Hauptrubrik
Banner Full-Size

Minimal-Komponist Phil Glass kommt ins Rentenalter

Publikationsdatum
Body

Mit Johann Sebastian Bachs «Kunst der Fuge» vergleichen Kritiker die zeitgenössische Komposition «Music in Twelve Parts» von Philip Glass. Der Amerikaner, der gerade 65 Jahre alt wird, hat die Traditionen westlicher Musik freilich schon vor knapp vier Jahrzehnten aufgebrochen. Glass gilt seit Jahrzehnten als führender Vertreter des musikalischen Minimalismus.

Von indischer Musik inspiriert entwickelte Glass Strukturen von sich immer wieder wiederholenden Tonfolgen. Seine repetitiven rhythmischen Strukturen entfalten ihren unverwechselbaren Klang aus der Aufreihung und Überlagerung kurzer Folgen, denen er nach und nach Töne hinzufügt und wieder weg nimmt.

Ausgangspunkte von Glass waren etwa die Musik des Sitar-Meisters Ravi Shankar und des Virtuosen auf der aus zwei Trommeln bestehenden Tabla, Alla Rakha. Auf Reisen durch Nordafrika, den Mittleren Osten und Südostasien studierte er ursprüngliche Musik und griff Grundelemente immer wieder auf. 1967 kehrte der in Baltimore geborene und in Chicago, New York und Paris ausgebildete Komponist und Instrumentalist in die USA zurück und setzte sich an die Spitze der musikalischen Avantgarde. Mit Stücken, die immer länger und ereignisloser wurden, zwang er die Zuhörer, auf kleinste harmonische und rhythmische Veränderungen zu achten.

Bald galt er als führender Vertreter des Minimalismus. Der Durchbruch zur internationalen Anerkennung gelang ihm 1974 mit der Uraufführung seiner mehrstündigen «Music in Twelve Parts» in der New Yorker Town Hall.

Viel Applaus brachte Glass auch die vierstündige Oper «Einstein on the Beach» bei ihrer Weltpremiere 1976 in Avignon. 1980 folgte die zweite Oper, «Satyagraha», über die Erlebnisse des jungen Anwalts Mahatma Ghandi in Südafrika. Mit der im März 1984 in Stuttgart uraufgeführten Oper «Echnaton» über den gleichnamigen ägyptischen Sonnenkönig fügte Glass alle drei Werke zu einer Trilogie zusammen.

Seit Beginn der 80er Jahre komponierte der Amerikaner auch die Musik für Filme wie den gesellschaftskritischen «Koyaanisqatsi» - eine rasante und ästhetisierte Bilderflut voller Zeitrafferaufnahmen aus den übervollen Metropolen - sowie für Martin Scorseses «Kundun» aus Tibet. Der Soundtrack für Peter Weirs «Truman Show» brachte ihm einen Golden Globe ein.
Musikgenre