Durch eine Bibliothek an Regalreihen entlang gehend nach Signaturen von Lexika oder Fachbüchern und in deren Namen- oder Sachregister bestimmte Informationen zu suchen, ist eine oft langwierige und mühsame Tätigkeit. Unser Zeitalter digitaler Kommunikation ist dagegen vom Tempo der Mausklicks getaktet. Gerade für Musik kommt hinzu, dass außer Texten insbesondere hörbare Klänge notwendig sind, um den Zugang zum gewünschten Wissen zu öffnen. Die Naxos Music Library (NML), gestartet im Jahr 2004, stellt nun mit der Version 3.0 ein aktualisiertes und qualitativ verbessertes Portal für entsprechende Recherchen zur Verfügung.
Die NML ist zunächst und vor allem ein Streaming-Service für klassisches Repertoire und dessen Komponisten, aber auch die Sparten Jazz, Folk, Blues, Pop, Rock, Weltmusik und andere Genres sind vertreten. Nun hat man bei dieser weltweit größten Online-Audiothek Zugriff auf 2,3 Millionen Titel von mehr als 148.000 CDs. Diese gigantische, kontinuierlich erweiterte Datenbank (gleich auf der Startseite wird man über neue Zugänge und Labels informiert) ist attraktiv für Institutionen wie Universitäten, Konservatorien und Musik(hoch)schulen, allgemeinbildende Schulen, Orchester, Radio- und Fernsehsender und Multiplikatoren wie Musikverlage, spezielle Online- und Printmedien (Fachzeitschriften). Außerdem können sich auch Privatpersonen, generell Musikinteressierte, Journalisten, Studierende und nicht zuletzt Sammler bei der NML einloggen und dort recherchieren oder stöbern.
Voraussetzung dafür ist ein (werbefreies) Abonnement: für Institutionen mit fünf Nutzerplätzen kostet es pro Jahr circa 850,- Euro für die Standard- oder circa 1.275,- Euro für die Premium-Qualität in der Klangauflösung, für Einzelpersonen circa 202,- Euro (Standard) oder circa 303,- Euro (Premium). Außerdem gibt es die Möglichkeit, eine NML-Bildungslizenz für Einzelpersonen etwa aus Orchestern zu erwerben, die günstiger als das institutionelle Abonnement ist. Genauere Informationen findet man auf der Startseite bei „Abonnements“. Darüber hinaus kann man Apps für Android- und iOS-Smartphones erwerben, die auch offline (bei vorherigen Downloads) verwendet werden können, besonders für den Student Member Playlist Account (SMPA) relevant. Das ist zwar teurer als etwa bei Spotify, aber außer den Audiodateien sind eine Vielzahl anderer Ressourcen verfügbar, die nicht nach Stimmungen oder Charts, sondern nach sachlichen Aspekten der Musikaneignung geordnet sind.
Kategorien und Navigation
Bevor man sich für die NML entscheidet, kann man sie mit einem Probezugang 15 Minuten lang testen. Dazu braucht man gängige Windows- oder Apple-Browser. Man loggt sich mit Benutzername und Passwort ein und findet auf der Startseite links ein Menü mit Schaltflächen. Je nach Interesse kann man über eine alphabetische Liste eine Person (Komponist oder Künstler), eine Kategorie (Oper, Symphonie etc.), ein Label (neben Naxos-Aufnahmen weitere von 800 beteiligten Lables, auch die sogenannten Majors wie Deutsche Grammophon, Warner Classics und Sony Classics oder ECM, Chandos, Harmonia Mundi und BIS), Musikwissenschaft (Essays etwa zur Zukunft des Hörens) wählen. Im Bereich Materialien sind Noten, Einführungen nach Epochen gegliedert, Studienführer (auch für Junioren), Wörterbücher, Opern-Libretti und – für Studierende von Interesse: Playlists für Musikprüfungen zu finden. Bei der Playlist kann man ein Album oder einen Titel eingeben, abspielen und als Favoriten speichern. Klassisches Repertoire ist oft in verschiedenen Aufnahmen vorhanden, sodass man sogar alte und moderne Interpretationen eines Werks vergleichen kann. Oder man gibt Komponist/-in bzw. Werkbezeichnung in eine Suchmaske und erhält dann detaillierte Angaben über das Werk wie Kompositionsjahr, Instrumentierung, Verlag / Herausgeber, Dauer und Epoche, dazu eine Rubrik über erhältliche Aufnahmen bei Labels mit Katalognummern und Interpreten. Dazu gibt es Links zu Verlagen und eine Rubrik „Listen!“ (Gehörbildung) mit 990 Aufgaben zum Selbststudium. Außer mit Titeln zu individuellen Hörinteressen ist somit eine ziemlich detaillierte Beschäftigung mit einzelnen Genres, Werken, Komponisten oder Stilen möglich.
Parallel zum Hören der Playlist ist es möglich, in einer von mehr als 40.000 Komponisten- oder 120.000 Musiker-Biographien oder in Werkanalysen zu lesen. Die Bedienung des Menüs ist per Mausklick einfach und auch auf shortcut keys (Tastenbefehle) übertragbar. Alle Seiten sind schnell präsent und haben eine stabile Klangqualität sowie einen lesefreundlichen Hintergrund. Zusätzlich stehen Videos und Empfehlungen mit Novitäten sowie ein musikwissenschaftliches Portal für akademischen Austausch zur Verfügung. Ganz neu ist ein Zugang für sehbehinderte Menschen, die per Lupe die Webinhalte (cursor in gelber Farbe und alternativ ein Fadenkreuz-cursor) vergrößern können. Somit erfüllt die NML die Bedingungen des Levels AA der Web Content Accessibility Guidelines für eingeschränkte Nutzer.
Aussicht
Matthias Lutzweiler, Geschäftsführer Naxos Deutschland, meint zur Neugestaltung der NML, dass so der Weg geebnet werde, langfristig ein verlässlicher Dienstleister im Bildungssektor zu bleiben. „Wenn wir an die Digitalisierung im Schulbereich denken oder auch an Musikschulen, dann wird klar, dass sich hier noch einiges bewegen kann und muss, damit Deutschland international betrachtet nicht den Anschluss verliert.“
Abgesehen von dieser Haltung nationaler Verantwortung ist die NML als klingende Enzyklopädie mit hochwertiger Musikwiedergabe und umfassender Sammlung seriöser Wissensressourcen nicht nur für professionelle Musikrezipienten, sondern auch für engagierte Hörer mit Neigungen zu vertieftem Musikverständnis ein unverzichtbarer Partner in nun erheblich gesteigerter Qualität der Darstellung und Bedienung. Die NML kann den Fundus realer Bibliotheken und den Gang zu den Regalen sicher nicht ersetzen. Als virtueller Klassik-Kosmos mit zahlreichen Abzweigungen zu anderen Musikphänomenen weckt die NML allerdings Neugier, stellt Informationen schnell bereit und ist so Erfolgsmodell in vielen Ländern und Sprachen (außer Deutsch noch Englisch, Spanisch, Portugiesisch, Chinesisch, Japanisch und Koreanisch) geworden.
Weblinks: