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Peter Schmidt an seinem Salzburger Arbeitsplatz. Foto: Christoph Feiel
Peter Schmidt an seinem Salzburger Arbeitsplatz. Foto: Christoph Feiel
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Im Hintergrund, aber entscheidend tätig

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Peter Schmidt im Gespräch über Studium und Berufsfeld des Tonmeisters
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Peter Schmidt, der Leiter des Ton- und Videostudios am Salzburger Mozarteum hat kürzlich seine Dissertation in Buchform veröffentlicht: „Tonmeis­ter – Vermittler zwischen Kunst und Technik. Ausbildung, Persönlichkeit, Arbeitsumfeld“ ist sie betitelt und erhellt anhand ausführlicher, wissenschaftlich ausgewerteter Interviews die Entwicklung, die das Studium und das Berufsbild des Tonmeisters/Toningenieurs in den vergangenen Jahrzehnten genommen hat. Mit ihm hat Juan Martin Koch gesprochen.

Herr Schmidt, Wie war Ihr beruflicher Werdegang?

Bei der Beschäftigung mit Rock- und Popmusik bekam ich zunehmend Lust, mich mit der anderen Seite des Mischpults zu beschäftigen. Aufgrund der Fehlauskunft, man könne das Toningenieurstudium in Düsseldorf nur mit klassischer Gitarre machen (statt nach E-Gitarre hätte ich nach Jazzgitarre fragen müssen!) habe ich dann zunächst an der Berufsfachschule für Musik in Dinkelsbühl zwei Jahre klassische Gitarre studiert. Schon während des Doppelstudiums an der Robert Schumann Hochschule und an der Fachhochschule Düsseldorf habe ich in Studios, beim WDR und am Theater gearbeitet und bekam dann nach meinem Abschluss und ein paar Monaten bei Pro7 ein Angebot des Theaters Dortmund. 14 Jahre habe ich dort unter anderem als Leiter der Tonabteilung gearbeitet und habe dann am Mozarteum in Salzburg die Leitung des Ton- und Videostudios übernommen.

Was sind da Ihre Aufgaben?

Mein Schwerpunkt ist die Leitung der „Abteilung Digitale Medien“. Das ist eine Serviceabteilung, die CDs und Videoaufnahmen für Studierende und Lehrende macht: Dokumentationen von Konzerten und Opernproduktionen, Live-Schnitt, Live-Streaming etc. Seit 2010 unterrichte ich auch, denn es gibt die Möglichkeit für Studierende, eine Audio-CD als künstlerische Masterarbeit zu machen. Außerdem sind auch auf meine Anregung hin verpflichtende Einheiten im Bachelor und Master hinzugekommen, in denen eine Art „Grundüberlebensmedienbesteck“, also die Grundlagen für Audio- und Videoaufnahmen sowie das Hochladen ins Netz vermittelt werden.

Und dann kam noch das Doktoratsstudium hinzu. Wie kam es zu diesem Thema und zu dieser Form der qualitativen Inhaltsanalyse von Interviews?

Relativ oft wurde ich von interessierten Studierenden gefragt: Wie kann man Toningenieur werden? Gibt es Lehrberufe? Wie kann man es studieren, welche Hochschulen sind für welchen Bereich gut? Und da hatte ich oft keine guten Antworten. Ich habe dann ein wenig zu recherchieren begonnen, habe die Angebote verglichen und festgestellt, dass es bis auf die doch eher rudimentären Blätter zur Berufskunde eigentlich nichts dazu gibt. Einiges war im Archiv des Verbandes Deutscher Tonmeister (VDT) zu finden, und zwar oft in Form von Vorträgen und kleinen Interviews, und so kam die Idee zu dieser Form.

Dadurch, dass Ihre Interviewpartner unterschiedlich alt sind, kommt eine historische Perspektive in Ihre Arbeit hinein. Wie hat sich das Berufsfeld des Tonmeisters/Toningenieurs in den letzten Jahrzehnten geändert?

Was sich stark verändert hat, ist die Tatsache, dass es fast keine Festanstellungen mehr an den Rundfunkanstalten und bei den Schallplattenlabels gibt. Wenn man vor 25, 30 Jahren seinen Abschluss gemacht hat, konnte man sich mehr oder weniger aussuchen, was man machen will.

Das war dann das Berufsfeld Aufnahmeleiter?

