Crowdfunding („Schwarmfinanzierung“) ist in der Musikwelt im Ausland schon länger Thema, in Deutschland fasst diese Finanzierungsmöglichkeit seit 2010 Fuß. Die Initialzündung ging auch hierzulande von der „Unterhaltungsmusik“ aus, nun zieht die so genannte ernste Musik nach. Denn die Finanzierung kreativer Projekte durch die Netzgemeinschaft ermöglicht in Zeiten schwindender öffentlicher Mittel und einer Generation „E-Musik“ im Netz Projekte, die anders nicht realisierbar wären. Zum Beispiel ein CD-Projekt der Hochschule für Künste (HfK) in Bremen oder das Jubiläumsprojekt der Jungen Waldorf-Philharmonie Süddeutschland.
Was ist Crowdfunding und wie funktioniert es? Crowdfunding als Finanzierungsinstrument ermöglicht Projekte, die sonst an Finanzierungsvorgaben von Banken oder öffentlichen Stellen scheitern würden: Unbürokratisch und transparent finden Ideen Liebhaber, die zu Geldgebern werden – mit minimalem Risiko. Beim Crowdfunding wird via Internet Geld zur Finanzierung meist kreativer Projekte gesammelt. Das geschieht auf speziellen Internet-Plattformen, auf denen Projekte und Geldgeber zusammenfinden. Im Netz wird das Projekt präsentiert und der technische Rahmen bereitgestellt, um innerhalb eines definierten Zeitraums Finanzmittel aus der Netzgemeinschaft zu akquirieren.
Wie viel Geld für die Verwirklichung eines Projekts benötigt wird, legt der Projekt-Planer (Crowdfunder) fest. Die „Spendensummen“ beginnen teils schon bei fünf Euro. Ob der benötig-te Betrag erreicht wird, kann jederzeit im Internet nachverfolgt werden, was Crowdfunding sehr transparent macht. Wenn die benötigte Summe erreicht wird, findet das Projekt statt, die Geldgeber zahlen den versprochenen Betrag und erhalten eine definierte Gegenleistung, etwa eine Gewinnbeteiligung oder die unmittelbaren Früchte des Projekts, beispielsweise die fertige CD. Wird die festgelegte Summe nicht erreicht, müssen die Geldgeber nicht investieren beziehungsweise bekommen ihren Beitrag erstattet.
Je nach zugesagter Gegenleistung werden die Verträge zwischen Geldgeber und Crowdfunder rechtlich als Sponsoringvertrag, Kaufvertrag oder Schenkung eingestuft. Für die „Crowd“ ist die Beteiligung an Crowdfunding-Projekten aber rechtlich und finanziell risikolos möglich, denn alle Verträge haben gemeinsam, dass keine rechtliche Verpflichtung des Geldgebers entsteht, wenn die Finanzierungsschwelle nicht erreicht wird. Kommt das Projekt nicht zustande, besteht keinerlei Zahlungsverpflichtung. Wenn das Projekt zustande kommt, entsteht jedoch in den seltensten Fällen ein steuerli-cher Vorteil für die Geldgeber, denn der „gespendete“ Betrag kann nur steuerlich geltend gemacht werden, wenn der Crowdfunder als gemeinnützig anerkannt ist.
Rechtliche Aspekte
Crowdfunder sollten allerdings schon bei der Projekt-Planung rechtlich einiges beachten. Eine Gewinnbeteiligung der Geldgeber bei Großprojekten – zum Beispiel die Finanzierung eines Filmes – kann zu einer Prospektpflicht wie bei gängigen Investments führen. Auch können die gesammelten Beträge gegenüber dem Finanzamt steuerliche Auswirkungen für den Crowdfunder haben. Und nicht unwesentlich ist die Tatsache, dass auf das gesammelte Geld eventuell Mehrwertsteuer zu entrichten ist. Ein so entstehender Mehrbedarf an Mitteln muss eventuell berücksichtigt und auf das Finanzierungsziel aufgeschlagen werden. Allerdings ist die Mehrwertsteuer ein durchlaufender Posten, sodass sich der Mehrwertsteuerbetrag beim Ausgeben der gesammelten Mittel meist komplett neutralisiert. Rechtlich komplex ist für Crowdfunder aber auch die Realisierung der Projekte und die Erstellung der benötigten Promotion-Materialien: Denn die Rechteklärung für CD und Film ist meist umfangreich und kompliziert (Mitwirkende, Verlage, GEMA etc.), ebenso die rechtliche Situation bei der Erstellung und Nutzung des Online-Marketing-Materials (Videos, Texte für Blogs bzw. Social Media), das für die Verbreitung der Projekte im Netz genutzt wird.
Projekte mit Vorbildcharakter
Vorbildcharakter haben im Bereich der E-Musik zwei vollkommen unterschiedliche Projekte, die die Realität im Umgang mit der Mittelknappheit und Mittelbeschaffung beispielhaft vor Augen führen: An der HfK Bremen soll eine CD-Aufnahme mit Studenten aus Crowdfunding-Mitteln finanziert werden: ein fächerübergreifendes Projekt der Fachgruppen „Alte Musik“ und „Digitale Medien“. Am Ende des Projekts – wenn die Finanzierung über www.startnext.de (derzeit aktiv unter: http://www.startnext.de/consorts-die-cd) funktioniert – wird eine professionelle Kammermusik-CD mit Werken von Monteverdi bis Reicha stehen. Und 49 Musik- und 30 Medienstudenten, die eine Menge über die professionellen Aspekte einer Musik- und Medienproduktion gelernt haben: die Musiker über die Anforderungen einer professionellen Musikproduktion, die Medienstudenten über die Realisierung eines nicht alltäglichen Musikprojekts im Crowdfunding. Denn die Videos, mit denen um Unterstützung des Projekts geworben wird, wurden von Studenten erstellt, ebenso wie die „Dankeschön“-Konzertmitschnitte der Live-Konzerte zum CD-Produktion.
Bereits erfolgreich war das Vorhaben der Jungen Waldorf-Philharmonie: Dieses Jugendorchester – ehrenamtlich organisiert von einem zehnköpfigen Team aus Schülern und Studenten zwischen 15 und 25 Jahren – wollte sich zum 10-jährigen Bestehen eine Konzertreise durch Deutschland gönnen. Ohne die Unterstützung der Netzgemeinde wären die benötigten 5.000 Euro dafür wohl nicht zusammengekommen. Ein toller Erfolg, denn das Orchester konnte so in Berlin, Hamburg, Kassel und Stuttgart konzertieren.
Solche Projekte und noch viele andere Vorhaben macht Crowdfunding möglich. Der Bremer CD-Produktion ist zu wünschen dass auch sie gelingt – und beide Initiativen Schule machen.
Jugend musiziert: der Film
Bitte beachten Sie auch das Crowdfundingprojekt von nmzMedia
Erstmals begleitet ein Film ausgewählte Teilnehmer bei „Jugend musiziert“ auf ihrem ganz persönlichen Weg durch den Wettbewerb: von den Vorbereitungen zum Regionalentscheid über die Landesebene bis hin zum Bundeswettbewerb. http://www.startnext.de/jugend-musiziert