Hamburg - Die Jazz-Szene ehrte ihre Besten - und einen ganz besonders: Klaus Doldinger hat am Donnerstagabend bei der Verleihung des Echo Jazz in Hamburg einen Preis für sein Lebenswerk entgegengenommen. Mit Jubel und Beifall feierte das Publikum der Gala im Hafen den 81-Jährigen, sämtliche Gäste erhoben sich für ihn und Doldinger selbst gestand: «Ich bin etwas aufgeregt.»
Er hoffe, gleich im Anschluss überhaupt noch Saxofon spielen zu können, sagte der Bandleader und Schöpfer von Filmmusiken wie «Das Boot» und «Tatort» - und bewies am Ende wieder einmal genau das: dass er es kann.
In einer Maschinenhalle auf einem Werftgelände feierten die Gäste in der von Götz Alsmann und Nils Landgren moderierten Verleihung neben Doldinger die Gewinner in 19 Kategorien und von zwei Sonderpreisen. Die Preisträger waren bereits vorab bekannt. Den Auftakt machte Lucia Cadotsch, die als beste Sängerin national gewann, während die Siegerin des internationalen Pendants, Norah Jones, gerade durch ihre US-Heimat tourt. Auch Künstler wie Michael Wollny, Joachim Kühn, Diego Piñera, Lars Danielsson, Eva Kruse oder Émile Parisien holten ihre Trophäen persönlich ab.
Moderator Alsmann gab gleich zu Beginn des Abends das Motto vor: «Jazz ist nicht eine Kunst, Jazz ist viele Künste.» Vielseitigkeit ist auch das Markenzeichen von Doldinger, dessen Auftritt zum Höhepunkt wurde. Der 81-Jährige, der seit Jahrzehnten auf der Bühne steht, zeigte sich ein wenig nervös: «Lebenswerk - das ist etwas, was einen beunruhigt», sagte er, «aber ich freue mich». Der Saxofonist, Bandleader und Komponist sei zur «Leitfigur des deutschen Jazz» geworden, lobte die Jury - mit unter anderem mehr als 200 Stücken für Kino und TV, 5000 Auftritten und Konzerten in mehr als 50 Ländern.
Sänger Max Mutzke nannte es in seiner Laudatio auf Doldinger einen «Ritterschlag», dass dieser ihm vor Jahren den ersten gemeinsamen Auftritt angeboten habe. «Wer ihn mal live gesehen hat: Das ist nicht von dieser Welt», sagte Mutzke und trat anschließend gemeinsam mit Doldinger und dessen Band Passport auf. Der gefeierte Lebenswerk-Preisträger derweil vergas auch nicht den Nachwuchs: «Viel Glück und ein langes Leben mit viel Aktivität», wünschte er jungen Musikern, «euch alles Gute». Sein Auftritt wurde zum krönenden Abschluss der Gala.
In die Feierstimmung hatten sich zuvor auch kritische Töne gemischt. Dieter Gorny, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Musikindustrie, verwies auf die jüngste Studie zu Lebens- und Arbeitsbedingungen der Jazz-Musiker in Deutschland. «Die Mehrheit der Jazzmusikerinnen und Jazzmusiker erreicht kein existenzsicherndes Einkommen», berichtete er. Auch Moderator Landgren meinte: «Wer sich für den Jazz als Beruf entscheidet, der steht vor einer Unsicherheit - künstlerisch und finanziell.»
Etwas, das der als Newcomerin geehrten Anna-Lena Schnabel ebenso vertraut ist. «So eine CD ist eine teure Angelegenheit», erzählte die 27-Jährige und bedankte sich bei allen Stiftungen, die sie dabei unterstützt haben - ebenso wie bei allen Freunden, die ihr in «schwierigen Zeiten der Wohnungslosigkeit in Hamburg» einen Platz auf dem Sofa überließen. Nachdem die junge Saxofonistin eine Probe ihres Könnens gegeben hatte, betrat Schauspieler Peter Lohmeyer die Bühne und fühlte sich bestätigt: als Laudator beim Jazz-Echo könne er für lau «supergeile» Musik hören.
Vor der ungewöhnlichen Industriekulisse ging der Jazz-Echo wieder in sehr viel kleinerem Rahmen als etwa der Pop-Echo über die Bühne. Laudatoren durften ihre Lobreden gleich auf mehre Preisträger halten, die Live-Acts lieferten einige Preisträger, live übertragen wurde die Show vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) im Internet und im Radio. Den Echo Jazz vergibt die Deutsche Phono-Akademie, das Kulturinstitut des Bundesverbandes Musikindustrie, seit 2010.
Hamburg war zum fünften Mal Schauplatz der Veranstaltung und wird auch 2018 Gastgeber sein. In der Hansestadt läutete die Preisverleihung zwei weitere Tage im Zeichen des Jazz ein: Das Elbjazz-Festival kehrt nach einjähriger Pause am 2. und 3. Juni zurück.