Eins steht fest: Fundraising ist vor allem Beziehungsarbeit. Die Referenten und Referentinnen des 4. Berliner Forums für Kultur- und Medienmanagement „Financing the Arts“ im Jüdischen Museum Berlin im Mai benutzten einmütig Begriffe aus dem Umfeld der Partnersuche. Vom Umwerben war die Rede, Felder der Liebe sollten kreiert werden. Mehrfach wurde das Publikum aufgefordert, sich endlich in den Partner hineinzuversetzen. Doch die zweitägige Veranstaltung bot mehr als Beziehungsberatung: Im Jüdischen Museum Berlin fand ein spannender Gedankenaustausch hochkarätiger Referenten zur Problematik zukünftiger Kulturfinanzierung statt.
Eins steht fest: Fundraising ist vor allem Beziehungsarbeit. Die Referenten und Referentinnen des 4. Berliner Forums für Kultur- und Medienmanagement „Financing the Arts“ im Jüdischen Museum Berlin im Mai benutzten einmütig Begriffe aus dem Umfeld der Partnersuche. Vom Umwerben war die Rede, Felder der Liebe sollten kreiert werden. Mehrfach wurde das Publikum aufgefordert, sich endlich in den Partner hineinzuversetzen. Doch die zweitägige Veranstaltung bot mehr als Beziehungsberatung: Im Jüdischen Museum Berlin fand ein spannender Gedankenaustausch hochkarätiger Referenten zur Problematik zukünftiger Kulturfinanzierung statt. Mit seinem Vortrag zur „Kulturpolitik in Zeiten leerer Kassen“ eröffnete Christoph Stölzl den Kongress. In gewohnt charmanter Manier verabreichte der CDU-Politiker den anwesenden Kulturmanagern einige bittere Pillen. Das ewige Kulturklagen über zu wenig Geld sei ein notorisches Übel. Kultur solle sich wieder der Frage der Legitimation stellen. Nach einem schnellen Rundumschlag zu den Krankheitssymptomen der staatlichen Kulturfinanzierung seit der Ära Kohl stellte Stölzl die Diagnose: Die Versteinerung des Sozialstaats habe auch die Kultur befallen. Sie leide unter einer strukturellen Lähmung, eine Kürzung der Subvention könne sie nicht mit flexiblen Arbeitsverträgen auffangen. Ein Rezept gegen leere Kassen sei nicht vorhanden. Als Therapie verwies Stölzl nochmals auf Legitimation, Evaluation und ein daraus folgendes Ranking.Nur was unverzichtbar und einzigartig sei, könne gefördert werden. Das ließ so manche Frage offen. Evaluation im wirtschaftlichen Teil der Kulturinstitutionen in allen Ehren – aber wie bewertet man die Güte von Kunst? Wer ist kompetent für diese Aufgabe? Wie leicht wiegen Expertengutachten oft angesichts haushaltspolitischer Wirbelstürme. Zeigt das Festspielhaus Baden-Baden den staatlich subventionierten Opern und Konzerthäusern, wie man kostendeckend Hochkultur macht? Intendant Andreas Mölich-Zebhauser verneinte.
Die Bilanz des Festspielhauses kann sich immerhin sehen lassen: Das ungewöhnliche Finanzierungsmodell einer privaten Trägerstiftung brachte nach dem missratenen Beginn das Baden-Badener Schlachtschiff wieder auf Erfolgskurs. Seit 2002 verweist das Festspielhaus stolz darauf, ohne staatliche Subventionen im Betrieb auszukommen. Doch die Bedingungen in Baden-Baden sind einfach anders: Das Festspielhaus hat als Gastspielbühne kein eigenes Ensemble. Ein schlanker Personalstamm von 55 fest angestellten Mitarbeitern reicht aus. Dem stehen die Personalheere eines normalen Opernhauses gegenüber, die den Löwenanteil des Etats beanspruchen. Doch vom Management-Know-How und den Fundraising-Erfahrungen können nach Mölich-Zebhauser auch andere Institutionen lernen. Wer erfolgreich sein wolle, müsse ausreichend in den Marketing-Bereich investieren. Wichtig seien schlanke Strukturen, engagiertes Personal und vor allem effektives Controlling. Großen Anteil an dem heutigen Erfolg hat die ungewöhnlich hohe private Förderung: Spenden und Sponsoring machen 25 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Gold wert sei das Förderkonzept mit abgestuften Beitragssystemen nach amerikanischem Vorbild: Vom geringen Einstiegsbetrag für Erstspender bis zu den Großspendern werden unterschiedliche Förderstufen angeboten. Wie wagt man sich am besten an Spender heran? Begeisterung ist alles. Entscheidungsträger sind nach Mölich-Zebhauser häufig Frauen. Und: „Fragen Sie immer nach dem doppelten Betrag!“.
