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Bayreuther Festspiele - Spuren einer denkwürdigen Spielzeit. Foto: Hufner
Mit Brille und Maske? Bayreuther Festspiele planen 3D-«Parsifal». Foto: Hufner
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Mit Brille und Maske? Bayreuther Festspiele planen 3D-«Parsifal»

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Bayreuth - Technische Revolution auf dem Grünen Hügel: Die Bayreuther Festspiele setzen auf virtuelle Realität (VR) und planen einen «Parsifal» mit 3D-Elementen. Der US-amerikanische Regisseur Jay Scheib, Professor am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT), soll Richard Wagners letzte Oper im Jahr 2023 in Bayreuth (nmz,bl - dann hoffentlich ohne Maske) auf die Bühne bringen.

«Im besten Fall wird man nicht immer sagen können, was echt ist und was nur virtuell», sagte Scheib im Interview der Deutschen Presse-Agentur. «Wir haben Großes mit ihm vor», sagte Festspielchefin Katharina Wagner am Samstag kurz vor dem Start der diesjährigen Festspiele. «Die ganze Welt spricht von Digitalisierung.» Auch darum soll es auf dem Grünen Hügel «das erste Mal eine komplette Inszenierung in Augmented Reality geben».

Das bedeutet: Zu einem echten Bühnenbild kommen virtuelle Elemente dazu, die nur mit einer entsprechenden Brille zu erkennen sind. «Das wäre richtig toll, ein ganzes Publikum mit Brillen, oder?», sagte Scheib der dpa. Es sei aber auch möglich, die Inszenierung ganz klassisch ohne Technik zu erleben, sagte Festspielchefin Wagner.

«Richard Wagner hat das Orchester verschwinden lassen, damit wir eine immer tiefere Verbindung zwischen der Musik und dem Bild aufbauen können. Ich denke, unser Job wird sein, das Theater verschwinden zu lassen oder zumindest so nah wie möglich an diese Erfahrung heranzukommen.»

Scheib ist auch in diesem Jahr schon bei den Festspielen dabei. Er inszeniert dort Siegfrieds Drachenkampf - ebenfalls mit Hilfe von VR-Technik. «Es ist wild», sagte er am Samstag.

Dass die Musik bei seiner «Parsifal»-Interpretation in den Hintergrund gerate, glaube er nicht. «Die Ansätze, die ich in den vergangenen Jahren verfolgt habe, hatten immer das Ziel, die Musikerfahrung einfach zu verstärken», sagte Scheib der dpa. «Also ist meine Hoffnung, dass die zusätzliche Technik, diese zusätzliche Schicht, wie ein Verstärker funktioniert und das Hörerlebnis sogar noch intensiver machen kann.»

Den Zuschauern wolle er etwas Intensives, Ungewöhnliches bieten. «Ich hoffe schon, dass sie nicht einfach nach Hause gehen und sagen: Ach, das war aber nett.»

Im kommenden Jahr steht dann aber alles erstmal im Zeichen des «Rings». Die Neuproduktion des Vierteilers «Ring des Nibelungen» von Regisseur Valentin Schwarz soll nach dem Ausfall der Festspiele im Jahr 2020 nun 2022 auf die Bühne kommen - und muss sich dafür kurzfristig einen neuen «Wotan» suchen. Denn Sänger Günther Groissböck, der die Rolle auch schon in diesem Jahr singen sollte, hat kurzfristig abgesagt - nur fünf Tage vor der «Walküre»-Premiere am 29. Juli. «Er möchte hier in Bayreuth beste Qualität abliefern und durch die lange Corona-Pause kann er das nicht garantieren», sagte Leiterin Wagner am Samstag. Ein Ersatz war in der Kürze der Zeit am Samstag zunächst noch nicht gefunden.

Die Festspiele 2021 sollten an diesem Sonntag beginnen - mit einer Neuinszenierung des «Fliegenden Holländers» und Oksana Lyniv, der ersten Dirigentin in 145 Jahren Festspielgeschichte.

 

Bayreuth-Regisseur Jay Scheib will Theater verschwinden lassen

Interview: Britta Schultejans, dpa

Das Publikum der Bayreuther Festspiele gilt - zumindest in Teilen - als ziemlich konventionell. 2023 können diese Zuschauer 'was erleben.

Bayreuth - Die Bayreuther Festspiele setzen auf virtuelle Realität (VR) und planen einen «Parsifal» in 3D. Der US-amerikanische Regisseur Jay Scheib, Professor am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT), soll Richard Wagners letzte Oper im Jahr 2023 in Bayreuth auf die Bühne bringen. Im Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht er über 3D-Brillen im Festspielhaus - und seine ersten fünf Schallplatten.

Frage: Wie kommt denn ein Professor des MIT zu den Bayreuther Festspielen?

Antwort: Ich habe schon ein paar Sachen in Deutschland und woanders in Europa gemacht - für öffentliche und private Theater und die Oper. Und so kam ich dann in Kontakt mit Katharina und wir haben uns spannende Projekte ausgedacht. Mit dem Team in Bayreuth und Katharina haben wir sehr viel über das Thema Technologie im kreativen Diskurs gesprochen. Sie hat mich gefragt, ob ich in diesem Jahr Interesse habe an dem Kampf mit dem Drachen. Und ich habe ja gesagt, weil ich immer ja sage - und weil es einfach ein Traum für mich ist, in Bayreuth zu arbeiten.

