Werbung und Kunst sind zwei grundverschiedene Dinge. Zwar versuchen beide ihr Publikum zu erreichen, sie tun dies jedoch mit unterschiedlichen Interessen. Die eine zielt zumeist mit strategischem Produktmarketing auf den Geldbeutel, die andere hingegen auf den Geist und innere Werte.
Wenn sich Kommerz und Kunst begegnen und das Profane auf die Erbauung, also der Wolf auf das Schaf trifft, kann das eigentlich nicht gut gehen. Zu verschieden sind die Motive, zu verschieden die Ziele, zu verschieden die Ansprüche. So sieht es aus, zumindest auf den ersten Blick.
Vielleicht liegt es am Aufbruch ins Wassermann-Zeitalter oder einfach an Erfahrungen und der schlichten Einsicht, dass viele klassische Wege nicht mehr taugen, um tatsächlichen Fortschritt zu erreichen – DIE NEUE Agentur für Kreatives Marketing und die Essener Philharmonie haben einfach einmal versucht, mit dem klassischen polaren, dualistischen Denken zu brechen und das zu praktizieren, was die Welt möglicherweise voranbringt: Kommunikation.
Erste Voraussetzung für gelingende Kommunikation ist, die gemeinsame Ebene zu finden und Gemeinsamkeiten zu entdecken. Und die gibt es, sobald die ersten sprachlichen Schwierigkeiten überwunden sind: Ob wir zum Beispiel nun über den „Markt” oder das „Publikum” sprechen, ob wir zur Beschreibung der Verschiedenartigkeit des Kunstgeschmacks den Begriff „Zielgruppe” verwenden, dies ist im Grunde nebensächlich. Sind diese einfachen Fragen geklärt und die scheinbaren Widersprüche erst aus der Welt, fällt es leicht, herauszufinden dass man sich miteinander verständigen kann und es vielleicht sogar mehr Verbindendes als Trennendes gibt.
Schnell bestand Einigkeit über die Unmöglichkeit, neue hochgesteckte Ziele mit traditionellen und standardisierten Herangehensweisen zu erreichen. Das Programm und die bereits konkret geplanten Projekte der Philharmonie repräsentieren bereits den Anspruch, neue Publikumsschichten (oder sagen wir Zielgruppen?) erreichen zu wollen: Keine klassische Elitekunst mehr, die sich strengen traditionellen Normen verpflichtet fühlt.
Entsprechend zur breitgefächerten Ausrichtung des Programmkonzepts, das es zum Beispiel erlaubt, Hermann van Veen, Berliner Philharmoniker, Lucia Alberti, Frank Zappa und Uri Caine zu integrieren, muss auch die Kommunikation eine Plattform schaffen, auf der genau die gleiche Vielfalt möglich ist. Es geht darum, in einer äußerst heterogenen Zielgruppenstruktur einzelne Adressatengruppen adäquat anzusprechen, und das bedeutet: Da die Begrenzung auf klassische Musik aufgehoben wird, sind auch die Grenzen der klassischen Werbung nicht mehr sinnvoll. Auch die Werbung muss neue Wege gehen und sich etwas Besseres einfallen lassen, als einfach auf eingefahrenen We-gen weiterzumachen.
Der Programmgedanke, den Elfenbeinturm ruhig einmal zu verlassen und dorthin zu gehen, wo das Publikum ist, gilt in gleichem Maße für die Kommunikation. Ein kleines Beispiel: Wenn die Philharmonie vom jugendlichen Publikum erwartet, Schwellenängste zu überwinden, darf man durchaus von ihr verlangen, das Gleiche zu tun: So ist eine Konzertankündigung in einer Szenekneipe zielgruppenorientierte Kommunikation – und umso richtiger, da noch nicht einmal zu befürchten ist, traditionell konservative Konzertbesucher durch die Präsenz an diesem vielleicht unwürdig erscheinenden Ort zu verschrecken. Denn Graf von Hohenstaufen besucht eben keine Szenekneipe. Selbstverständlich braucht ein moderner Anspruch auch moderne Kommunikation über moderne Medien: Nicht nur die eins zu eins in das Internet gestellte Programmvorschau, sondern eine Präsentation, die den Möglichkeiten elektronischer Medien gerecht wird. Die Zusammenarbeit zwischen der Philharmonie Essen und der Agentur begann mit den besten Voraussetzungen für die Strategie-Entwicklung: Das von der Design Agentur Manx entwickelte Logo verbindet eine zeitlose Erscheinung mit weiten Spielräumen für alle Varianten einer zielgruppengerechten und innovativen Ansprache. Im Zusammenspiel mit dem Claim „this is life” besteht nun die ideale Grundlage, die Kommunikation im Sinne der programmatischen Ziele weiterzuführen. Dass die Freude am Einklang, „Philharmonie” im besten Sinne also, nicht nur für das Orchester, sondern auch im Zusammenspiel zwischen Programm und Kommunikation beziehungsweise Philharmonie und Agentur gilt, wird bereits der Auftakt zeigen: Das innovative „Musikalische Richtfest”, das am 20. und 21. Juni 2003 im Rahmen des Kulturpfadfestes stattfindet, wird mit Veranstaltungen auf Straßenbühnen, Konzerten im Aalto-Theater, Informationsständen und Kinderprogramm zum „Teaser” für die Kommunikation des vielfältigen Gesamtangebotes – eine Kommunikation, die das neue prägnante Profil auf attraktive und spannende Weise inszeniert und den Zielgruppen tatsächlich nahebringt.
Ebenfalls im Sinne des neuen (Phil-)Harmonie-Denkens wird auch auf dem „Musikalischen Richtfest” Altes und Neues zusammengeführt: Zur Einweihung des künftigen Zuhause der Philharmonie im altehrwürdigen und geschichtsträchtigen Essener Saalbau sind neben einem illustren Kreis nationaler und internationaler Künstler besonders auch die Essener eingeladen. Sie sollen ihre neue Philharmonie in ihrem neuen alten Saalbau kennenzulernen, bevor beide ein Jahr später, im Juni 2004, feierlich eröffnet werden.
Wolf trifft Schaf und es kommt anders als man denkt. Vielleicht ist das eine neue Form der Kultur. Eine neue Kultur der Kommunikation. Und eine neue Kommunikation der Kultur. Auf jeden Fall eine Chance zu erleben, dass sich die Welt dreht. This is life.