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München - Die Zelle auf Robben Island. Ein Bett, ein Tischchen, Gitterfenster. 18 Jahre hat Nelson Mandela hier verbracht. Diese 18 Jahre auf der berüchtigten Gefängnisinsel vor Kapstadt und Mandelas ganzes Leben davor versucht das Musical «Mandela Trilogy» in knapp zweieinhalb Stunden wiederzugeben. Am Donnerstagabend feierte das Stück der Cape Town Opera mit den Münchner Symphonikern im Deutschen Theater in München seine Deutschland-Premiere.
Eine musikalische Hommage an das Land am Kap mit fulminanten Chorszenen, teils freilich geglättet für den Publikumsgeschmack. Bisher war das Stück außerhalb Südafrikas nur in Cardiff in Wales zu sehen.
Die Folk-Oper will den Nationalhelden so präsentieren, wie er war - als Menschen, nicht als Heiligen, kündigte das Theater an. Das Musical breitet insbesondere die Frauengeschichten des Mannes aus, der mit seinem Kampf um Gerechtigkeit, Freiheit und gegen die Apartheid in Südafrika Geschichte geschrieben hat: Da ist die Geliebte Dolly (Zolina Ngjane), die er neben der enttäuschten ersten Ehefrau Evelyn (Phumza Mxinwa) hat und die er schließlich mit der knappen Floskel «It's over» (es ist vorbei) abserviert - um dann die viel jüngere Winnie (Siphamandla Yakupa) zu heiraten. Gleich zwei verletzte Frauen lässt er zurück.
Manches kommt so daher, wie man sich das klischeegemäß vorstellt: Schwarze Frauen wie Mandelas Mutter (Tina Mene), die in traditioneller Tracht mit üppigem Körper und kraftvollem Hüftschwung Lebensfreude ausstrahlen, unsympathische dickbäuchige Buren-Wachtmeister und uneinsichtige Protagonisten des damaligen Regimes.
Natürlich beginnt die Inszenierung mit der berühmten Zelle, in der Mandela als Häftling 46664 lebte. Dann erzählt sie chronologisch in drei Akten nach, was bis dahin geschah. Dazu wechselt jeweils die Besetzung der Hauptrolle (Thato Machona, Aubrey Poo, Aubrey Lodewyk); die Musik schufen unterschiedlicher Komponisten, im Stil mal geprägt von afrikanischer Tradition, mal von den Fifties.
Mandelas Jugend im Homeland Transkei, sein Initiationsritus als Mann bei seinem Stamm der Xhosa, seine Zeit bei seinem Adoptivvater, dem Stammesoberhaupt - das alles zeigt die weniger bekannten Wurzeln des späteren Präsidenten. Es ist ein rhythmischer Part, mit viel Percussion. Der südafrikanische Komponist Péter Louis van Dijk unterlegte den ersten Akt mit einer Orchesterpartitur, in die auch traditionelle Musik der Xhosa einfloss.
Schließlich flüchtet Nelson mit dem Sohn des Stammesoberhaupts vor der Zwangsverheiratung nach Johannesburg. Dort wird er Anwalt, entdeckt seine Liebe zum Jazz - in der Musik des US-amerikanischen Musikers Mike Campbell klingt Big Band-Sound der 1950er Jahre an, fetzige Rhythmen unterlegen Nachtclub-Szenen.
Mandela avanciert zum Vorreiter der Freiheitsbewegung, wird schließlich verhaftet und landet in Gefangenschaft, 27 Jahre insgesamt. Winnie Mandela übernimmt die Anführerschaft - allerdings nicht immer im Sinne ihres Mannes, denn sie ruft zur Gewalt auf. Diesen dritten Akt komponierte wieder Péter Louis van Dijk.
Das Musical ist bereits einige Jahre alt. Es war ursprünglich zur Fußball-Weltmeisterschaft 2010 entstanden. Damals habe allerdings der Sport alles in den Schatten gestellt - und das Interesse an dem Projekt sei geringer gewesen als erhofft, räumte der geschäftsführende Operndirektor Michael Williams ein, der das Musical geschrieben hat.
Sein Stück endet just, als Mandelas Leben die gewaltige Wende nimmt, als er vom Verbannten zum nationalen Helden und ersten schwarzen Präsident seines Landes wird - und Winnie Mandelas unrühmliche Rolle bei den vorangegangenen Unruhen geklärt wird. Die letzte Szene des Musicals ist seine erste öffentliche Rede nach der Freilassung 1990 vom Balkon der City Hall in Kapstadt. Der Bogen über Mandelas Leben, der erst fast ein Vierteljahrhundert später am 5. Dezember 2013 starb, ist so freilich kaum zu schaffen.
Sabine Dobel