Bregenz - Wie bringt man die Teilung des Roten Meeres auf eine Opernbühne? Regisseurin Lotte de Beer hat es gewagt - und auf faszinierende Weise «Moses in Ägypten» bei den Bregenzer Festspielen inszeniert.
Mal liegt ganz Ägypten in düsterer Finsternis, mal kommen Feuer und Verderben über das Land - und dann ist da noch der Auszug der Israeliten: Gioachino Rossinis Oper «Moses in Ägypten» mit seinen gewaltigen und raumsprengenden Szenen zu inszenieren, ist keine leichte Aufgabe. Die Bregenzer Festspiele haben das Experiment dennoch gewagt - auf überraschende und beeindruckende Art und Weise. «Als ich das Stück kennenlernte, dachte ich: Hilfe, wie werde ich es jemals möglich machen können, das Rote Meer zu teilen», sagte die Regisseurin Lotte de Beer. Am Donnerstagabend feierte sie mit dem Werk von Rossini (1792-1868) vor rund 1650 Zuschauern aber eine überzeugende Premiere - die mit langanhaltendem Applaus gewürdigt wurde.
Das im Jahr 1818 erstmals aufgeführte Stück erzählt zum einen die biblische Geschichte um den Exodus des israelitischen Volkes. Der ägyptische Pharao verspricht zunächst, die Hebräer ziehen zu lassen, wenn ihr Gott sein Land von weiteren Plagen verschont. Doch zu diesem Erzählstrang kommt noch eine Liebesgeschichte, die dem Auszug im Wege steht: Der Sohn des Pharaos, Osiride, liebt die Hebräerin Elcia und fürchtet ihren Weggang. Um ihn zu verhindern, will er seinen Vater um jeden Preis von der Freilassung der Israeliten abbringen - es wird ihn am Ende das Leben kosten.
In den Rollen der leidenschaftlich Liebenden Osiride und Elcia überzeugen an diesem Abend Sunnyboy Dladla und Clarissa Costanzo, neben Andrew Foster-Williams als Pharao, Goran Juric als Moses und Matteo Macchioni als Aaron. Die musikalische Leitung hat Enrique Mazzola inne, begleitet wird die Oper von den Wiener Symphonikern und dem Prager Philharmonischen Chor.
Das Schwierige an Rossinis Werk sei, dass darin zwei Dimensionen aufeinander träfen, schreibt de Beer selbst über das Stück. «Er komponierte die Oper in einer Weise, die es fast unmöglich macht, sie auf eine Theaterbühne zu bringen. Rossini wechselt häufig zwischen äußerst bühnenfreundlichen Szenen eines Kammerspiels und so gewaltigen Szenen, dass sie über die Wände eines Theaters hinauszielen. Versucht man, diese zwei kompositorischen Dimensionen in derselben Ästhetik zu erreichen, käme keine von beiden tatsächlich zur Geltung.»
Für die Umsetzung der Inszenierung hat die Niederländerin daher das aus ihrer Heimat stammende Theaterkollektiv «Hotel Modern» nach Bregenz geholt, um das Bühnenbild und die Kostüme kümmerte sich Christof Hetzer. Gemeinsam entwickelte das Team eine Art Miniaturwelt, in der die biblischen Plagen und auch die Teilung des Meeres mit Puppen abgefilmt und dann als Projektion auf eine große Kugel in der Mitte der Bühne wieder in das Operngeschehen integriert wird.
Auch das Theaterkollektiv selbst ist während der Aufführung aktiv: Die Vier stapfen als eine Art drollige Mischung aus Archäologen, Erfinder, Ingenieure und Regisseure zwischen den Protagonisten hin und her, verschieben Personen und arrangieren die Szenen kurzerhand neu - oder spielen Helfershelfer Gottes, wenn sie mit einer Art Bunzenbrenner ihre Miniaturwelt in Flammen setzen.