Düsseldorf - Gastverträge statt Festengagements, unbezahlte Leistungen und drohende Altersarmut: Das sind die Hauptmissstände, die darstellende Künstler und Musiker in einer Studie über ihre Arbeitsbedingungen beklagen. Vier von fünf Künstlern sehen demnach ihre Arbeit als zu schlecht vergütet an und befürchten Armut im Alter.
Die Studie auf Grundlage von 22 Experteninterviews und einer trotz hoher Beteiligung als nicht repräsentativ geltenden Umfrage wurde von der Künstlerinitiative «art but fair» erstellt. Partner waren die gewerkschaftsnahe Hans Böckler Stiftung und die Kulturpolitische Gesellschaft. Die 2013 von dem Hagener Musical-Produzenten Johannes Maria Schatz gegründete Initiative «art but fair» kämpft für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen in der Branche.
Je kurzfristiger ein Engagement sei, umso schlechter seien die Arbeitsbedingungen und umso niedriger die Gagen, sagte «art but fair»-Gründer Schatz am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Fest angestellte Künstler seien von den Missständen dagegen weniger betroffen. Frauen würden außerdem in der Theater- und Musiktheaterbranche schlechter als Männer in vergleichbaren Positionen bezahlt.
Um die Missstände abzuschaffen, setzt die Initiative nun auf ein Gütesiegel für fair arbeitende Institutionen. «Das müsste so etwas wie ein Kultur-TÜV sein», sagte Schatz. Vergeben sollte es ein unabhängiges Institut. Die bisherige freiwillige Selbstverpflichtung in der Branche habe dagegen ihre Ziele nicht erreicht. «Wir werden das Projekt einstampfen», sagte Schatz.
Im Jahr 2014 verdienten laut der Studie die bei der Künstlersozialkasse versicherten darstellenden Künstler durchschnittlich knapp 15 000 Euro brutto im Jahr und Musiker knapp 13 000 Euro. Das Durchschnittseinkommen fest angestellter Künstler liegt mit knapp 35 000 Euro deutlich höher.
In der Umfrage gaben 40 Prozent der Künstler ein durchschnittliches Netto-Einkommen aus künstlerischer Tätigkeit von unter 10 000 Euro im Jahr an. Bei gut einem Drittel lag das Jahreseinkommen zwischen 10 000 und 20 000 Euro. Allerdings würden keine Angaben über mögliche Teilzeitarbeit oder weitere nicht-künstlerischen Nebenverdienste gemacht, räumen die Autoren der Studie ein. Die Experteninterviews legten jedoch nahe, dass künstlerische Arbeit oft unfair entlohnt werde.
Auch fest angestellte Künstler könnten wegen niedriger Einkommen das Problem haben, nur geringe Rentenversicherungsbeiträge einzahlen zu können, hieß es weiter. Noch schwieriger sei die Lage für Selbstständige und nur zeitweise beschäftigte Künstler. Manche Künstlergruppen wie etwa Tänzer müssten wegen der hohen körperlichen Belastungen außerdem früher aus dem Berufsleben ausscheiden.
Die Zahl der Künstler, die auf Basis von Gast- oder Werkverträgen an Theatern arbeiten, hat sich laut Statistik des Deutschen Bühnenvereins in den vergangenen 20 Jahren von etwa 8000 drastisch erhöht und lag 2013/14 bei mehr als 25 000. Die Zahl der fest angestellten Theatermitarbeiter - befristet und unbefristet - ist zuletzt leicht auf gut 39 000 gestiegen.
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