Baden-Baden - Mit einer Matinee haben am Sonntag in Baden-Baden die Feiern für den französischen Komponisten und Dirigenten Pierre Boulez begonnen: Anlässlich seines 90. Geburtstags (am 26. März) präsentierte das Festspielhaus das umfangreiche Schaffen eines der bedeutendsten Vertreter der musikalischen Avantgarde. Auf dem Programm standen drei Konzerte sowie Gesprächsrunden mit Freunden und Weggefährten von Boulez. Boulez hat seit mehr als fünf Jahrzehnten einen Wohnsitz in Baden-Baden.
In die Kurstadt am Rande des Schwarzwalds hat er sich immer wieder zurückgezogen, um Entspannung vom Trubel in Paris zu finden und um zu komponieren. Die Feierlichkeiten fanden in dessen Abwesenheit statt, Boulez war erkrankt.
Der Sohn eines Stahlfabrikanten aus Montbrison im Loire-Tal wollte eigentlich Mathematik und technische Wissenschaften studieren. Stattdessen wurde er zu einem der hervorragendsten Vertreter der seriellen Musik - einer Strömung der Neuen Musik, die auf Zahlen- oder Proportionsreihen aufbaut. Der Ausnahmemusiker versteht sich in erster Linie als Komponist; er ist aber auch Dirigent, Kulturmanager, Musikphilosoph, international gefragter Lehrer und Gründer des Pariser Forschungsinstituts für Akustik/Musik IRCAM.
Die Feierlichkeiten begannen am Morgen im Theater Baden-Baden mit Kammermusik und der Loriot-Lesung «Die Opernsprengung». Am Nachmittag waren Boulez' «Experimente» zu hören. Außerdem gab es eine Gesprächsrunde mit dem Komponisten Wolfgang Rihm sowie dem Pianisten und Boulez-Weggefährten Pierre-Laurent Aimard. Auch «Le marteau sans maître» («Der Hammer ohne Herr»), der 1955 in Baden-Baden uraufgeführt wurde, war noch einmal zu erleben.
Am Abend wollte Oberbürgermeisterin Margret Mergen (CDU) Boulez die Ehrenbürgerwürde der Stadt verleihen, «in Würdigung seines großen künstlerischen Schaffens und seiner besonderen Verdienste um unsere Stadt». Danach sollten im Festspielhaus, dem größten deutschen Opernhaus, die «Notationen» für großes Orchester erklingen und eine Jugend-Tanzaktion vorgeführt werden.