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Punkte, Preise und Prädikate

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Zum neuen Wertungssystem beim Wettbewerb „Jugend musiziert“
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Vor wenigen Wochen ist der 44. Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ in Erlangen, Fürth und Nürnberg zu Ende gegangen. Vieles war wie immer: großartige Leistungen der jugendlichen Teilnehmer, begeisternde Abschlusskonzerte. Manches hat die Verantwortlichen besonders erfreut: hervorragende Beteiligung bei den Ensemble-Kateorienen; eine große Zahl von jungen Leuten (mehr als 80!), die sich gleichzeitig an der Solo- und Kammermusikwertung beteiligt haben; über 400 jugendliche Pianisten obwohl es kein Klavierjahr war – also keine Solowertung Klavier.

Aber auch eine andere Entwicklung ließ aufhorchen: Die Zahl der ersten, zweiten und dritten Preisträger ist deutlich zurückgegangen. Was hat das zu bedeuten? Ein Leistungsrückgang? Eine „Eiszeit“ bei „Jugend musiziert“? Nichts davon: das Leistungsniveau ist unverändert hoch und Preise werden auch weiterhin großzügig vergeben. Um die Aussage zu belegen, ist es sinnvoll, einen Blick in die Geschichte des Wettbewerbs zu werfen. Wie war das früher mit den Preisen? In den Gründerjahren des Wettbewerbs gab es nur einen ersten, einen zweiten und einen dritten Preis. Teilungen kamen so gut wie nie vor und waren an strenge Regeln gebunden.

Vor diesem Hintergrund ereignete sich 1972 bei einer inzwischen legendären Wertung in Violine Altersgruppe 1 (die gab es damals noch auf Bundesebene) Folgendes: den ersten Preis gewann die 10-jährige Anne-Sophie Mutter. Den zweiten Preis teilten sich Frank Peter Zimmermann und Kolja Blacher, den dritten Ulrike Anima Mathé und Andreas Krecher. Sie alle waren damals schon als Ausnahmetalente erkennbar und noch einige andere Musiker, deren Namen man bis heute kennt, nahmen teil und gingen leer aus.

Das konnte man doch so nicht belassen! Aber es hat noch etliche Jahre gedauert, bis „Jugend musiziert“ sich entschlossen hat, grundsätzlich umzudenken und das alte – in der Kunst schlichtweg unsinnige Prinzip „es kann nur einen Besten geben“, durch ein neues abzulösen, dessen Leitidee heißt: Jede hervorragende Leistung soll auf jeder Ebene mit einem 1. Preis bedacht werden.

Es hat sich dann allerdings so weiterentwickelt, dass die Anzahl der Preisträger immer mehr wuchs und in den letzten Jahren immer öfter von einer Inflation der Preise gesprochen wurde. Es war nicht mehr leicht zu vermitteln, warum nur sehr wenig Teilnehmer ohne Preis verblieben oder zu erklären, weshalb jemand einen dritten Preis auf Bundesebene erhält, aber die Jury im Beratungsgespräch allenfalls halbherzig zu einem Musikstudium raten wollte…

So haben die Gremien nach langer Diskussion beschlossen, sanft entgegen zu steuern. Die Preise wurden etwas schmaler gemacht (z.B. nur noch eine Spanne von 2 Punkten für den 1. Preis auf Bundesebene) und unterhalb der ersten, zweiten und dritten Preise wurden Leistungsprädikate eingerichtet, die etwas wert sein sollen und mit denen man sich sehen lassen kann. Niemand bei „Jugend musiziert“ denkt aber daran, zur Rigidität des alten Systems zurückzukehren! Ob es gelingt, dass alle Beteiligten die Ergebnisse in diesem Sinn richtig verstehen? Möglicherweise hat es in diesem Jahr die eine oder andere Enttäuschung gegeben, weil Erwartungen noch an der alten Praxis ausgerichtet waren. Aber wir hoffen, dass das gut überlegte Konzept aufgehen und die Teilnehmer, ihre Lehrer und ihre Eltern überzeugen wird.

Sind denn die Punkte und Preise überhaupt so wichtig? Wenn man den politischen Grußworten Glauben schenkt, die auf allen Ebenen des Wettbewerbs immer wieder zu hören sind, steht ja der olympische Gedanke im Vordergrund und „hat jeder schon gewonnen, der sich nur am Wettbewerb beteiligt“. Diese Floskeln werden auch von den jugendlichen Teilnehmern als Sonntagsrede erkannt. „Jugend musiziert“ weiß, dass den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Ergebnisse, die Punkte und Preise sehr wichtig sind. Sie sehen sie als einen Lohn erheblicher Anstrengungen, aber auch als Diagnose und Beratung von Fachleuten. Darum wünschen sie sich ehrliche, realistische und faire Beurteilungen. Und genau das will auch das neue Konzept.

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