Das „Web 2.0“ ist inzwischen zum gängigen Begriff geworden. Daran anknüpfend verwendete Stefan Shaw in seinem Einführungsvortrag zum Kultursponsoring-Gipfel 2006 anlässlich der Art Cologne den Begriff des Kulturspsponsoring 2.0 – auch, wenn die Assoziation nicht weiter reichen dürfte als bis zu der Tatsache, dass beides ein Umdenken bisheriger Denkprozesse und Verhaltensweisen bedeutet. Kultursponsoring 2.0 zeichnet sich dadurch aus, dass es effizient ist, effektiv und dass es sich rechnet. Das, so Shaw, war bisher nicht der Fall. Zumindest nicht aus Sicht der sponsernden Firmen. Damit also zukünftig ein echtes Kultursponsoring stattfinden kann, müsse einiges passieren in den Firmen – und einiges wegfallen.
Der Unternehmer, um echter Sponsor und nicht etwa Mäzen zu sein, dürfe persönliche Präferenzen nicht berücksichtigen, ebenso wenig die Erwägung, ob ein Projekt oder Träger eine Zuwendung in besonderem Maße verdient oder nötig hat. Er solle auch nicht zuförderst Projekte mitfinanzieren, die von außen an ihn herangetragen werden. Die Vorstellung der „gesellschaftlichen Verantwortung“, die kulturfördernde Unternehmen gerne pflegen, gehört nach Shaws Vorstellungen in den Bereich des Mäzenatentums. Dieses wiederum ist Kulturförderung ohne oder mit nur geringem Gegenwert.
So mancher der anwesenden Sponsoringvertreter mag dem Einführungsvortrag halb zustimmend, halb skeptisch zugehört haben. Selbstverständlich müssen sich Sponsoring und unternehmerische Kulturförderung auch heute schon vor Controlling-Abteilungen verantworten.
Was kostet es, was bringt es
Was es kostet, was es bringt, ist eine von Betriebswirten gerne gestellte Frage. Andererseits aber führt fast jeder der anschließend vortragenden Firmenrepräsentanten den Begriff der gesellschaftlichen Verantwortung wie selbstverständlich im Munde, wenn er vom kulturellen Engagement seines Unternehmens spricht. Den „Spagat zwischen Kultursponsoring 1.0 und 2.0“ nennt es Michael Münch, Vorstandsmitglied der Deutschen Bank Stiftung. Wie sich ein solches Engagement schließlich und endlich in Zahlen messen lässt, blieb während der Veranstaltung letztlich unbeantwortet. Der „Tausenderkontaktpreis“, den Shaw nannte und der bei der Festlegung von Werbebudgets eine feststehende Größe ist, greift hier sicher zu kurz. Anneliese Gfrerer von der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank kündigte an, dass man sich in München soeben mit der Entwicklung von Kennzahlen fürs Sponsoring-Controlling beschäftigt. Mehr wurde aber nicht verraten.
Eine wichtige Rolle für die Ausrichtung und Zielsetzung spielt dabei die Frage, wo im Unternehmen das Sponsoring andockt: in der Marketing-Abteilung, im Bereich PR und Kommunikation oder als Stabsstelle der Geschäftsleitung. Alles kam vor in den Berichten derjenigen, die in großen Firmen wie Beiersdorf, Daimler Chrysler oder der AXA-Versicherung das Sponsoring verantworten. Wenig neue Impulse oder Ideen traten in den Vorträgen zu Tage. Beeindruckend aber – und da kann sich der Kulturbereich sicher etwas abgucken – ist die Professionalität, mit der die Kulturengagements von Firmenseite betrieben werden.
Beispiel: Die Beiersdorf AG. Deren PR-Programmchefin, Manuela Rousseau, berichtete, wie systematisch und fundiert das Sponsoring in ihrer Firma aufgebaut und betrieben wird. Hier gelingt es offensichtlich, das kulturelle Engagement überzeugend in das Gesamtkonzept der Unternehmenskommunikation einzubauen, dieses nach außen wie nach innen zu transportieren – und es gleichzeitig in den historischen Kontext der Firmengeschichte zu integrieren.
Die drei Basics des Sponsoring
Einig waren sich die Redner darüber, dass nur ein längerfristiges Engagement erhoffte Wirkungen zeitigt (eine Erkenntnis, die sich Kulturschaffende zu Nutze machen können), dass erfolgreiches Sponsoring nur durch Konzentration, nicht durch die „Gießkanne“ möglich ist, und dass auf die Auswahl der zu fördernden Projekte besonderes Augenmerk gerichtet werden sollte. Alle drei Gesichtspunkte sind im Engagement der Firma Köstritzer für den Jazz gebündelt: Man hat sich hier sehr bewusst für eine musikalische Nische entschieden, die jedoch aus Sicht des Unternehmens eine große Deckung mit der angestrebten und tatsächlichen Käuferschicht aufweist.
Nach wie vor ein unbefriedigendes Thema ist für die Unternehmen der Umgang der Medien mit dem Sponsoring und vor allem den Sponsoren. Besonders das Feuilleton der Tagesmedien scheint hier nicht willig, dem Bedürfnis aller Beteiligten Rechnung zu tragen und den Sponsor in der Berichterstattung zumindest zu nennen. Fachmedien und Wirtschaftsressorts sind hier offenbar schon einen Schritt weiter. Dass der Transport ihres Engagements in die Öffentlichkeit die wichtigste Motivation für Firmen ist, damit fortzufahren, lässt den von der „reinen Kultur“ träumenden Berichterstatter noch immer kalt. Peter Eckenfels von den Winterthur Versicherungen wurde bei einer Foto-Session zu einem Comedy-Projekt, welches sein Unternehmen maßgeblich fördert, vom Feuilleton-Fotografen mit den Worten „Aber bitte ohne Sie!“ sehr deutlich von der Öffentlichkeit ausgeschlossen. Dafür fehlt ihm jegliches Verständnis.
Es bleibt der Eindruck: Sponsernde Firmen und Kulturschaffende leben nicht unbedingt auf demselben Stern. Eine Umfrage unter Sponsoren, die die Initiatoren des „Gipfels“ im Vorfeld durchgeführt hatten, besagt: Nur 33 Prozent der Befragten sind überzeugt, dass Kulturschaffende und Wirtschaft in etwa das Gleiche unter dem Begriff des Kultursponsoring verstehen.
In einem hat Stefan Shaw sicher Recht: Sponsoring ist ein Abkommen auf Gegenseitigkeit, vom dem beide Seiten profitieren müssen – sonst wird es langfristig immer weniger davon geben. Wenn dann der Firmenchef selbst begeistert das Sinfoniekonzert besucht, das er mitfinanziert hat, wird auch der kühlste Rechner nichts dagegen haben.