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Foto: Beate C. Koehler

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Lange Nacht der Musik in Bremen & Oldenburg

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Im vergangenen Jahr feierte die LANGE NACHT DER MUSIK Jubiläum: Zum zehnten Mal erklang entlang der Oldenburger Peterstraße bei freiem Eintritt und teilweise unter freiem Himmel Neue Musik verschiedenster Spielarten, das Bremer Pendant feierte zwischen Dom und Institut français seinen fünften Geburtstag. Das große Konzertfestival am 4. und 11. Mai 2024 in Bremen und Oldenburg. Eine Veranstaltung von klangpol - Netzwerk Neue Musik Nordwest.

In diesem Jahr wartet das Festival, das bei freiem Eintritt zum Flanieren einlädt, zum ersten Mal mit einem Motto auf. Mit „Dialoge“ übrigens ein durchaus naheliegendes, denn Musik lebt nicht nur ohnehin vom künstlerischen Gespräch zwischen Ausführenden und Komponisten und Komponistinnen, von der Interaktion zwischen Bühne und Publikum. Gerade die vielfältigen Spielsituationen und Begegnungen, die im Konzept der LANGEN NACHT DER MUSIK angelegt sind, ermöglichen intensive Zwiesprachen zwischen Künstlern und Künstlerinnen mit ihrem Publikum. Alles zu erleben, ist unmöglich, die Parallelität der Konzerte lädt jeden Menschen ein, seinen Weg durch die Nacht zu suchen. Im vergangenen Jahr konnte das beispielsweise so aussehen: Eröffnet wurde die Lange Nacht von Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz (SPD) im Gerhard-Marcks-Haus, wo im Anschluss das HCL-Ensemble mit der Saxophonistin Silke Eberhard im Geiste der freien Improvisation auf Entdeckungsreise ging, gerahmt von den stählernen Bäumen der Bildhauerin Andrea Geile. Die erfahrene Formation um den Oldenburger Schlagzeuger Hannes Clauss ließ sich zu einem luftigen Set inspirieren, dass nicht zuletzt dank Silke Eberhard beträchtliche melodische Reize entwickelte. Die Musikerin hat sich in der Vergangenheit intensiv mit der Musik von Ornette Coleman und Eric Dolphy auseinandergesetzt hat und wandelt wie jene virtuos zwischen freiem Spiel und Komposition. Am Samstag bestach sie mit einem sehr eigenen Ton, der wie aus dem Nichts zu kommen schien und sich ohne Kraftmeierei und expressionistisches Vibrato zu behaupten wusste.

György Ligeti gehört zu den Klassikern der Neuen Musik. Zum 100. Geburtstag des 2006 gestorbenen Komponisten gab es gleich zwei Programmpunkte: Im Konzertsaal der Hochschule für Künste spielten drei Pianistinnen eine Auswahl seiner Etüden. Virtuose Kompositionen, in denen er unter anderem polyrhythmische Prinzipien und die Kanonform erforschte, ergänzt um eine von Ligeti inspirierte „Étude of étude“ von der koreanischen Komponistin Hye Yeon Choi. Die zweite Ligeti-Aufführung in der Galerie Mitte war dann noch etwas spezieller: Sein selten aufgeführtes „Poème symphonique“ von 1962 verursachte bei seiner Uraufführung 1963 einen Skandal. 60 Jahre später hat das Werk wenig von seiner Radikalität verloren: Zu hören sind 100 Metronome, die rund 20 Minuten lang ihr unbarmherziges Werk tun, in verschiedenen Geschwindigkeiten, woraus sich ein pulsierendes Rhythmuslabyrinth entspinnt, das immer wieder neue Formen ergibt und gegen Ende langsam ausläuft, ein Metronom nach dem anderen.

Nicht fehlen darf bei einer LANGEN NACHT DER MUSIK das Bremer Lautsprecher-Orchester, das diesmal im Presseclub als Elektrikorchester firmierte und im gemütlichen Salon-Ambiente, abgemischt von Gerd Anders und Henner Hensler, Kompositionen von Max Joy, Axel Dörner und Julia Hanadi El Abend zu Gehör brachte, teils verspielt, teils spröde krachend, teils geheimnisvoll raunend.

Fast schon konventionell spielte dann die junge Oldenburger Band Bleidiät im Innenhof des Landgerichts auf: In klassischer Rock-Trio-Besetzung verweben Leona Cordes (Gitarre und Gesang, Jonathan Böttcher (Schlagzeug und Gesang) sowie Arne Brosche (Bass) Einflüsse aus Psychedelik, progressivem Rock, Improvisation und Obertongesang zu einer spannenden Mischung.

Und das war freilich längst nicht alles: Begegnungen zwischen Tanz und Musik, interaktive Kompositionen, neue Werke von Kompositionsstudierenden der Hochschule, ein szenischer Liederabend und was nicht noch standen auf dem Programm dieser LANGEN NACHT DER MUSIK, die eigentlich nicht lang genug war, um all das auszukosten, was sie zu bieten hatte.

Die LANGE NACHT DER MUSIK findet am 4. Mai in Bremen und am 11. Mai in Oldenburg statt. Das Programm finden Sie im Internet unter http://www.klangpol.de/projekte/lndm/