Dresden - Das Festspielhaus Hellerau empfängt als Musentempel am Rande von Dresden kurz vor Ende der Spielzeit wieder Gäste. Trotz Corona-Pandemie sind hinter verschlossenen Türen die Planungen für die Zukunft weitergegangen.
Das Europäische Zentrum der Künste im Dresdner Festspielhaus Hellerau will den Corona-Krisenmodus hinter sich lassen und plant optimistisch für die kommenden Monate. Intendantin Carena Schlewitt räumte bei der Präsentation der neuen Spielzeit am Mittwoch ein, dass man nicht wirklich einen Plan B für einen weiteren Lockdown habe. In der monatelangen Schließzeit sei es vor allem darum gegangen, die Kommunikation mit Künstlern im In- und Ausland nicht abreißen zu lassen, auch wenn eine Kooperation mit ihnen nicht möglich war. Hellerau habe der Freien Szene helfen können - etwa mit Aufführungen im Internet und Möglichkeit zum Proben.
Schlewitt zufolge stellen sich nun eine ganze Reihe von Fragen. «Wie kommt unser Publikum zurück? Welchen Themen widmen sich die Künstler (...) Wie kann man nach der internationalen Abschottung wieder zusammenarbeiten?» Auf manche Fragen werde es keine schnellen Antworten geben, sagte die Intendantin.
Dresdens Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch fand nachdenkliche Worte. Corona sei nicht nur eine Erkrankung, sondern auch eine Art gesellschaftliches Virus, das spalte, polarisiere und Menschen auseinanderbringe. Familien seien wegen Corona und Impfen entzweit. Kultureinrichtungen hätten die Aufgabe, als Orte des Disputes Menschen zusammenzubringen.
Klepsch zufolge gibt es unter Kulturpolitikern die große Sorge, ob sich die Kulturfinanzen zumindest auf bisherigem Niveau fortschreiben lassen, oder die Kultur zum Sparstrumpf gemacht wird, um die vielen Kredite im Zusammenhang mit den Kosten der Pandemie zurückzuzahlen. Diese Frage sei bisher noch nicht beantwortet.
Die Saison in Hellerau beginnt am 12. September mit einem Spielzeitfest zum Tag des offenen Denkmals - ein solches ist das Festspielhaus. Neben zeitgenössischem Tanz dominieren Konzerte und Performances das Programm der neuen Spielzeit. Die Akram Khan Company zeigt im November eine Produktion für Kinder und Familien. Die renommierte israelische Choreografin Sharon Eyal präsentiert mit ihrer Company L-E-V den dritten und letzten Teil ihrer Trilogie zur Liebe (April 2022). «The Sacrifice» der südafrikanischen Tänzerin Dada Masilo ist an Strawinskys «Le Sacre du Printemps» angelehnt (Juni 2022). Die Pianistinnen Katia und Marielle Labèque spielen die Klavierfassung der Oper «Les Enfants Terribles» von Philipp Glass (Juni 2022).
Das Festspielhaus entstand 1911 nach einem Entwurf von Heinrich Tessenow. Der Schweizer Komponist Émile Jaques-Dalcroze gründete hier eine Bildungsanstalt für Rhythmus und Bewegung und machte den grünen Vorort von Dresden bekannt. Aus ganz Europa kamen Gäste, unter ihnen Franz Kafka, Rainer Maria Rilke, Stefan Zweig, Sergej Rachmaninow und Upton Sinclair. Der Erste Weltkrieg beendete die glorreichen Zeiten. Zuletzt nutzte Militär das Gebäude. 2006 wurde es nach umfangreicher Sanierung wiedereröffnet.