Zur Eröffnung der Salzburger Jubiläumsfestspiele 2010 hat der Dirigent und Pianist Daniel Barenboim eine Rückbesinnung auf die pazifistischen Ideale der Festspielgründer gefordert. Die Bedeutung des Festivals «als Quelle der Stärke und der moralischen Autorität» müsse genutzt werden, um extremistischen und fundamentalistischen Ideologien entgegenzutreten, sagte Barenboim am Montag im Großen Festspielhaus im österreichischen Salzburg. Man dürfe nicht zulassen, dass fremdenfeindliche Strömungen in Europa immer mehr Zulauf bekommen.
Zugleich mahnte Barenboim als Mitbegründer des West-Eastern Divan Orchestra, das aus Musikern aus Israel und den arabischen
Nachbarstaaten besteht, erneut eine Friedenslösung im israelisch-palästinensischen Konflikt an. Dabei müssten beide Parteien aufeinander zugehen. Wenn Israel echten Frieden wolle, müsse das Land alle in den Palästinensergebieten existierenden Fraktionen anerkennen, sagte der Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper Unter den Linden.
«Friede ist teuer. Doch keinen Friede zu haben, kommt noch teurer», sagte Barenboim in seiner Festrede. Der «unvergleichlich höhere Preis des Krieges» werde nämlich in Menschenleben gezahlt, einer Währung, die «völlig unakzeptabel» sei.
Der österreichische Bundespräsident Heinz Fischer hatte zuvor offiziell die Festspiele eröffnet. Fischer bezeichnete das Festival als einen «Fixstern des österreichischen Kulturlebens». DasDreigestirn des Regisseurs Max Reinhardt, des Dichters Hugo von Hofmannsthal und des Komponisten Richard Strauss habe vor 90 Jahren, nach der Katastrophe des Ersten Weltkrieges, ein Musik- und Theaterfestival begründet, das sich auch international größter Beachtung erfreue.
Als Geburtsstunde des weltbekannten Musik- und Theaterfestivals gilt die erstmalige Aufführung von Hofmannsthals «Jedermann» auf dem
Salzburger Domplatz am 22. August 1920. Am Montagabend sollte mit einem Festkonzert der Wiener Philharmoniker unter Barenboim auch der 50. Jahrestag der Eröffnung des Großen Festspielhauses gefeiert werden. Das Gebäude war am 26. Juli 1960 mit der Strauss-Oper «Der
Rosenkavalier» unter Herbert von Karajan eröffnet worden.
Der scheidende Festspielintendant Jürgen Flimm verlas zum Festakt einen Text des Festspiel-Mitbegründers Reinhardt. Zuvor sagte Flimm,
der ab Herbst als neuer Intendant der Berliner Staatsoper wirkt, Salzburg sei «die wichtigste künstlerische Zeit meines Lebens»
gewesen. «Ich habe Salzburg viel zu verdanken.»
Bereits am Sonntagabend hatte auf dem Domplatz der Festspiel-Dauerbrenner «Jedermann» seine umjubelte Premiere. In der
Regie von Christian Stückl spielte Nicholas Ofczarek erstmals die Rolle des reichen Mannes, der erst im Angesicht des Todes zum Glauben
findet. Er ist mit 39 Jahren der jüngste Jedermann der Festspielgeschichte. Die Buhlschaft spielte Birgit Minichmayr.
In der Jubiläumssaison bietet das Festival bis 30. August rund 200 Veranstaltungen aus Oper, Schauspiel, Konzert und Lesung. Am
Montagabend sollte Peter Steins Neuinszenierung von Sophokles' Tragödie «Ödipus auf Kolonos» Premiere haben, mit Klaus Maria
Brandauer in der Hauptrolle. Am Dienstag hebt sich der Vorhang für die Uraufführung von Wolfgang Rihms neue Oper «Dionysos».