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Musikalische Sozialisation findet heute immer weniger in der Familie statt. Sie wird medial via Cassette, Radio, TV und CD vermittelt. Es stellt sich die Frage, was da eigentlich vermittelt wird? Doch in erster Linie Musik, deren Klang durch den Einsatz von Technik bestimmt ist. Und das trifft besonders bei dem als das am natürlichsten geltende Instrument zu, unserer Stimme. Kein Schlager- oder Popsänger singt so, wie er singt: Filter, Echogeräte oder Mikrofon verändern den natürlichen Klang der Stimme. Der menschliche Nachahmungstrieb läßt sich davon aber nicht abhalten, und so versuchen viele junge Popmusiker vergeblich, einem Klang-Ideal nachzueifern, das ihrem Stimmmaterial überhaupt nicht entspricht. Oft steht dabei das klangliche Resultat in keinem Verhältnis zu den Bemühungen.
Daß man Popgesang und den Umgang mit technischen Hilfsmitteln auch lernen kann, führte Catrin Daniel von der Berliner Musikschule Friedrichshain vor. Seit 1988 bietet sie Gesangsunterricht im Fach Pop, Rock und Jazz an. „Gerade die Popmusikpraxis“, so die Dozentin, „stellt sehr hohe Anforderungen an die Stimme.“ Und diesen Anforderungen müsse man durch Stimmbildung, popspezifische Stilistik, durch Training von Showverhalten, sowie souveränem Umgang mit Mikrofon und Technik entsprechen. Gleich zu Beginn stellte Daniel die klassische Registerlehre auf den Kopf: Anstatt wie in der Klassik üblich mit 2/3 Kopf- und 1/3 Bruststimme zu singen, will sie von ihren Schülern 2/3 Brust- und nur 1/3 Kopfstimme. Das ergibt dann, je nach individuellem Stimmmaterial die gewünschte „Popstimme“. Zunächst mußten die Mitglieder ihres Popchores „The Young Singing Company“ einige stimmbildnerische Übungen demonstrieren. Beispielsweise das „Belting“, auf deutsch schnüren, oder das korrekte „Einmischen“ der Kopf- in die Bruststimme, damit der Eindruck eines einzigen Brustregisters sogar bis zum zweigestrichenen g entsteht. Lösten diese Vorführungen anfangs noch Skepis aus, so fand die Präsentation der einzelnen Sängerinnen beinahe ungeteilte Zustimmung. Interessant für die Musikschulpraxis war auch die anspruchsvolle workshopartige Probenarbeit. Ein Mädchen zeigte eine Nummer und wurde im Anschluß daran von ihren Kolleginnen kritisiert. Und das nicht zu kanpp. Da mögen in der Unterrichtspraxis oft die Fetzen fliegen oder die Tränen fließen. Einige Notenverlage hatten im Verlauf des Kongresse den Teilnehmern mangelnde Kompetenz bei den Popthemen vorgeworfen wurde. Catrin Daniel dagegen zeigte überzeugend, wie man’s macht.
[nmz1997/nmz9707/dossier/vorlage.htm]