Genau. Wenn man heute als Aufnahmeleiter arbeiten will, muss einem klar sein, dass man Freiberufler sein wird. Der Tätigkeitsbereich selbst und die Kompetenzen, die man mitbringen muss, haben sich kaum verändert. Aber die technische Weiterentwicklung ist natürlich gewaltig. Das Equipment, für das man früher einen großen Übertragungswagen gebraucht hat, passt heute in einen normalen PKW… Was sich außerdem verändert hat, ist die Vielseitigkeit, die man mitbringen muss. Wer sagt, er macht nur Aufnahmeleitung und sonst nichts, wird es schwer haben. Immer mehr wird angefragt, ob man nicht gleich den Videobereich mit abdecken kann (bei Demo-Aufnahmen etwa). Denn umgekehrt würde ein Videoanbieter den Ton natürlich mit machen, wenn auch nicht in der gleichen Qualität wie ein ausgebildeter Tonmeister. Da hat sich die Wertschätzung reduziert, weil es auch für Laien mittlerweile möglich ist, halbwegs brauchbare Aufnahmen zu machen.

Was bedeutet das für die Ausbildung? Muss diese breiter aufgestellt sein als früher?

In den Interviews kam diese Forderung sehr deutlich: Die Ausbildungsstätten müssten sich umstellen, um Video, Netzwerktechnik et cetera abzudecken. Das waren aber vielfach Gesprächspartner, die ihre Ausbildung schon vor längerer Zeit abgeschlossen haben. Vieles hat im Zuge der Bachelor/Master-Umstellung schon Einzug gehalten. Über die Module kann man sich in verschiedene Richtungen spezialisieren. In Düsseldorf etwa, wo die Ausbildung ja immer etwas technischer ausgerichtet war, gibt es jetzt jede Menge Module, um sich stärker in Richtung Aufnahmeleitung zu spezialisieren, und in Berlin gibt es eine sehr ausgeprägte Beschäftigung mit Theateranwendungen, auch mit Film. Die Ausbildungsstätten haben hier reagiert, haben sich aber auch klar abgegrenzt: Sie wollen keine eierlegenden Wollmilchsäue produzieren. Wenn man das ganze Feld abdecken wollte, würde man an der Oberfläche bleiben. Es soll schon der Audiospezialist herauskommen, der eine gute musikalische und technische Ausbildung hat. Das Problem ist nur: Weil es sehr viel Konkurrenz gibt, weil viele den Ton einfach mit anbieten, wird diese enorme Expertise der Tonmeister nicht mehr so geschätzt. Das liegt auch an veränderten Hörgewohnheiten. Bei vielen jüngeren Leuten ist diese Differenzierung gar nicht vorhanden. So gut wie keiner meiner Studierenden hier in Salzburg hat zu Hause so etwas wie eine Stereoanlage. Gehört wird zu 90 Prozent über Handy und Tablet, da sind wir von 3D-Audio weit entfernt … Damit schwindet natürlich auch die Akzeptanz, mehr Geld für einen wirklich gut ausgebildeten Menschen zu zahlen, der auch noch die letzten 20, 30 Prozent aus einer Aufnahme herausholt.

Am Mozarteum kann sich jeder Studierende ein Grundgerüst in Sachen Audio/Video aneignen. Haben Sie einen Überblick, wie weit das an Hochschulen verbreitet ist?

Überblick ist vielleicht zu viel gesagt, aber ich habe mit einigen Kollegen gesprochen. Das wird überall eingeführt, denke ich, Österreich ist eher ein wenig hinterher. In Wien, wo es ja das Tonmeisterstudium an der Musikuniversität (mdw) gibt, war es schon länger möglich, dass andere Studierende bei den Grundlagenkursen mitmachen konnten. In Trossingen, wo unsere Rektorin Elisabeth Gutjahr herkam, erhalten schon die Studierenden im Bachelor eine Art Schweizer Taschenmesser. Da werden dann diese Aufnahme-Skills zusammen mit Selbstmanagement, Vertragsrecht und anderen Themen aus diesem Bereich vermittelt.

Hochschulen bilden also Tonmeister und ihre Konkurrenten gleichzeitig aus?

Überspitzt gesagt, ja. Aber realistisch gesehen werden angehende Musiker eben nicht immer absolute Profis für ihre Aufnahmen und Demos engagieren können. Dann sollen sie es lieber halbwegs gut machen. Umgekehrt ist es aber so: Wenn sie dann einmal verstanden haben, was die Leistung eines Tonmeisters ist, wie viel Know-how da drinsteckt, welche kleinen Variationen in der der Wahl und Aufstellung der Mikrofone viel bewirken, welche Möglichkeiten der Nachbearbeitung es gibt und um wie viel besser das Ergebnis werden kann, dann kommen sie bei wirklich wichtigen Sachen hoffentlich doch zum Spezialisten. Über das Wissen steigt die Akzeptanz.

Eine Bewusstseinsbildung für Klang also?

Ja, eine Gehörschärfung wäre wichtig! Darüber kann sich der hochspezialisierte, bestens ausgebildete und auch teure Tonmeister wieder seine Rechtfertigung verschaffen. Die Wertschätzung dieser wichtigen Arbeit war schon einmal größer und urheberrechtlich wird sie auch nicht gewürdigt …

Welche Rolle spielen private Anbieter im Ausbildungsbereich?

