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Biermanns Lebensbilanz: «Warte nicht auf bessre Zeiten!». Foto: nmzMedia
Liedermacher Wolf Biermann singt in Berliner Stasiopfer-Gedenkstätte. Foto: nmzMedia
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Liedermacher Wolf Biermann singt in Berliner Stasiopfer-Gedenkstätte

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Berlin - Er war einer der stärkster Kritiker der DDR-Oberen. Dann durfte er nicht mehr öffentlich auftreten und wurde ausgebürgert. Wolf Biermann gibt nun ein Konzert an einem Ort, wo an das SED-Unrecht erinnert wird.

Der Liedermacher Wolf Biermann singt an diesem Sonntag (14.00 Uhr) in der Berliner Stasiopfer-Gedenkstätte. Nach dem Open-Air-Konzert wird der 82-Jährige mit der einstigen Oppositionellen Marianne Birthler über seine Erfahrungen in der DDR sprechen, teilte die Gedenkstätte Hohenschönhausen mit. Der Live-Auftritt des Liedermachers soll Höhepunkt eines Tages der offenen Tür im früheren Untersuchungsgefängnis der DDR-Staatssicherheit sein.

Biermann sei einer der radikalsten Kritiker der SED-Diktatur gewesen, hieß es. Schon seit 1965 mit Auftritts- und Publikationsverbot belegt, wurde der Sänger 1976 während eines Gastspiels in Köln ausgebürgert.

Das Konzert werde von der Gedenkstätte gemeinsam mit der Stiftung Berliner Mauer und die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur präsentiert, hieß es.

An dem authentischen Ort in Hohenschönhausen wird an politische Willkür und Unrecht erinnert. Besucher werden von früheren Häftlingen durch original erhaltene Zellen und Verhörräume geführt. In dem Gefängnis waren von 1951 bis 1989 mehr als 11 000 Menschen eingesperrt, darunter Oppositionelle wie Bärbel Bohley oder Jürgen Fuchs. Im Vorjahr kamen laut Kulturverwaltung etwa 470 000 Interessierte.

Monatelang war die geschichtliche Aufarbeitung von Sexismusvorwürfen überschattet. Mitte Juni wurde ein Nachfolger für den geschassten Gedenkstätten-Direktor Hubertus Knabe bestimmt. Die Leitung übernimmt im Herbst der Historiker und Politikwissenschaftler Helge Heidemeyer. Mit ihm solle ein dringender Kulturwandel in der Gedenkstätte gelingen, hatte Kultursenator Klaus Lederer (Linke) gesagt. Birthler war vorübergehend externe Ansprechpartnerin für Gedenkstätten-Mitarbeiter.

Knabe war im Vorjahr nach Vorwürfen abberufen worden, nicht konsequent genug gegen sexuelle Belästigungen von Frauen in der Gedenkstätte vorgegangen zu sein. Der juristische Streit um seinen Rauswurf war mit einem Vergleich beendet worden.

Die heute 71-jährige Birthler und Biermann kennen sich aus Oppositionszeiten. Als die frühere Bundesbeauftragte 2014 ihre Autobiografie vorstellte, kam auch der ergraute Barde und griff zur Gitarre. «Was für ein Glück hatten wir, dass wir ohne Krieg aus der DDR rausgekommen sind», hatte er damals gesagt.

Einer der Fans von Biermann ist der Mann von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Joachim Sauer hatte 2016 in einer Laudatio zum 80. Geburtstag des deutsch-deutschen Liedermachers dessen Lebensweg vom überzeugten Kommunistenkind zum aufmüpfigen DDR-Widerständler gewürdigt und daran erinnert, dass der Protest gegen die Ausbürgerung den Anfang vom Ende der DDR einläutete.

Erst in diesem Frühjahr hatte Biermann einen Novellenband mit dem Titel «Barbara» veröffentlicht. Demokratie sei auch 30 Jahre nach dem Mauerfall «eine anstrengende und zugleich wunderbare Lebensform der Gesellschaft», sagte er aus diesem Anlass der Deutschen Presse-Agentur.

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