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Padrissa und Bachler, Wagner gegen Verdi

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München - Die Bayerische Staatsoper schickt die beiden Jubilare Richard Wagner und Giuseppe Verdi in ihrem Ehrenjahr in den Ring. An diesem Freitag findet das Spektakel «Wagner vs. Verdi» statt, bei dem die Komponisten musikalisch gegeneinander antreten sollen - unterstützt von ihren jeweiligen Teams. Rund 1000 Opern-Fans haben sich nach Opernangaben zu dem Spektakel angemeldet - etwa 60 Prozent für das Team Verdi, 40 für Wagner.

 

Bis kurz vor dem Start konnte man sich online entschieden. Beide Mannschaften treffen sich an unterschiedlichen Plätzen in der Stadt und ziehen von dort – von Blaskapellen begleitet - vor das Nationaltheater. Im Interview der Nachrichtenagentur dpa sagen Regisseur Carlus Padrissa von der katalanischen Gruppe «La Fura dels Baus» und Opernintendant Nikolaus Bachler, in welcher Ecke sie stehen - oder auch nicht.

Wenn Wagner gegen Verdi antritt - in welcher Ecke stehen Sie?

Carlus Padrissa: «Wagner, ganz klar. Ich habe fast alles von ihm inszeniert - und in Spanien sind alle für Verdi. Um das zu kompensieren, bin ich für Wagner. Ich mag die Idee des Gesamtkunstwerkes, die bei Wagner ja sehr viel deutlicher zum Tragen kommt.»

Nikolaus Bachler: «Für einen Opernintendanten wäre es unintelligent, sich auf irgendeine Seite zu schlagen. Ich brauche beide.»

Hat denn Verdi trotzdem eine Chance gegen Wagner?

Carlus Padrissa: «Ja, sicher. Er ist sogar fast der Gewinner. Komponist Moritz Eggert ist auch mehr für Verdi - und im Internet haben sich inzwischen rund 60 Prozent dem Team Verdi zugeordnet und nur 40 dem Team Wagner. Die Verdi-Anhänger bekommen einen Button mit einem Herz, die Wagner-Anhänger einen mit einem Hirn.»

Warum inszenieren Sie überhaupt einen Kampf?

Carlus Padrissa: «Weil die Unterschiede zwischen den beiden deutlich größer sind als ihre Gemeinsamkeiten. Die betone ich auch, aber die Gegensätze überwiegen. Überall auf der Welt gibt es in diesem Jubiläumsjahr Wagner- und Verdi-Konzerte und -Opern. Bei uns treten sie gegeneinander an - und kämpfen auf der Straße. Dabei geht es in erster Linie um die Musik und nicht um die jeweiligen Biografien.»

Nikolaus Bachler: «Ich würde auch sagen, dass ein Kampf sehr viel eher der Realität entspricht. Immerhin war Wagner schuld, dass Verdi zehn Jahre geschwiegen hat. Sein Einfluss war so groß, dass er den Verdi richtig verhindert hat. Es gibt eigentlich kaum Gemeinsamkeiten in dem Sinne, aber es gibt unzählige Konflikte, die nie ausgetragen wurden, weil die beiden sich nie begegnet sind. Es ist sehr spannend, diese fiktionale Begegnung zu inszenieren.»

Sie beschreiben den Gegensatz zwischen Wagner und Verdi als Gegensatz zwischen Hirn und Herz. Können Sie das weiter ausführen?

Carlus Padrissa: «Verdi ist die perfekte Melodie und Wagner die perfekte Harmonie. Was spannend ist: Verdi, der sehr leidenschaftlich war, starb an einem Hirnschlag, und Wagner, der eher intellektuell an die Musik heranging, starb an einem Herzinfarkt. Am Schluss unserer Inszenierung gibt es darum eine Transplantation. Der Verdi kriegt das Hirn vom Wagner und der Wagner kriegt das Herz von Verdi. Dann haben wir die perfekte Harmonie, die perfekte Melodie, die perfekte Musik - die Musik der Zukunft.»

Nikolaus Bachler: «Es gibt dazu einen sehr schönen und sehr richtigen Satz: "Wagner braucht Bewunderer und Verdi braucht Freunde."»

Die Musik wird von Blaskapellen gespielt - warum das?

Nikolaus Bachler: «Das kommt unser Element unseres Festspiel-Mottos "Vox Populi" ins Spiel - mit Musik aus dem Volk.»

Carlus Padrissa: «So etwas ist noch nie gemacht worden. Vielleicht findet man so auch ein neues Publikum, das die Oper für sich entdeckt. Es ist gut, dass die Oper auf die Straße geht.»

Das macht die Bayerische Staatsoper nun schon seit geraumer Zeit. Bei den Opernfestspielen gibt es seit Jahren ein Rahmenprogramm außerhalb der Mauern des Nationaltheaters. Lohnt sich das? Hat sich das Publikum verändert?

Nikolaus Bachler: «Es ist das Wesen der Kunst, dass man keine direkten Auswirkungen im Sinn hat. Wir machen kein Marketing. Wir machen kein Spektakel, um mehr oder ein neues Publikum zu gewinnen. Wir machen etwas, das sich auf das gesamte Leben in der Stadt auswirkt. Das ist das viel Wesentlichere.»

Interview: Britta Schultejans


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