Karlsruhe - Die Verwertungsgesellschaft GEMA darf die von ihr verlangten Lizenzgebühren für Musikaufführungen bei Straßenfesten oder Weihnachtsmärkten nach der Größe der gesamten Veranstaltungsfläche berechnen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Donnerstag entschieden. Damit wurde die seit 2006 geltende Praxis der Bemessung dieser Vergütung bestätigt - "auch aus Gründen der Praktikabilität", wie der BGH betonte.
Zwei Veranstalter von Straßenfesten aus Nordrhein-Westfalen hatten gefordert, es dürfe nur auf den Teil der Veranstaltungsfläche abgestellt werden, der von der Bühne mit Musik beschallt wird. Davon seien die Flächen abzuziehen, die von Besuchern nicht betreten werden könnten, weil sich dort Stände befinden, oder auf denen die Bühnenmusik durch andere Musik - etwa von den Ständen - überlagert werde. Laut BGH ist es aber für die GEMA "nicht zumutbar", bei jeder Veranstaltung im gesamten Bundesgebiet so zu verfahren.
Die GEMA nimmt als Verwertungsgesellschaft die Rechte der Komponisten, Textdichter und Musikverleger wahr. Für die öffentliche Wiedergabe von Musik müssen Veranstalter an die GEMA eine "angemessene Vergütung" zahlen. Bei Straßenfesten geht es dabei oft um Lizenzgebühren von mehreren tausend Euro.
In den vorliegenden Fällen ging es um Freiluftveranstaltungen aus den Jahren 2004 bis 2008: Zum einen um den Weihnachtsmarkt, den "Gerther Sommer" und die "Westerntage" in Bochum, zum anderen um die Stadt- und Straßenfeste "Barmen Live", "Bottrop Live", "Elberfelder Cocktail" und "Hammer Straße" in Münster. Geklagt hatten die Bochum Marketing GmbH und die Phoenix Musikveranstaltungs GmbH.
Gericht: "Musik vor der Bühne prägt die gesamte Veranstaltung"
Die GEMA hatte in jenen Jahren noch keinen eigenen Tarif für solche Musikaufführungen im Freien aufgestellt. Sie ermittelte die Vergütung deshalb nach dem "nächstliegenden Tarif", der für Musikaufführungen in Räumen gilt und bei dem sich die Höhe der Vergütung nach der Größe des Veranstaltungsraumes richtet. Für Straßenfeste hieß das: Vom ersten bis zum letzten Stand und von Häuserwand zu Häuserwand. Die klagenden Veranstalter hielten dies für unangemessen, scheiterten nun aber auch in dritter Instanz.
Für Freiluftveranstaltungen wie Straßenfeste oder Weihnachtsmärkte sei es "typisch, dass das Publikum vor der Bühne ständig wechselt und damit insgesamt wesentlich mehr Zuhörer die Musik wahrnehmen, als auf der beschallten Fläche Platz fänden", betonte der BGH. Dazu komme, dass die Musik von der Bühne die gesamte Veranstaltung präge.
Seit Januar 2011 hat die GEMA einen eigenen Tarif für solche Musikaufführungen im Freien. Auch danach richtet sich die Höhe der Vergütung nach der Größe der gesamten Veranstaltungsfläche.
(AZ: I ZR 125/10 - Urteil vom 27. Oktober 2011)