Berlin - Genie und Ideologie des Komponisten Richard Wagner (1813-1883) stehen im Mittelpunkt der Schau "Wagner 2013. Künstlerpositionen" der Akademie der Künste (Adk). Die Ausstellung sei keine Feier Wagners, sondern setze sich mit der Frage auseinander, ob die antisemitischen Ansichten des ehemaligen Akademiemitglieds von seiner Person und seinem einflussreichen Werk trennbar seien, sagte AdK-Vizepräsidentin Nele Hertling am Mittwoch in Berlin.
Fanfarenartige Hornklänge und leise melancholische Töne dringen auf den Besucher ein. Dazu flimmern auf Leinwänden Szenen aus dem Antikriegsfilm "Apocalypse Now" und dem Liebesfilm "Romeo und Julia" mit Leonardo DiCaprio. Fast 200 Jahre nach seiner Geburt scheint die Musik Richard Wagners beim Betreten der Ausstellung "Wagner 2013. Künstlerpositionen" allgegenwärtig. Dennoch beleuchtet die Akademie der Künste (Adk) in der am Freitag (7. Dezember) eröffnenden Schau neben der Verehrung auch die Verachtung für den Musiker.
Die Ausstellung in Berlin sei keine Feier Wagners, sondern setze sich mit der Frage auseinander, ob die antisemitischen Ansichten des ehemaligen Akademiemitglieds von seiner Person und seinem einflussreichen Werk zu trennen sind, sagt AdK-Vizepräsidentin Nele Hertling.
Die Schau, die zum Wagner-Jahr 2013 initiiert wird, zeigt neben Positionen zeitgenössischer Künstler zu Wagner auch Interpretationen seiner Werke. Darüber hinaus zeugen Briefe und Schriften über den Komponisten ebenso von seiner revolutionären Haltung in der Vormärz-Zeit um 1848 und von seinen antisemitischen Ansichten. Die Ausstellung stelle verschiedenste Positionen zum "Verführer Wagner" dar, sagt Adk-Präsident Klaus Staeck.
Wagner als Avantgardist
Hinter der Idee zur Schau steht die Frage, warum Künstler sich bis heute mit dem Leipziger Komponisten politisch und musikalisch auseinandersetzen. "Die Ausstellung ist ein Projekt, das aus nicht planbaren Einzelteilen entstanden ist", sagt Hertling. Daher seien sowohl Videoinstallationen ausgestellt, bei denen Künstler es für möglich halten, Wagners Ideologie von seinem Werk zu trennen, als auch Künstler, für die dies unmöglich scheint.
Einen der "größten Avantgardisten" nennt ihn etwa Regisseur und Adk-Mitglied Achim Freyer, dessen Videoinstallation "Brünnhildes letzter Tag" in der Ausstellung gezeigt wird. Für ihn sei der Opernzyklus "Ring des Nibelungen" ein "Weltwunder", sagt Freyer. Dabei habe er in Wagners Werk nicht die geringsten Ansätze von Rassismus gefunden. Vielmehr sei in seiner Sprache bereits sehr früh die "Zeitlosigkeit" als durchdringendes Element vertreten.
Wagner als antisemitischer Egoman
Wagners Musik sei tatsächlich nicht antisemitisch, fügt Regisseur Hans Neuenfels hinzu. Sein Aufsatz "Das Judenthum in der Musik" aus dem Jahr 1850 etwa sei allerdings "eine der scheußlichsten Schriften, die je von einem Künstler geschrieben worden ist". In seinem Ausstellungsbeitrag nennt Neuenfels den Musiker einen "antisemitischen Egomanen", an dessen Werk er sich selbst erst spät herangewagt habe.
Auch wenn Wagners Haltung in dem Aufsatz unentschuldbar sei, habe die Einmischung des Genies in Alles schlussendlich doch sein Interesse geweckt, erklärt der Regisseur. Neuenfels' Texte werden in der Ausstellung neben überlebensgroßen Ratten des Bühnenbildners Reinhard von der Thannen von Band abgespielt. Außer Freyer und Neuenfels zeigt die Schau mehr als 50 Künstler, die sich für Wagner und sein Werk interessieren und dem Zuschauer visuell und akustisch ihre Lesart des Komponisten präsentieren.
Zehn Daten zur Ausstellung "Wagner 2013. Künstlerpositionen"
- Die Ausstellung "Wagner 2013. Künstlerpositionen" eröffnet am 7. Dezember und läuft bis einschließlich 17. Februar 2013;
- Die Schau wurde anlässlich des 200. Geburtstages von Richard Wagner (1813-1883) im kommenden Jahr zusammengestellt;
- Mehr als 50 Künstler gehen in der Ausstellung auf ihre Lesart und ihren Umgang mit Richard Wagner ein;
- Zu sehen sind unter anderem Ausschnitte aus Inszenierungen, Videoaufnahmen von Gesprächen mit zeitgenössischen Künstlern, Fotografien und Installationen, sowie Briefe und Schriften zu Wagner;
- Zusätzlich zur Ausstellung organisiert die Akademie zahlreiche Diskussionen, Buchvorstellungen und Lesungen;
- Die Ausstellung wurde in Zusammenarbeit mit der Universität der Künste Berlin und dem Wagner-Kino konzipiert;
- Die Schau ist zu sehen in der Akademie der Künste am Hanseatenweg 10, 10557 Berlin-Tiergarten;
- Die Ausstellung ist geöffnet dienstags bis sonntags, jeweils von 11.00 Uhr bis 19.00 Uhr;
- Die Tickets kosten ermäßigt vier Euro und für Erwachsene sechs Euro. Jugendliche bis 18 Jahre erhalten freien Eintritt;