Unerwartet war es, dass sich die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ mit den Strukturen der Theater und Orchester zu befassen beabsichtigte. Schließlich liegt die Organisationsbefugnis für diese Betriebe bei deren Trägern, also bei Ländern und Kommunen. Noch überraschender war es, dass zum genannten Thema zunächst nicht auf die Kompetenz der zuständigen Verbände gesetzt wurde, insbesondere des Deutschen Bühnenvereins oder des Deutschen Städtetages, sondern dass ein anwaltliches Gutachten in Auftrag gegeben wurde. Dies veranlasste den Bühnenverein, der Enquete-Kommission eine eigene, umfassende Studie zu den „Rahmenbedingungen der Theater und Orchester“ vorzulegen. Sie hat zum Teil Eingang in die Handlungsempfehlungen des nun veröffentlichten Schlussberichts der Enquete-Kommission gefunden. Viele der jetzt vorliegenden Empfehlungen sind richtig, manche hingegen ein wenig problematisch und die eine oder andere nur schwer umzusetzen.
Der Kernsatz befindet sich in der Handlungsempfehlung Nr. 7, in der die Enquete-Kommission unmissverständlich den Fortbestand von „Ensemble und Repertoire“ als wesentliche Strukturelemente des deutschen Stadt- und Staatstheaters benennt und zugleich nicht vergisst, dass es auch andere Strukturen gibt, etwa die der Privattheater und der freien Theater. Ebenso richtig ist es, eine gewisse rechtliche Verselbstständigung der Theater und Orchester vorzusehen, um sie – wie es die Enquete-Kommission ebenfalls empfiehlt – aus den Zwängen des öffentlichen Haushaltsrechtes zu entlassen.
Doch seit die öffentliche Hand einen als GmbH organisierten Theaterbetrieb, nämlich das Theater in Bremen, unter den Druck der Insolvenz setzte, hat diese Forderung Brüche bekommen, auch wenn die Enquete-Kommission fünfjährige Zuwendungsverträge als Grundlage für eine GmbH-Gründung nennt. Zu diesen Zuwendungsverträgen kommt es in der Regel aber leider nicht. Die Gefahr der Insolvenz einer GmbH macht also öffentlich-rechtliche Strukturen, die ebenfalls mit Selbstständigkeit verbunden sind, zur besseren Lösung. Eigenbetriebe, öffentlich-rechtliche Anstalten oder Stiftungen sind vielleicht eher die Modelle, denen die Zukunft gehört.
Im Detail ist die Enquete-Kommission bei ihren Empfehlungen auf einem guten Weg. Das gilt für Vorschläge wie eine Öffnungsklausel im Arbeitszeitgesetz oder eine Ausweitung des Tendenzschutzes im Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsrecht. Da bleibt nur zu hoffen, dass den Empfehlungen auch Taten des Gesetzgebers folgen. Natürlich ist es aus Sicht des Bühnenvereins zu begrüßen, in Zukunft die Tarifverhandlungen, die ohnehin für Theater und Orchester vom Bühnenverein geführt werden, insgesamt in seine Hände zu legen. Denn wer sollte sonst der einheitliche Arbeitgeberverband für alle Theater und Orchester sein, den die Enquete-Kommission sich wünscht? Übersehen wird bei dieser Forderung, dass deren Realisierung nicht an den Arbeitgebern scheitert, sondern an der Gewerkschaftsseite, insbesondere an der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der Musikergewerkschaft DOV.
Abschließend ist es bedauerlich, dass man in urheberrechtlichen Fragen den Anregungen des Bühnenvereins nicht gefolgt ist. Umso schmerzhafter ist dies, als es um Forderungen ging, die leicht umzusetzen gewesen wären. Auf dem Verhandlungswege sind entsprechende Vereinbarungen nur durchzusetzen, wenn seitens der Theater und Orchester Gegenleistungen erbracht werden. Diese aber kosten nichts weniger als öffentliches Geld.
nmz fordert Stellungnahmen ein
Zum Schlussbericht der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“
Richtiges und Problematisches
Stellungnahme des Deutschen Bühnenvereins zum Enquete-BerichtBegrüßenswertes, aber auch weniger Hilfreiches
Stellungnahme der Deutschen Orchestervereinigung (DOV) zum Enquete-Bericht „Kultur in Deutschland“Umsetzung wünschenswert
Stellungnahme der Genossenschaft Deutscher BühnenangestellterAuswirkungen auf die Arbeitsbedingungen
Stellungnahme der Dienstleitungsgesellschaft ver.di zum Enquete-Bericht