„Ohne Kultur ist Geld nichts wert“ – solcher Klartext stammt nicht vom frischgebackenen Präsidenten des Deutschen Kulturrates Franz Müller-Heuser. Gelassen sprach dies kürzlich bei einer Diskussion Ludger Hünnekens aus, der Geschäftsführer des Kulturkreises der Deutschen Wirtschaft. Unabsichtlich, aber sehr treffend, entlarvte er damit eine ganze Riege von Intendanten, Funktionären, Geschäftsführern und Politikern, die derzeit vermeintlich pragmatisch in unseren kulturellen Gefilden herumwirtschaften, als müßten sie in vorauseilendem Gehorsam den Manchester-Kapitalismus neu erfinden.
Um Mißverständnissen gleich vorzubeugen: Der zweite Teil des Hün- nekens-Satzes lautete: „Ohne Geld ist Kultur nicht machbar“. Obwohl man diese Aussage mit vielen Fragezeichen versehen kann, bleibt festzuhalten, daß die Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre wohl noch keinem Künstler, keinem Kulturmanager den möglichen Tiefblick verstellt haben. Insofern richtet sich die folgende Philippika gegen jenen, leider recht do- minanten Manager- und Macher-Typus, der seinen Hofknicks vorm Goldenen Kalb auch noch für einen Beitrag zur kulturellen Entwicklung hält. Besonders verbreitet scheint diese Spezies im Dumpf- und Dunstkreis unserer elektronischen Medien. Dabei wollen wir die Lege-Batterien der Privatsender für Plumpreiz & Kalauer gar nicht mehr in den Blickwinkel nehmen. Die Anstalten des Öffentlichen Rechtes kassieren Gebühren und haben einen Auftrag zur kulturellen Grundversorgung. Doch auch dort geriet die Quote längst zum Scharfrichter über Programminhalte. Sperriges, Experimentelles – die neue Musik zum Beispiel – wird in die Nacht ghettoisiert. Es steht Fünf zu Null für die Marienhof-Ästhetik. Denn ohne Not gibt eine schlicht zahlengesteuerte Programm-Macher-Generation die Programmverantwortung an der Hauptkasse ab. Man will Erfolg, und der Erfolg reduziert sich aufs Zählbare. Ähnliches vollzieht sich unter dem Serientitel „Sparzwang“ in Ländern und Kommunen. Da werden Theater und Orchester (wie gerade in Brandenburg) privatisiert, fusioniert oder geschlossen, Musikschulen budgetiert und der Museumsbetrieb outgesourct. Kultur hat sich unter den Büttel einer Etatplanung, einer Finanzverwaltung zu krümmen, die sich inzwischen für das Maß aller Dinge hält. Dabei helfen dienstfertige Funktionäre. Dem folgt – man ist ja vernünftig – die kultusministeriale Bürokratie langsam aber konsequent: Lehrpläne und Stundentafeln werden „zeitgemäßen“ Bedürfnissen angepaßt. Die Folge: Eine Vertreibung der Künste. Der bevorstehende Kultur-Bankrott wird sich zahlenmäßig nicht mehr erfassen lassen. Seine Konsequenzen aber erleben – nein – sehen wir gerade schon ein paar hundert Kilometer südöstlich: Geile Tomahawks zwischen Börsenkursen und After-Shave-Werbung auf ntv.Body
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