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Zwei neue Mozart-Klavierwerke in Salzburg vorgestellt

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Salzburg - Zwei neu entdeckte Klavierwerke des jungen Wolfgang Amadeus Mozart sind am Sonntag im Salzburger Mozarthaus erstmals der Öffentlichkeit präsentiert worden. Wie der wissenschaftliche Leiter der Stiftung Mozarteum Salzburg, Ulrich Leisinger, sagte, handelt es sich dabei um einen umfangreichen Konzertsatz «Molto Allegro» und ein Präludium aus dem sogenannten Nannerl-Notenbuch.

Dieses Buch hatte Mozarts Vater Leopold 1759 für seine achtjährige Tochter Maria Anna («Nannerl») angelegt. Es wurde aber auch für den Klavierunterricht von Wolfgang herangezogen. Das Notenbuch enthält außer Übungsstücken erste Kompositionen von Wolfgang Amadeus Mozart. Die neu aufgetauchten Stücke tragen keine Autorenbezeichnung und sind in der Handschrift Leopolds überliefert. Sie konnten bisher keinem Urheber zugeordnet werden. Neue wissenschaftliche Untersuchungen, die sich auf Schriftbefunde und stilistische Kriterien stützen, ergaben jetzt, dass die beiden Stücke «mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit» vom jungen, im Notenschreiben noch ungeübten Mozart stammen müssen, wie Leisinger sagte.

Die anonymen Kompositionen wurden bei Vorarbeiten für eine Faksimile-Ausgabe des Nannerl-Notenbuchs entdeckt, dessen größter Teil sich im Besitz der Stiftung Mozarteum befindet. Sie sind im Köchelverzeichnis der Mozartschen Werke nicht enthalten. Auch von den Autoren der Neuen Mozart-Ausgabe wurden sie 1982 nicht als Kompositionen des Salzburger Meisters erkannt.

«Mozart hat sie seinem Vater wohl zum Aufschreiben am Klavier vorgespielt», sagte Leisinger. Dem Experten zufolge handelt es sich bei dem wahrscheinlich 1763/64 entstandenen «Molto Allegro» offenbar um den hochvirtuosen ersten Satz eines Cembalokonzertes in G-Dur, von dem nur die Soloabschnitte des Cembalos notiert sind. «Aus stilistischen Gründen kommt Leopold, der ein versierter Komponist war, als Autor selbst nicht in Frage.»

Das fünfminütige Stück bilde ein «wichtiges Bindeglied zwischen den Miniatursätzen aus dem Notenbuch und den großen Formen Mozartscher Instrumentalmusik, denen sich der junge Mozart ab 1763 zuwandte, erläuterte Leisinger. Dem Konzertsatz geht ein fragmentarisches Präludium voran, das in der Spieltechnik dem Konzertsatz ähnelt und den Untersuchungen zufolge gleichfalls von Wolfgang Amadeus Mozart stammen dürfte.

Auch der Harvard-Professor und Pianist Robert D. Levin bestätigte die Echtheit der Stücke. »Wir wussten bislang nur, dass die Mozart-Kinder über eine stupende Technik verfügten. In diesem Konzertsatz haben wir zum ersten Mal hierfür auch einen konkreten Nachweis. Was der Komponist dem Spieler durch rasante Passagen, das Überkreuzen der Hände und wilde Sprünge zumutet, ist schon ein bisschen verrückt." Alte Eintragungen mit Bleistift belegen laut Leisinger, dass der Konzertsatz im Hause Mozart gründlich einstudiert wurde. Ob damals eine Orchesterfassung des Satzes angefertigt wurde, ist nicht bekannt.

Die erstmalige Aufführung der von Robert D. Levin rekonstruierten Fassung für Cembalo und Streicher ist für die Mozartwoche 2010 (22. bis 31. Januar) geplant. Im Herbst 2009 erscheint das gesamte Nannerl-Notenbuch im Faksimile mit Einspielungen aller darin enthaltenen Stücke. Darunter nicht nur die im Mozarteum aufbewahrten Teile der Handschrift, sondern auch in alle Welt verstreute Einzelblätter, die Maria Anna nach dem Tod ihres Bruders an Bewunderer verschenkte.

Aufnahmen beider Kompositionen mit Florian Birsak am Cembalo sind auf der Internetseite der Stiftung Mozarteum zu hören.


 

 

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