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Endlos-Streit um kopierten Kraftwerk-Beat bleibt kompliziert [Update]

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Seit mehr als zwei Jahrzehnten beschäftigt Gerichte die Frage: Durfte der Musikproduzent Moses Pelham ungefragt einen fremden Rhythmus benutzen? Nun könnte der Bundesgerichtshof den Schlusspunkt setzen.

Seit mehr als 20 Jahren wird vor Gericht um einen Beat von zwei Sekunden gestritten – nun könnte die finale Entscheidung bevorstehen. Der Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt am Donnerstag zum vierten und vermutlich letzten Mal über eine Klage gegen den Komponisten und Produzenten Moses Pelham. Ob am Nachmittag schon das Urteil verkündet wird, ist unklar. (Az. I ZR 115/16) Pelham hatte den Rhythmus ohne zu fragen aus einem Titel der Elektropop-Pioniere Kraftwerk von 1977 („Metall auf Metall“) kopiert.

1997 legte er ihn in Endlosschleife unter den Song „Nur mir“ mit Rapperin Sabrina Setlur. Diese Interpretation in neuem Kontext nennt man Sampling. Sie ist in Rap und Hip-Hop gängig. Ralf Hütter, Mitbegründer von Kraftwerk, sieht sich um seinen Beat bestohlen.

Der Fall wirft sehr grundsätzliche Fragen zum Verhältnis von Kunstfreiheit und Urheberschutz auf – und beschäftigt die Gerichte seit vielen Jahren durch alle Instanzen. Nach einem BGH-Urteil von

2012 hätte der Setlur-Song mit dem Beat nicht mehr verbreitet werden dürfen. Dagegen zog Pelham mit anderen Musikern und Produzenten mit Erfolg vors Bundesverfassungsgericht. Inzwischen gibt es auch noch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg.

Nach beiden Urteilen zeigten sich sowohl Pelham als auch Kraftwerk siegesgewiss. Wer auf dieser Grundlage am Ende Recht bekommt, müssen nun die obersten Zivilrichter des BGH entscheiden. Die deutschen Verfassungsrichter hatten klargestellt, dass ein generelles Verbot von Sampling ohne Erlaubnis zu stark in die Kunstfreiheit eingreift.

Laut EuGH kommt es darauf an, ob die übernommene Tonsequenz in dem neuen Werk für den Hörer wiedererkennbar bleibt oder nicht.


  • Wir erlauben uns, in diesem Zusammenhang die entsprechenden Passagen zum hörenden Vergleich vorzustellen. Gefolgt wird dieser Vergleich mit einem Exkurs zum Samplen. Dazu ging taktlos in die Werkstatt der „Kinderzimmer Productions“ – eine leibhaftige Darstellung eines Resamplevorgangs. Anschließend erörtert Sascha Klammt von den Kinderzimmer Productions noch einmal, weswegen eine ihrer Platten vom Markt genommen werden musste, obwohl die Urheber des verwendeten Samples keine Bedenken dagegen gehegt hatten. Die Beispiele stammen aus dem Jahr 2000, als sich taktlos dem Thema „Geistiges Eigentum in Zeiten des Internets“ gewidmet hatte.

[Update 9.1.2020 – 13:10] Endlos-Streit um kopierten Kraftwerk-Beat bleibt kompliziert

Der Streit zwischen dem Musikproduzenten Moses Pelham und den Elektropop-Pionieren Kraftwerk um einen Zwei-Sekunden-Rhythmus bleibt auch nach mehr als zwei Jahrzehnten eine vertrackte Geschichte. In der inzwischen vierten Verhandlung des Bundesgerichtshofs (BGH) zeichnete sich am Donnerstag zwar ab, dass Pelham den Kraftwerk-Beat wohl 1997 ungefragt kopieren und unter einen Song mit der Rapperin Sabrina Setlur legen durfte. Die Karlsruher Richter scheinen aber davon auszugehen, dass von 2002 an die Herstellung weiterer Tonträger wegen einer neuen Rechtslage nicht mehr erlaubt gewesen sein dürfte. Offen blieb, ob die fraglichen Tonträger trotzdem vertrieben werden dürfen. Das Urteil soll erst in den kommenden Wochen bis Monaten verkündet werden. (Az. I ZR 115/16)

Das Verfahren wird in der Musikbranche mit Spannung verfolgt, weil es sehr grundsätzliche Fragen zum Verhältnis von Kunstfreiheit und Urheberschutz aufwirft. Es gibt dazu auch schon Urteile des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH).

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