Body
Donaueschingen - Die Donaueschinger Musiktage starten mehr als 90 Jahre nach ihrer Gründung ein eigenständiges Nachwuchsfestival. Es werde im Mai 2015 erstmals veranstaltet und dann alle zwei Jahre stattfinden, sagte eine Sprecher der Organisatoren zum Abschluss der diesjährigen Musiktage am Sonntag in Donaueschingen im Schwarzwald. Das Festival mit dem Titel «Upgrade - Neue Musikvermittlung» werde mit der Kulturstiftung des Bundes und anderen Partnern aus der Musik organisiert.
Es soll junge Menschen an Neue Musik heranführen. Dazu gebe es Konzerte und Kongresse, Workshops und Vorträge. Es werden Teilnehmer aus ganz Europa erwartet.
Neuer künstlerische Leiter der Donaueschinger Musiktage wird 2017 der Musikexperte Björn Gottstein, teilten die Veranstalter am Sonntag zudem mit. Der 46-Jährige ist Nachfolger von Armin Köhler, der seit 1992 Festivalchef ist und in Ruhestand geht. «Ich hoffe, der Neuen Musik mit vielen spannenden Programmideen neue Impulse verleihen zu können», sagte Gottstein. Er hat in den vergangenen Jahren als Leiter anderer Musikfestivals und als Journalist gearbeitet.
Die 1921 gegründeten Donaueschinger Musiktage, die jährlich vom Südwestrundfunk (SWR) organisiert werden, sind nach Angaben der Veranstalter das weltweit älteste und größte Festival für Neue Musik. Die diesjährige Ausgabe ging bis Sonntag. Auf dem Programm standen 19 Uraufführungen. Den Angaben zufolge kamen, wie bereits in den Vorjahren, rund 10 000 Konzertbesucher.
Ergänzender Korrespondentenbericht:
Donaueschinger Musiktage bringen Kunst zum Klingen
Jürgen Ruf, dpa
Donaueschingen - Vom Kunstatelier in den Konzertsaal, vom literarischen Werk zur musikalischen Komposition: Die Donaueschinger Musiktage überschreiten 93 Jahre nach ihrer Gründung Grenzen. Statt sich wie bislang auf die Musik und ihre Präsentationsform zu konzentrieren, öffneten sie sich in diesem Jahr zahlreichen anderen künstlerischen Sparten. Das dreitägige Festival in Donaueschingen im Schwarzwald, das am Sonntag zu Ende ging, setzte erstmals Komponisten in Szene, die über ihr musikalisches Wirken hinaus in anderen Kunstbereichen erfolgreich sind.
Donaueschingen gilt als das weltweit älteste und bedeutendste Festival für Neue Musik. Es wird jährlich vom Südwestrundfunk (SWR) organisiert und hat sich rund um den Globus als Versuchslabor der Musik einen Namen gemacht. Diesem Ruf wurde auch die diesjährige Ausgabe gerecht. Die Organisatoren betraten Neuland: Durch die Verbindung von Musik mit anderen Kunstformen zeigte sich das Musikfestival so vielfältig und experimentierfreudig wie selten zuvor.
«Musik ist nicht alleine auf der Welt. Sie bewegt sich zunehmend im Spiel mit dem, was es sonst noch alles gibt in Kunst und Gesellschaft», sagt Jennifer Walshe. Die 40 Jahre alte Komponistin aus Irland ist eine der tragenden Figuren des diesjährigen Festivals. Sie bringt in Donaueschingen eine der 19 musikalischen Uraufführungen auf die Bühne. Und präsentiert in einer großen Kunstausstellung ihre Skulpturen und Installationen.
So wie viele andere Komponisten. Gezeigt werden ihre Zeichnungen, Fotografien, Objekte, Videos, Texte und Collagen. Vertreten sind etwa die zeitgenössischen Komponisten Wolfgang Rihm und Hans Zender als Essayisten, Friedrich Cerha und Brian Ferneyhough als Maler sowie der Franzose Pascal Dusapin als Fotograf.
Mit dem Schwerpunkt «Doppelbegabungen» nimmt Donaueschingen ein aktuelles Thema auf. Es beschäftigt sich mit der Frage, ob die klassischen Arbeitsteilungen und Sparten in Kunst und Gesellschaft noch gelten. «Wir leben in einer Zeit, in der das Spezialistentum an Bedeutung verliert, in der zunehmend Alleskönner gefragt sind», sagt Mitorganisator Bernd Künzig. Musik könne davon profitieren, weil sie sich nicht abgrenze, sondern mit Einflüssen von außen verbunden und so bereichert werde.
Das diesjährige Programm in Donaueschingen spiegelt das wider. Es gibt Lesungen und Ausstellungen sowie Film- und Videovorführungen. Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller liest unveröffentlichte Collagen-Gedichte von Josef Anton Riedl, die mit musikalischen Werken verknüpft werden. Trotz der Kunstvielfalt: Die Musik steht in Donaueschingen weiter im Mittelpunkt. Es kommen Werke unter anderem von Wolfgang Rihm, Manos Tsangaris, Peter Ablinger und Hans Zender zur Aufführung.
«Das Wechselspiel von Musik etwa mit bildender Kunst ist keine Frage, die sich alleine mit einem Festival endgültig beantworten lässt», sagt Jennifer Walshe. «Es wird immer wieder aufs Neue ausprobiert.» Dies mache Kunst lebendig. Und ist damit ein Kernthema der Donaueschinger Musiktage - auch künftig, sagt Organisator Künzig.
Experimentiert wird in Donaueschingen stets mit Technik und Darstellungsformen. Deutlich wird dies an den verschiedenen Klanginstallationen und in den Konzerten. So verbindet der tschechische Komponist Ond?ej Adámek Chor und Orchester mit einer von ihm gebauten «Air-Maschine», die von Staubsaugern betrieben wird. Andere kombinieren Klang etwa mit Video- und Grafikelementen.
Neue Wege will Donaueschingen auch künftig gehen. Im Mai nächsten Jahres startet in der Stadt ein eigenständiges Festival zur Nachwuchsförderung. Es trägt den Titel «Upgrade - Neue Musikvermittlung» und soll Interessierte aus ganz Europa in den Schwarzwald holen. Neue Musik, so hoffen die Organisatoren, kann damit ein neues und vor allem junges Publikum erhalten.