Frage: Wie war Ihre Beziehung zu Wagner bislang? Und wie sind Sie mit seiner Musik in Berührung gekommen?

Antwort: Vor vielen, vielen Jahren war ich ein College-Student mit einem Plattenspieler und fünf Platten. Eine davon war der komplette «Ring». Den habe ich immer und immer wieder gehört.

Frage: Sind Sie denn jetzt enttäuscht, dass es nicht der «Ring» geworden ist, sondern «nur» der «Parsifal»?

Antwort: Nein, nein. Der «Parsifal» gehört tatsächlich zu meinen Lieblings-Opern und die Musik - aus meiner Sicht - zur schönsten überhaupt.

Frage: Was fasziniert Sie am «Parsifal»?

Antwort: Die Idee, dass etwas verloren gegangen und die Welt deshalb zerbrochen ist; selbst die Wunden sind unheilbar. Der Heilige Gral ist eine wundervolle Metapher: Wir gehen raus, wir suchen etwas - und finden dadurch uns selbst. Ich finde das wunderschön - und teilweise auch katastrophal.

Frage: Was können und wollen Sie in Ihrer Neuinszenierung zu dieser Idee beitragen? In diesem Jahr präsentieren Sie in Bayreuth ein «Siegfried»-Projekt mit einem virtuellen Drachenkampf. Erwartet uns virtuelle Technik, Augmented Reality, auch in Ihrem «Parsifal»?

Antwort: Beim «Sei Siegfried»-Projekt nutzen wir Virtual Reality. Man setzt eine VR-Brille auf und kann sich damit in das Festspielhaus begeben. Es ist ein sehr kraftvolles Eintauchen. Im «Parsifal» wird es eine Kombination verschiedener Dinge geben: Wir bauen eine Realität auf und dann augmentieren wir sie. Hauptsächlich wird eine gemischte oder erweiterte Realität entstehen, die wir auf die Bühne bringen: AR, eine richtige Augmented-Reality-Erfahrung. Im besten Fall wird man nicht immer sagen können, was echt ist und was nur virtuell.

Frage: Wird das Publikum Brillen tragen müssen?

Antwort: Warum nicht? Wenn das einfach machbar ist. Mal schauen, wie sich die verschiedenen Technologien entwickeln. Aber das wäre richtig toll, ein ganzes Publikum mit Brillen, oder?

Frage: Sie wissen, dass Sie es in Bayreuth mit einem Publikum zu tun haben, das als traditionell gilt?

Antwort: Die größte Tradition in Bayreuth ist die der Innovation und des außerordentlichen Respekts für die Musik Richard Wagners. Insofern fühle ich mich da ziemlich zu Hause. Allein dieser Orchestergraben, diese ganz besondere Innovation, war so fortschrittlich und ist nie richtig kopiert geworden, weil es so kompliziert ist. Wagner hat das Orchester verschwinden lassen, damit wir eine immer tiefere Verbindung zwischen der Musik und dem Bild aufbauen können. Ich denke, unser Job wird sein, das Theater verschwinden zu lassen oder zumindest so nah wie möglich an diese Erfahrung heranzukommen.

Frage: Steht das Konzept schon komplett?

Antwort: Ziemlich, ja. Wir arbeiten noch dran, aber wir sind schon ziemlich weit gekommen.

Frage: Wie groß ist denn die Gefahr, dass Wagners Musik bei all der Technik zu kurz kommt? Das ist ja traditionell eine der größten Ängste der Wagnerianer...

Antwort: Die Ansätze, die ich in den vergangenen Jahren verfolgt habe, hatten immer das Ziel, die Musikerfahrung einfach zu verstärken. Also ist meine Hoffnung, dass die zusätzliche Technik, diese zusätzliche Schicht, wie ein Verstärker funktioniert und das Hörerlebnis sogar noch intensiver machen kann.

Frage: Welche Publikumsreaktion auf Ihren «Parsifal» würde Sie freuen?

Antwort: Ich wünsche mir, dass die Leute rausgehen und das Gefühl haben, etwas Ungewöhnliches erlebt zu haben, etwas, das sie berührt. Naja, ich hoffe schon, dass sie nicht einfach nach Hause gehen und sagen: Ach, das war aber nett.

ZUR PERSON: Jay Scheib (51) ist Professor für Musik und Theaterkunst am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT), wo er das Institut für Theaterkunst leitet. Das «American Theatre Magazine» zählt ihn zu den 25 Theaterkünstlern, die vermutlich die nächsten 25 Jahre des amerikanischen Theaters prägen werden. Er hat weltweit an Theatern und Festivals inszeniert und in Deutschland schon an der Berliner Volksbühne gearbeitet. 2018 wurde seine Londoner Inszenierung von Jim Steinmans «Bat Out of Hell» mit dem «Evening Standard»-Award als bestes Musical ausgezeichnet. Scheib ist auch in diesem Jahr schon bei den Festspielen dabei. Er inszeniert dort Siegfrieds Drachenkampf - ebenfalls mit Hilfe von VR-Technik.

 

 

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