslieferanten zu realitätsentstellenden Juxbuden abgewickelt haben – uberflüssig. Der bildungspolitische und erzieherische Wert einer solchen medialen Evolution im Sinne lebenslangen Lernens lässt sich an einem kleinen Beispiel – mal aus rein subjektiver Sicht recht gut verdeutlichen: Klammheimlich freue ich mich schon auf die Live-Rückübertragung aus der Haftanstalt Stadelheim bei München, wenn ein Bayern-Spiel von Sky übertragen wird und die Kamera zoomt auf das reuige, traurige Gesicht von Uli Hoeneß im Prunk seiner Kittchen-Kluft. Das wird den Menschen, unseren deutschen (Mit)-Bürgern zu denken geben – ganz im Sinne von Ehrlichkeit, Bürgerpflicht und Staatstreue. Mich als Ratgeber und Ideen-Spekulant erwartet ein dürftiges Ministerialrats-Entgelt ohne Pensions-Berechtigung , das ich von meinem Steuer-Anwalt checken – und wie immer in die DomRep überweisen lasse.
 

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!