Alles neu macht der Mai! Doch ob der Monat auch einlöst, was die Redensart vollmundig verspricht? Man wird sehen beziehungsweise hören. In jedem Fall gibt es viele Uraufführungen. Den Anfang machen die Wittener Tage für neue Kammermusik, veranstaltet von Kulturradio WDR3 und Kulturforum Witten.
Leonore kämpft
Sämtliche Konzerte vom 3. bis 5. Mai werden live und zeitversetzt in Radio und Internet übertragen. Letztes Jahr stammte das Programm noch weitgehend von Harry Vogt. Nun verantwortet es der neue Leiter Patrick Hahn. Porträtiert wird Francesca Verunelli mit drei Stücken und dem Auftragswerk „From Scratch“ für das WDR-Sinfonieorchester. Wie schon öfter sind erneut Christina Kubisch, Milica Djordjevic und Andreas Dohmen mit Novitäten vertreten. Weitere Uraufführungen stammen von Sergej Maingardt, Anna Konjetzky, Hannes Seidl, Martin Schüttler, Peter Jakober, Pierre Jodlowski, Thomas Kessler, Monthati Masebe, AJ Villanueva, Sara Stevanovic, Raven Chacon, Farzia Fallah und Dai Fujikura. Das Kölner Festival Acht Brücken präsentiert vom 4. bis 12. Mai unter dem Motto „Feine Unterschiede“ mikrotonale Musik und das Schaffen von Enno Poppe. Der Komponist ist mit zehn Werken vertreten, darunter den zwei Neuheiten „Strom“ für das Gürzenich-Orchester und „Laub“ für das Ensemble Recherche. Weitere Uraufführungen gibt es von Lucia Kilger, Carmen Pomet, Carlie Schoonees, Bekah Simms, Gerhard Haugg, Ludger F.J. Schneider, Haukur þor Harðarson, Simon Rummel, Kemal Dinç, Tahsin Tolga Yayalar, Füsun Köksal, Po-Chien Liu, Miroslav Srnka und gleich drei neue Stücke von Clara Iannotta. Neben Kölner Philharmonie und WDR-Sendesaal verteilt sich das Festival auf elf weitere Spielstätten: Alte Feuerwache, Filmforum, Zentralbibliothek, Stadtgarten, King Georg, Wolkenburg, Hochschule für Musik und Tanz, drei Kirchen und die Lagerhalle für mobile Hochwasserschutzwände in Rodenkirchen.
Neu und Alt begegnen sich bei der „Dialog-Oper“ von Charlotte Seither auf Texte von Hermann Schneider. Die auf Beethovens Oper anspielende Produktion „Fidelio schweigt“ hat in der Inszenierung von Hermann Schneider am 12. Mai Premiere im Musiktheater im Revier Gelsenkirchen. Statt wie beim Regietheater üblich, Bühne, Handlung, Szene, Requisiten und Kostüme neu zu interpretieren, wird hier auch in das originale Libretto und die originale Partitur eingegriffen. Der erste Akt von Beethovens Befreiungsoper fällt weg, um direkt mit einem Neben- und Nacheinander von Beethovens zweitem Akt und neu komponierten Passagen einzusetzen. Leonore tritt dabei nicht mehr in Hosenrolle unter Pseudonym „Fidelio“ mit übernommenen männlichen Rollenmustern auf, sondern handelt eigenmächtig und selbstbewusst als Frau. Neben der Befreiung ihres Gatten Florestan gelingt ihr damit vielleicht auch die Rettung aller übrigen Gefangenen, die dann nicht wie bei Beethoven wieder zurück in den Kerker müssen. Die Komponistin spricht jedenfalls von „einer ganz persönlichen Form von Utopie“. Man wird sehen beziehungsweise hören.
Weitere Uraufführungen:
- 1.5.: Steffen Schleiermacher, …durch und durch und durch… Drei kleine Stücke für Viola solo, Gewandhaus Leipzig; Karl Gottfried Brunotte, Cromwell happymetal für Perkussionsensemble und Radiophonie, Sportplatz Sandelmühle Bad Homburg
- 2.5.: Philipp Maintz, choralvorspiel XLI (großer gott, wir loben dich), Brucknerhaus Linz
- 5.5.: Vladimir Tarnopolski, Im Dunkel vor der Dämmerung, Elbphilharmonie Hamburg
- 12.5.: Michael Blake, Sonate für Violoncello und Klavier, St. Aposteln Köln
- 17.5.: Stefan Heucke, Kantate vom Feuer, Dom Münster; auch 20.05. Markus-Passion, Apostelkirche Müns-ter; und 25.05. Michael Kohlhaas, Theater Regensburg
- 19.5.: Camille van Lunen, Cartas Portuguesas – 3 Etudes pour Piano, The Green Room Köln; und 21.05. Musesehnsucht für Chor a cappella, Oper Bonn
- 20.5.: Evan Johnson, Zwei Rückenfiguren, Studio Ensemble Musikfabrik Köln
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