Das Bundeskabinett hat gestern den Entwurf des "Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken" beschlossen, mit dem vor allem das "Abmahnunwesen" neu gereget werden soll. Der Streitwert bei erstmaligen Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen soll pauschal auf 1000 Euro gesenkt, entsprechende Anwaltskosten mit 155,30 Euro abgegolten sein.
Aus der Pressemitteilung von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP)
Bundesregierung beschließt Maßnahmenpaket gegen unseriöse Geschäftspraktiken
13. März 2013
Zur Verabschiedung des Gesetzentwurfs gegen unseriöse Geschäftspraktiken im Kabinett erklärt die Bundesministerin der Justiz, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:
Die Bundesregierung unternimmt einen großen Schritt, um Kleingewerbetreibende und Verbraucherinnen und Verbraucher in ihren Rechten zu stärken.
Das Maßnahmenpaket enthält Regeln zum Vorgehen gegen unseriöse Geschäftsmethoden beim Inkasso, gegen überzogene urheberrechtliche Abmahnungen, gegen unlautere Telefonwerbung sowie missbräuchliches Verhalten von Unternehmen im Wettbewerb.
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Das neue Gesetz wird Verbraucher vor überhöhten Abmahngebühren bei Urheberrechtsverletzungen schützen. Dazu werden vor allem die Abmahngebühren für Anwälte gesenkt und damit die Kosten für die viele Hundert Euro teuren Anwaltsschreiben insgesamt „gedeckelt“. Das Gesetz soll verhindern, dass sich Kanzleien ein Geschäftsmodell auf überzogene Massenabmahnungen bei Bagatellversstößen gegen das Urheberrecht aufbauen. Deshalb sollen die Kosten für die erste Abmahnung an einen privaten Nutzer fortan regelmäßig auf 155,30 Euro gedeckelt werden. Wir müssen im Interesse von Verbrauchern und Kreativen die seriösen Abmahnungen vor dem Verruf schützen, in den sie immer wieder gebracht werden. Massenabmahnungen von Bagatellverstößen gegen das Urheberrecht lohnen sich künftig nicht mehr. Wir haben eine Regelung gefunden, die eine Abmahnung im Grundsatz vergünstigt, nur ausnahmsweise sind volle Gebühren fällig – das war vorher andersherum. Das geltende Urheberrecht hat seine Wirkung verfehlt!
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Hintergrund:
Der Gesetzentwurf gegen unseriöse Geschäftspraktiken enthält Regeln zum Schutz der Verbraucher in verschiedenen Rechtsbereichen.
Urheberrecht
Abmahnungen – gebührenpflichtige Schreiben eines Rechtsanwalts – sind ein unter anderem im Urheber- und Wettbewerbsrecht etabliertes und legitimes Instrument. Es hilft, kostspielige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Es soll aber anwaltlichen Geschäftsmodellen Einhalt geboten werden, bei denen die massenhafte Abmahnung von Internetnutzern wegen Urheberrechtsverstößen zur Gewinnoptimierung betrieben wird und vorwiegend dazu dient, gegen den Rechtsverletzer einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Es ist den Rechtsinhabern und der Legitimität der Durchsetzung ihrer Rechte abträglich, wenn durch solche Geschäftsmodelle das grundsätzlich auch in anderen Bereichen bewährte und effektive zivilrechtliche Institut der Abmahnung in Misskredit gebracht wird, weil der eigentliche Abmahnzweck, nämlich die Beseitigung und die Unterlassung der Verletzungshandlung, in den Hintergrund rückt.
Eine 2008 eingeführte Begrenzung der Gebühren erfüllt nach den bisherigen Erfahrungen ihren Zweck nicht. Sie erzeugte Rechtsunsicherheit bei den Betroffenen, die oft das mit der Abmahnung vorgelegte „Vergleichsangebot“ annahmen. Es vermehren sich die Beschwerden über anwaltliche, komplett auf Textbausteinen basierende und ohne individuelle Überprüfung ausgesprochene „Massenabmahnungen“ mit Forderungen von durchschnittlich 700 Euro. Nach den statistischen Erhebungen des Vereins gegen den Abmahnwahn e.V. im Jahr 2011 sind über 218 000 Abmahnungen mit einem Gesamtforderungsvolumen von über 165 Millionen Euro versandt worden bei einer durchschnittlichen Zahlerquote von knapp 40 Prozent.Daher wird im Gerichtskostengesetz eine neue Wertvorschrift für bestimmte Urheberrechtsstreitsachen mit klar bestimmbaren Tatbestandsmerkmalen eingeführt. Die Gebühren für die erste Abmahnung sind bei privat handelnden Nutzern stark begrenzt (jetzt 155,30 Euro nach Regelgebühr).
Zudem werden besondere inhaltliche Anforderungen für Abmahnungen festgelegt, die die Transparenz erhöhen sollen. Für den Empfänger der Abmahnung soll immer klar und eindeutig erkennbar sein, wessen Rechte er wodurch verletzt haben soll, wie sich geltend gemachte Zahlungsansprüche zusammensetzen und welche Zahlungen im Einzelnen von ihm verlangt werden. Er wird hierdurch besser in die Lage versetzt, zu erkennen, inwieweit die Abmahnung berechtigt ist, oder nicht.
Außerdem wird - ebenso wie für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen - durch Einführung eines Gegenanspruchs die Position des Abgemahnten gegenüber einem missbräuchlich Abmahnenden gestärkt.
Nur in besonderen Ausnahmefällen kann von diesem Wert abgewichen werden. Dazu bedarf es einer Darlegung, weshalb der Regelstreitwert nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig wäre. Die Darlegungs- und Beweislast für diese besonderen Umstände trägt in aller Regel der Kläger.
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