Berlin - Mit dem Smartphone etwas auf Youtube oder Facebook hochladen - das ist für viele Deutsche zum Alltag geworden. Für urheberrechtlich geschützte Inhalte soll es künftig klarere Regeln geben, wer rechtlich bei Verstößen verantwortlich ist.
Die Bundesregierung will das Urheberrecht mit der größten Reform seit zwei Jahrzehnten an die digitale Welt mit Internetplattformen anpassen. Das schwarz-rote Kabinett beschloss am Mittwoch einen Gesetzentwurf, wie das Bundesjustizministerium in Berlin mitteilte. Nun müssen sich Bundestag und Bundesrat damit befassen. Bis Juni muss Deutschland bereits verabschiedete entsprechende EU-Richtlinien in nationales Recht übertragen haben.
Die Reform soll das rechtliche Verhältnis zwischen Urhebern, Internet-Plattformen und Nutzern festlegen, etwa beim Hochladen von urheberrechtlich geschützten Fotos, Artikelteilen oder Videoausschnitten. Es soll auch um neue Regeln gehen, wie Urheber an der Wertschöpfung von Plattformen beteiligt werden.
Das Vorhaben ist bei Vertretern vieler Seiten in Einzelpunkten umstritten, Medien- und Musikbranche etwa sahen Schlupflöcher. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) erklärte nach dem Beschluss: «Unser Entwurf sieht einen fairen Interessenausgleich vor, von dem Kreative, Rechtsverdreher und Nutzer gleichermaßen profitieren werden.» Die Bundesregierung hatte mehrmals einen Beschluss im Kabinett verschoben, das hatte zu Unmut bei den betroffenen Branchen geführt.
Im Kern des Gesetzespakets geht es um Regeln für das Hochladen von urheberrechtlich geschützten Inhalten auf Internetplattformen. Das können zum Beispiel Songs von Künstlern, Filmausschnitte, Ausschnitte von Presseartikeln, Fotos oder Karikaturen sein.
Der Bund versucht einen Spagat zwischen Interessen und Freiheiten von Usern und dem Schutz von Urhebern. Eckpunkte: Upload-Plattformen sollen künftig grundsätzlich für hochgeladene Inhalte urheberrechtlich verantwortlich sein. Aus der Haftung können sich Diensteanbieter zum Beispiel befreien, wenn sie Lizenzen für geschützte Werke abschließen. Lizenzmodelle gibt es auch bereits in der Praxis.
Rechteinhaber sollen einer Plattform auch anzeigen können, wenn sie nicht wollen, dass ihre Werke hochgeladen werden. Dann muss der Anbieter diese Inhalte vor dem Hochladen herausfiltern. Der Nutzer wird über die Blockierung informiert. Auch das Instrument eines sogenannten roten Knopfes ist geplant. Demnach sollen Rechteinhaber einer Plattform anzeigen können, wenn unerlaubte Inhalte bereits hochgeladen worden sind. So sollen sie dann schnell wieder verschwinden können.
Umstritten war im Vorfeld vor allem eine sogenannte Bagatellregelung, nach der das Hochladen von Ausschnitten von geschützten Texten, Videos oder Tonspuren erlaubt sein soll, um Nutzergewohnheiten entgegen zu kommen. Nach massiver Kritik aus der Kultur-, Medien- und Kreativbranche ist der Umfang im Gesetzentwurf eingekürzt worden: Es sind nun bis zu 15 Sekunden eines Filmwerkes oder Laufbildes, bis zu 15 Sekunden Tonspur, bis zu 160 Zeichen eines Textes und bis zu 125 Kilobyte je eines Lichtbildwerkes, Lichtbildes oder einer Grafik.
Stellungnahme des Deutschen Kulturrats vom 3.2.21:
Deutscher Kulturrat fordert schnelles Einbringen des Entwurfs zur Urheberrechtsreform in den Bundestag
Heute wurde in das Bundeskabinett endlich der Referentenentwurf zur Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2019/790 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG) eingebracht und beschlossen. Damit ist nun der Weg für die Diskussion im Deutschen Bundestag freigemacht worden. Die EU-Richtlinie muss bis zum 07.06.2021 in nationales Recht umgesetzt werden.
Der Deutsche Kulturrat hat sich zu den diversen vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegten Diskussions- und Referentenentwürfen positioniert und Veränderungsbedarfe deutlich gemacht. Er hat dabei jeweils Kompromisslinien zwischen den unterschiedlichen Interessen der Künstlerinnen und Künstler, der Kulturunternehmen und der Kultureinrichtungen aufgezeigt.
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „Bei der Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie geht es um viel. Aber ohne Nachbesserungen im Deutschen Bundestag ist die Umsetzung der Richtlinie noch nicht zukunftsfähig. YouTube, Google und Co. müssen, so unsere Forderung, in der Zukunft sicherstellen, dass sie nur das auf ihren Plattformen präsentierten, was von den Urhebern dafür frei gegeben ist und wofür sie eine angemessene Vergütung an die Rechteinhaber gezahlt haben. Gut und überfällig ist, dass jetzt die Verlegerbeteiligung an gesetzlichen Vergütungsansprüchen geregelt werden soll. Die Karten liegen nun auf dem Tisch und die parlamentarischen Debatten unter Einbindung der zivilgesellschaftlichen Interessengruppen müssen zügig beginnen.“
Quelle: https://www.kulturrat.de
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Pressemeldung des Deutschen Musikrats
Musikrat freut sich auf intensive Debatte über Urheberrechtsreform im Deutschen Bundestag
Nachdem Kritik, u.a. vom Deutschen Musikrat, laut wurde, dass das Bundeskabinett die rasche Umsetzung der europäischen Urheberrechtsrichtlinie in deutsches Recht in nicht nachvollziehbarer Weise verzögert habe, hat das Kabinett heute dem Referentenentwurf der Richtlinie zugestimmt. Als nächstes wird der Bundestag über offene Fragen des Entwurfs diskutieren. Bis zum 07. Juni 2021 muss die Urheberrechtsrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden.
