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Round Table zum nationalen Künstleraufbau

Untertitel
Wo bleiben die neuen deutschen und deutschsprachigen Rock- und Pop-Stars?
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Mit einer sinnvollen und längst überfälligen Idee hatten der Deutsche Musikverleger-Verband (DMV), die Fachzeitschrift „Der Musikmarkt“ und die Bayerische Landesanstalt für neue Medien (BLM) Anfang Februar nach München geladen. Das Thema hieß „Nationaler Künstleraufbau: Das Repertoire der Zukunft? Wo bleiben die neuen deutschen und deutschsprachigen Rock- und Popstars?“

Angereist waren die Spitzen von namhaften Plattenfirmen (Jochen Leuschner/Sony Music, Heinz Canibol/EMI, Tim Renner/Universal, Susanne Schulenburg/BMG, Gerd Gebhardt/WEA), arrivierte Interpreten (Michael Holm, Nicole, Stefan Waggershausen) und Produzenten/Textdichter (Ralph Siegel, Frank Dostal, Curt Cress). Den Bereich Rundfunk vertraten Stefan Offierowski (Antenne Bayern), Rainer Tief (Bayern 3) und Matthias Holtmann (SWR3), einziger TV-Vertreter war VIVA-Geschäftsführer Dieter Gorny. Komplettiert wurde die Runde durch Minister Erwin Huber (Medienbeauftragter der bayerischen Staatsregierung), den Autor dieses Textes, Bernd Schweinar (Bayerischer Rockintendant/B.A. ROCK), und Wolf-Dieter Ring (Präsident der BLM). Ring definierte in seiner Eröffnung „die Halbwertszeit deutscher Interpreten“ treffend als „überaus gering“. Die Plattenbosse hielten sich bei ihrer Schelte auf die Radios weitestgehend zurück. Ihre Abverkaufszahlen belegen seit langem die Diskrepanz zwischen Verkaufs- und Airplay-Charts. Zumindest den Interpreten des deutschsprachigen Schlagers aber stößt das Formatradio mehr als sauer auf. Warum sind die dann so populär geworden fragte sich unterschwellig die Süddeutsche Zeitung in ihrer Berichterstattung und titelte recht süffisant: „Unbekannt aus Funk und Fernsehen“. Kaum ein Gedanke an die Uneigennützigkeit. Einzig Michael Holm brachte konkrete Vorschläge: „In attraktiven Sendezeiten sollte pro Stunde ein unbekannter Titel gefeatured werden, pro Woche sollte es zwei Stunden mit Newcomern aus dem deutschsprachigen Bereich geben, die zudem von einem attraktiven Moderator umgesetzt werden sollten“. Rainer Tief, Wellenchef von Bayern 3, und Stefan Offierowski erhielten – Problem der Sitzungs-Geografie hin oder her – die meisten Prügel. Ihre Verteidigungsschilde aber waren altbekannt, um nicht zu sagen alte Kamellen (Konkurrenzdruck, Hörerumfragen, Hörervorlieben...). Aber was hatte die Schlagerphalanx auch anderes erwartet? Die Sender werden ihre Klangfarbe nur ändern, wenn sich dadurch der wirtschaftliche Ertrag steigern läßt oder wenigsten nicht zurückgeht. Bei jeder anderen Veränderung sacken höchstenfalls Köpfe von Radioverantwortlichen in die Tiefe – dies gilt auch für die öffentlich-rechtlichen Sender. Was sollte also die zum Teil sehr krasse Diskussion, bei der die Radiovertreter verständlicherweise sehr schnell die Rolläden dichtmachten? Es mag sein, daß dies die erste Möglichkeit war, wo sich Interpreten und Programmverantwortliche gegenseitig beharken konnten, dem gemeinsamen Ziel von Problemanalyse und Perspektivensuche wurde es jedoch gar nicht gerecht. Einzig Dieter Gorny und der Autor selbst votierten für andere Wege wie die Wirtschaftsförderung analog der Filmförderung oder den Infrastrukturaufbau, um junge Talente frühzeitig an den Markt heranzuführen und Plattformen zu bieten, wo jeder Musikinteressierte sich auch mit Spaß einem Publikum präsentieren könne, wie Michael Holm sich dies zwischendurch auch gewünscht hatte. Nach Gornys Einschätzung sei die Situation des deutschen Musikmarktes so dramatisch auch wieder nicht. Es gebe eine Reihe neuer Bands, die Beteiligten müßten sich nur VIVA ansehen, wo faktisch 40 bis 50 Prozent deutsche Produkte gespielt würden. Doch VIVA alleine kann nicht für die Problembewältigung stehen. Umgekehrt vermag Jugendlichkeit aber auch leicht zu Vermessenheit verleiten. Rainer Tief (Bayern 3) artikulierte, daß der Sender „Bayern Eins“ oft händeringend nach neuen deutschsprachigen Titeln suchen würde. Woraufhin Ralph Siegel monierte, daß sich auf Bayern Eins leider nicht das anvisierte Käuferpotential für deutschsprachigen Schlager und Pop tummeln würde. Das Radio also nur eine Verkaufstheke? Wo bleiben die Ideen der Schlagermacher, wenn es um den „Point Of Sale“ geht? Wo bleibt das Bestreben, sich anzustrengen, um neue Wege zu beschreiten? Auch die Quotierung ist kein Ausweg. Dieser Forderung erteilte Erwin Huber, Leiter der Bayerischen Staatskanzlei, bereits in seinem Eingangsreferat eine klare Absage. Stattdessen müsse durch Qualität überzeugt und die Förderung junger, unbekannter Künstler forciert werden.

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