Die Antwort kann nur lauten: Weil dies offenbar von niemandem in der deutschen Filmbranche (außer vielleicht von manchen Komponisten selbst) gewünscht wird. Man hat sich an die allgemein geringe Wertschätzung der Filmmusik in der Branche gewöhnt.
Ursache und Wirkung sind dabei kaum noch zu unterscheiden, denn Hand in Hand haben Produzenten und Komponisten gemeinsam die deutsche Filmmusik heruntergewirtschaftet und die Lust daran verloren. Film- und TV-Musik entsteht heute in der großen Mehrzahl aller Fälle unter unvorstellbar unprofessionellen Bedingungen.
Ursache und Wirkung 1: Mangelnder Sachverstand aller Beteiligten.
- „Ich weiß nicht – was soll ich Ihnen sagen?“
- „Das mit der Musik finde ich ja immer ganz schwierig.“
- „Die Musik muss halt einfach irgendwie funktionieren.“
Häufig gehörte Standardsätze von Produzenten und Regisseuren beim Briefing an den Komponisten, der – wenn musikalisch versiert, so doch nicht selten ohne filmdramaturgische Vorbildung – meist keinerlei derartige Unterstützung von seinen Auftraggebern bekommt. Ausgeschlossen aus der Entwicklung von Buch und Produktion, zu spät eingebunden in den Fertigstellungsprozess, werkelt er unter größtem Zeitdruck und meist völlig isoliert von den anderen Mitwirkenden.
Ursache und Wirkung 2: Künstlerische Eitelkeit statt Gesamtkunstwerk
Noch immer ist bei Produzenten und Regisseuren die Einstellung verbreitet, dass die Filmmusik in erster Linie Reparaturen an etwaigen Schwachstellen des Films zu leisten habe. Dabei wird übersehen, dass die Wirkung einer gelungenen Szene gerade aus dem optimalen Zusammenspiel aller Elemente entsteht. Doch viele der an Text und Bild Beteiligten fürchten eine übermächtige Wirkung der Filmmusik, die etwa die Leistung ihrer eigenen Gewerke überschatten könnte. Zu schmerzhaft ist die Erkenntnis, dass Musik auch jenseits der Grenzen von Text und Bild noch wirken kann. Das ist es aber doch gerade, was die Musik für den Film so wertvoll macht.
Ursache und Wirkung 3: Dumping
Zu bequem ist der Status Quo: Die Filmproduzenten entdecken immer wieder mit Freude, wie billig Filmmusik zu haben ist. Zu verlockend ist das Angebot: Filmmusik – oft sogar umsonst! Welcher Filmproduzent könnte da widerstehen? Und wie unkompliziert ist doch der Umgang mit No-Name-Leuten! Der Anteil von in der Regel höchstens einem halben Prozent für die Filmmusik am Gesamtbudget einer deutschen Filmproduktion deckt zumeist nicht einmal die Selbstkosten des Komponisten. Zur Entwicklung seines persönlichen Stils fehlen ihm die elementarsten Grundvoraussetzungen: Kompetenz gepaart mit hohem Anspruch und Grundvertrauen seitens der Auftraggeber, Zeit, Geld. Kurz: Spielräume.