Sie füllen eine Lücke, die dadurch entstanden ist, dass es in der Ebene unterhalb des Toningenieurs/Tonmeisters eigentlich keine lehrberufartige Ausbildung mehr gibt. Früher haben die ARD-Rundfunkanstalten ihre Tontechniker mehr oder weniger selbst ausgebildet. Es gab da ein Institut in Nürnberg, das irgendwann ersatzlos gestrichen wurde. Jetzt gibt es zwar den Mediengestalter Bild und Ton als staatliche Ausbildung. Die ist aber auch sehr breit angelegt und bleibt deshalb im Tonbereich eher an der Oberfläche. Den Tontechniker als eigenen Lehrberuf gibt es nicht und hier kommen die privaten Institute ins Spiel und machen das auch gut. Die anfangs belächelte SAE hat sich zum Beispiel sehr gut entwickelt, es gibt da auch im VDT keine Berührungsängste mehr.

Würden Sie zum Tonmeister-Studium raten?

Lassen Sie es mich so sagen: Es gibt immer wieder Wellenbewegungen beim Bedarf nach bestimmten Berufen. Wenn jemand sagt, das ist es, was ich machen möchte, ich habe diese musikalisch-technische Doppelbegabung und es ist das, was mich wirklich interessiert, dann schon. Ich würde aber auch reinen Wein einschenken: Es muss einem klar sein, dass man sehr breit aufgestellt sein muss, um davon leben zu können und dass man wahrscheinlich keine Festanstellung bekommen wird. Wenn jemand dann immer noch ja sagt, dann würde ich nach wie vor 100 Prozent dazu raten. Wenn man an einem der Punkte nein sagt, dann eher nicht.

Nochmal zurück zum Titel Ihres Buches: Sehen Sie sich mehr als Künstler oder als Techniker?

Ich sehe mich wirklich genau dazwischen! Es kommt aber natürlich auch auf die jeweilige Aufgabenstellung an. Es gibt schon überwiegend technische Jobs, wenn man zum Beispiel den ganzen Tag lang Mikros für eine aufwändige Live-Produktion aufhängt. Wenn ich dann aber richtig am Klang arbeite und entsprechende Einstellungen vornehme, fühle ich mich eher als Künstler. Aber das ist genau der Punkt – an dieser Schnittstelle fühle ich mich wohl, und das war übrigens auch die Quintessenz aus den Interviews. Hinzu kommt, dass Tonmeister oftmals kein großes Interesse haben, in der Öffentlichkeit oder auf der Bühne zu stehen. Das Selbstdarstellungs-Gen fehlt den meisten fast gänzlich.

Im Hintergrund, aber entscheidend tätig . . .

Ja, das ist genau der Punkt!


Studienangebote:

Universität der Künste Berlin
Achtsemestriger Bachelor- und zweisemestriger Master-Studiengang. Das Studium ist künstlerisch und kreativ ausgerichtet, mit den drei Schwerpunkten Klassik, Popularmusik und Ton zum Bild.
https://www.udk-berlin.de/studium/tonmeister/

Erich-Thi­en­haus-In­sti­tut der Hoch­schu­le für Mu­sik Det­mold
Folgende Bachelor- und Masterstudiengänge werden angeboten: Mu­sik­über­tra­gung (B. Mus.), Mu­si­kre­gie (M. Mus.), Klang­re­gie (M. Mus.), Mu­si­cal Acou­stics (M. Sc./Promotion).
https://www.eti.hfm-detmold.de

Hochschule und RSH Düsseldorf
Die Hochschule Düsseldorf bietet die technische Qualifikation, die Robert Schumann Hochschule vermittelt die künstlerisch-gestalterische Qualifikation. Das Studium hat eine Regelstudienzeit von 8 Semestern.
https://medien.hs-duesseldorf.de/btub

Universität für Musik und Darstellende Künste Wien
Das Tonmeister-Studium dauert 10 Semester und gliedert sich in zwei Studienabschnitte: Der erste dauert 4 Semester und wird mit der vollständigen Absolvierung der ersten Diplomprüfung abgeschlossen. Der zweite dauert 6 Semester und bietet neben einer Vertiefung der Ausbildung eine Spezialisierungsmöglichkeit. Der Studienabschnitt wird mit der vollständigen Absolvierung der zweiten Diplomprüfung abgeschlossen.
https://www.mdw.ac.at/79/

Zürcher Hochschule der Künste
Neben den BA- und MA-Studiengängen Tonmeister bietet das Departement Musik in Zusammenarbeit mit der Kunstuniversität Graz Bewerbenden einen 3. Zyklus an. Zudem besteht die Möglichkeit, im Institute for Computer Music and Sound Technology (ICST) und dem Institute for Music Research (IMR) vertiefende Erfahrungen zu sammeln.
https://www.zhdk.ch/studium/musik/tonmeister

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