Dresden - Mit einem großen Jubiläumsfest erinnert die Stadt Dresden am Samstag (26. Januar) an die Unterzeichnung des deutsch-französischen Versöhnungsvertrages vor 50 Jahren. Bei dem Fest treten der Deutsch-Französische Chor Dresden und verschiedene französische Kleinkünstler auf. Das Fest ist Höhepunkt einer deutsch-französischen Festwoche vom 22. bis 29. Januar.
Das Einsingen ist schon vorbei, als Carla Müller in den Probensaal eilt. Die 25-jährige Französin kommt gerade von einem Treffen des Deutsch-Französischen Jugendwerks in Berlin. Sie betreut beim Dresdner Projekt "europa direkt" Jugendliche beider Nationen. In ihrer Freizeit singt sie bei den Alt-Stimmen im Deutsch-Französischen Chor Dresden. Der hat am Samstag im Kulturrathaus seinen nächsten großen Auftritt. Ein großes Fest soll an die Unterzeichnung des Freundschaftsvertrages zwischen den ehemaligen Kriegsgegnern vor 50 Jahren erinnern.
"Da müssen wir zeigen, was wir können", feuert Chorleiter und Gesangspädagoge Reinhard Gröschel seine 25 Mitglieder an. Drei Franzosen sind darunter. Erasmus-Student Ulysse Catho aus dem bretonischen Nantes singt seit einem Jahr als Tenor im Dresdner Chor. "Ich war schon immer im Chor", sagt der 22-jährige angehende Bauingenieur. Bei einer Party erzählte er der 20-jährigen BWL-Studentin Audrey Tisseraud-Cognet davon, vor drei Wochen begann die junge Frau aus Nizza als Sopranistin. "Mit acht Jahren habe ich angefangen, im Laienchor der Oper mitzusingen", erinnert sie sich.
Sängerin hilft Chorleiter bei kniffligen französischen Wörtern
Auch die deutschstämmige Carla Müller aus Toulouse hat jahrelange Erfahrung und will ihr Hobby in Dresden weiter pflegen. "Der Chorleiter fragt mich oft, wie französische Wörter ganz korrekt ausgesprochen werden", erzählt sie. "Umgekehrt haben wir bei deutschen Texten aus dem Barock oder der Romantik unsere Probleme. Da hilft man sich dann gegenseitig."
Auch die Dresdnerin Johanna Wunderer hatte vor zehn Jahren eigentlich "nur" einen Chor gesucht. Die 39-Jährige erinnert sich nun gern an die vielen Konzertreisen zu anderen deutsch-französischen Chören in Straßburg, Paris, Lyon, Freiburg und Bremen. Insgesamt gibt es dreizehn solcher Ensembles in beiden Ländern, das erste wurde in den 60er Jahren von dem französischen Diplomaten Bernard Lallement in Berlin gegründet. Durch das gemeinsame Singen sollten Deutsche und Franzosen einander näherkommen.
"Musik geht einfach über alle Grenzen hinweg"
"Es schwingt einfach", sagt auch Leiter Reinhard Gröschel, der den Dresdner Chor vor zwei Jahren übernahm. Singen sei eine besondere Art der Körpersprache, meint der 54-Jährige. Es ist eine besondere Kommunikation auf höherem Niveau, die "immer" funktioniert, bestätigt Sabine Helmbold, die den Jazzchor im Heinrich-Schütz-Konservatorium leitet. Carmen Wutzler, die gerade die 15. Dresdner Gospelnight organisiert hat, weiß, wie schnell sich die musikalische Begeisterung auch auf jedes Publikum überträgt. "Musik geht einfach über alle Grenzen hinweg, das ist ein Naturgesetz", sagt die Kirchenmusikerin.
Der Deutsch-Französische Chor versucht dies auch mit vielen internationalen Werken. "Ich schätze an dem Chor, dass er europäisch offen ist", sagt Gröschel über das 1996 gegründete Ensemble. Lieder in Spanisch und Schwedisch gehörten ganz selbstverständlich zum Repertoire, ebenso wie alle Stilrichtungen vom barocken Dresdner Kirchenmusiker Heinrich Schütz bis zum französischen Chansonsänger Georges Moustaki. "Das soll auch in den nächsten Jahren so weiter gehen", hat sich Gröschel vorgenommen.