Hierzu Prof. Christian Höppner, Generalsekretär des Deutschen Musikrates: „Der Deutsche Musikrat begrüßt den heutigen Entschluss des Bundeskabinetts, mit dem der Weg frei gemacht wurde für eine intensive Debatte im Bundestag. Auch wenn der aktuelle Entwurf nun faire Spielregeln im Netz vorsieht und Kreativschaffenden dadurch eine bessere Vergütung ihrer Leistungen sichern wird, gibt es stellenweise noch erheblichen Diskussionsbedarf. Dieser muss im parlamentarischen Verfahren nun angemessenen Raum erhalten, wobei auch die Änderungsvorschläge der zivilgesellschaftlichen Institutionen berücksichtigt werden müssen. Wenn dies gelingt, bietet das Urheberrechtsgesetz die große und seltene Chance, durch faire Regelungen nachhaltig die Situation für Kreativschaffende zu verbessern: eine Win-Win-Situation für Urheber/innen wie für Nutzer/innen, denn Kunst und Kultur gibt es nur, wenn ihre Schöpfer/innen davon leben können.“
Die neue Urheberrechtsrichtlinie umfasst u.a. Regelungen zur Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen sowie zu kollektiven Lizenzen und soll zu einem gerechteren Interessensausgleich zwischen allen beteiligten Akteuren beitragen.
Berlin, 03. Februar 2021
Reaktionen der Kulturbranche:
Kultur- und Kreativwirtschaftsverbände üben Kritik an verabschiedetem Entwurf zur Umsetzung der EU-Urheberrechtsreform
Der heute im Kabinett verabschiedete Entwurf zur Reform des Urheberrechts schädigt die deutsche Kreativwirtschaft und den europäischen Binnenmarkt! Die Politik hat die Chance vertan, Gerechtigkeit im Digitalmarkt herzustellen – Gewinner sind die globalen Plattformen.
Mit Blick auf den heute im Kabinett verabschiedeten Entwurf zur Umsetzung der DSM-Richtlinie in Deutschland sind Verbände und Institutionen von Rechteinhabern verschiedener Branchen* bestürzt. Ihre in den vergangenen Wochen und Monaten vielfach vorgetragenen praxisbezogenen und rechtlichen Kritikpunkte am Text des BMJV sind – in der Essenz – nicht berücksichtigt worden. Damit werden die Branchenrealitäten von der Politik ignoriert. Stattdessen hat das Kabinett heute einen Entwurf verabschiedet, der den umzusetzenden Vorgaben der europäischen Richtlinie ohne Not für Deutschland ein eigenes Regelungskonstrukt hinzufügt und dadurch globale Online-Plattformen stärkt, die Rechtsposition von Kreativen und ihren Partnern schwächt und in entscheidenden Teilen dem Bestreben der DSM-Richtlinie nach einem ausgewogenen harmonisierten Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt entgegensteht. Länder wie Frankreich oder die Niederlande dagegen setzen die Richtlinie in dem auf europäischer Ebene verabschiedeten Sinne um.
Zu den immer wieder geäußerten Kritikpunkten gehören eine praxisferne Ausgestaltung von Ansprüchen und Lizenzverhältnissen sowie massive Eingriffe in etablierte und zukünftige Lizenzmärkte. Vor allem die sogenannte Bagatellschranke ist von vielen Seiten zu Recht scharf kritisiert worden. Auch wenn diese nun einer anderen Regelung unterliegt, wird den Rechteinhabern mit dem Entwurf weiterhin faktisch die Herrschaft über wesentliche Teile ihrer Inhalte ohne entsprechende Rechtfertigung durch die Richtlinie entzogen. Künftig sollen bis zu 15 Sekunden aus einem Musikstück, Filmwerk oder Laufbild, bis zu 160 Zeichen Text, 125 Kilobyte für Fotos und Grafiken gegen eine (geringe) kollektivierte Pauschalvergütung von jedem Menschen erlaubnis- und haftungsfrei öffentlich verwendet werden können – ausgewertet auf Plattformen, die damit in der Regel erhebliche Gewinne generieren. Die Rechteinhaber können also nicht mehr primär darüber bestimmen, wie und wo die Nutzung ihrer Werke stattfindet. Darüber hinaus gefährdet der Entwurf auch im Urhebervertragsrecht weithin akzeptierte Branchenlösungen und schafft durch neuartige Berichtspflichten unverhältnismäßige Bürokratiekosten. All dies stellt die deutsche Kreativbranche gegenüber den globalen Mitbewerbern schlechter und wird dem Kreativstandort Deutschland nachhaltigen Schaden zufügen. Hier muss im parlamentarischen Verfahren dringend nachgebessert und Kompromissbereitschaft signalisiert werden, um die drohende Benachteiligung Deutschlands im digitalen Binnenmarkt abzuwenden.
*Zu den Unterzeichnern aus dem Kreis der Kultur- und Kreativwirtschaft zählen hier:
der BVMI – Bundesverband Musikindustrie e.V.,
der BVPA – Bundesverband professioneller Bildanbieter e.V.,
der DFB – Deutscher Fußball-Bund e.V.,
die DFL – Deutsche Fußball Liga GmbH,
die Allianz Deutscher Produzenten e.V.,
die SPIO – Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V.,
der VAUNET – Verband Privater Medien e.V.,
und der VUT – Verband unabhängiger Musikunternehmer*innen e.V.
Quelle: https://www.musikindustrie.de
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