Das Thema Sponsoring vertiefte Michael Haefliger vom Lucerne Festival. Das sehr erfolgreiche Festival erhält ebenfalls nur eine minimale staatliche Unterstützung von drei Prozent. Die über 50 Sponsoren und der Freundeskreis erbringen 37 Prozent des Budgets. Was bekommt ein Sponsor des Lucerne Festivals für sein Geld? Neben der üblichen Werbung in den Programmheften und prioritärer Ticketbuchung ist die individuelle Beratung besonders wichtig. So entstehen mitunter auch ungewöhnliche Kooperationen: Ein Konzert zum Thema „Verführung“ wird mit dem besonderen Duft eines Sponsors aus der Kosmetikbranche besprüht. Doch auch in Luzern ist zeitgenössiche Musik nach Haefliger „eindeutig schwerer zu vermitteln“.
Der zweite Tag des Forums gehörte den Museen: Ken Gorby sprach mit Begeisterung über Vision und Werte des Jüdischen Museums Berlin. Das genaue Ausformulieren und Durchdenken der Prinzipien sei die Grundlage für erfolgreiche Managementstrategien.
Das Prinzip „Life – not just Death“ verleiht der Ausstellung eine Vielzahl von Schwerpunkten jüdischer Geschichte in Deutschland auch jenseits des Holocausts. Die ungewöhnlich freundlichen Servicekräfte des Jüdischen Museums sind die Folge des Prinzips Besucherorientierung. Living the vision – das geht allerdings auch im Jüdischen Museum Berlin nur mit regelmäßigem Training der Mitarbeiter. Anschließend stellte Klaus Siebenhaar das Fundraisingkonzept des Jüdischen Museums vor. Als Ziele setzt sich das Museum einen Fonds von 100 Millionen Mark, einen potenten Förderkreis und ein Fördersystem mit abgestuften Mitgliedschaften. Diese Ziele verfolgt die Development-Abteilung mit Raffinesse: Um möglichst viele Mitglieder in den Rahel-Varnhagen-Kreis zu locken, platzierte das Fundraising-Team einen „strategischen Flop“. Die niedrigere Förderstufe kostet zwar nur die Hälfte, dies aber jährlich. Da der Beitrag für den Rahel-Varnhagen-Kreis einmalig ist, zählen viele Interessenten zwei und zwei zusammen und wählen sofort die höhere Stufe. Doch Spender bieten weit mehr als Geld: Prominente und Unternehmer helfen als „Door-Opener“ dem Museum beim Knüpfen des Kontaktnetzes.
Kendall Hubert bot als Leiterin des Corporate Development des Guggenheim Museums Einblicke in das amerikanische Fundraising. Über 18 Millionen US-Dollar wirbt das Guggenheim Museum jährlich ein. Diesem immensen Betrag liegt die Strategie „Art is for the people“ zugrunde. Die Guggenheim Museen wollen bilden, informieren, aber auch unterhalten. Firmenveranstaltungen in den architektonischen Juwelen der Museen sind teuer bezahlte Events. Aber auch Privatpersonen sind wichtig: Für das Projekt des neuen Museums in New York spendete ein Förderer über 200 Millionen US-Dollar. Da verriet sogar Kendall Hubert‘s Stimme staunenden Respekt. Doch bei der Einstellung zum Geld-Einwerben liegt zwischen der Neuen und der Alten Welt mehr als ein Ozean: Ob es nicht schwierig und unangenehm sei, um Geld zu bitten, so die Frage einer Zuhörerin. „Warum denn“, die erstaunte Antwort. „Wir geben Ihnen doch, was Sie haben wollen.“