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Gaststätte. Foto: Hufner
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Johannes Th. Eschen-Preis der Deutschen Musiktherapeutischen Gesellschaft 2020 für Dominik Denkmayr

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Dominik Denkmayr (Universität für Musik und darstellende Kunst Wien) erhält für seine Abschlussarbeit: Wann ist wieder Männerstammtisch? Gendersensible Musiktherapie und ihr Potential in der Ausbildung im Musiktherapiestudium Wien den Johannes Th. Eschen-Preis 2020 der Deutschen Musiktherapeutischen Gesellschaft.

Die Diplomarbeit entstand im Rahmen des Diplomstudienganges Musiktherapie am Institut für Musiktherapie der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Betreuerin: Dr. sc. mus. Elena Fitzthum.

Der Autor setzt sich mit dem Geschlechterverhältnis in der Musiktherapie auseinander mit folgenden Leitfragen: Wie erleben Studierende das ungleiche Geschlechterverhältnis im Musiktherapiestudium? Welche Bedeutung haben für die Teilnehmer.innen der Diskussionen gendersensible Aspekte der Musiktherapie? Wie können diese Themen in die Ausbildung eingebracht werden und welche Bedeutung hat der Männerstammtisch für Studierende?

Beim theoretischen Hintergrund der Arbeit wird die kritische Männlichkeitsforschung anhand von Standardwerken herangezogen. Als Forschungsmethode wurden drei Gruppendiskussionen durchgeführt und mit Hilfe der dokumentarischen Methode nach Ralf Bohnsack analysiert und ausgewertet.

Begründung: Mit sehr großer Übereinstimmung wird die Studie als „Preisträgerarbeit“ ausgezeichnet. Die Jury sieht es als sehr gelungen an, dass mit der rekonstruktiven Sozialforschung eine „passgenaue Methode“ für das Thema gefunden wurde. Überzeugend ist, auf welche Art und Weise der Autor die Fragestellung entwickelt und die Methodik sehr deutlich und transparent erklärt: „Ein stringentes qualitatives Forschungsdesign“. Das Thema der Geschlechterfrage ist hochaktuell, begründet die Jury, es ist so noch nicht bearbeitet worden und bekommt für die Identität und die Weiterentwicklung des Berufs einen nachhaltigen Stellenwert. Gerade weil das Thema auch oft Widerstände hervorruft, gelingt es dem Autor mit der kreativen Idee der drei unterschiedlichen Diskussionsgruppen, das Thema von ganz verschiedenen Seiten zu berücksichtigen. Auch die Form hat die Jury beeindruckt: Die Illustrationen ermöglichen beim Vergleichen eine sehr gute Zusammenfassung und einen optimalen Überblick. Die Jury betont außerdem, dass der Autor in seinen „Mehrfachrollen“ für seine Selbstreflexion eine angemessene Sprache auch in den Rahmenbedingungen und Limitationen gefunden hat. Die dokumentarische Methode stellt der Autor der Forschungslandschaft zur Verfügung und mit wertvollen Hinweisen für eine gendergerechte Ausbildung und dem Verweis auf Einzelthemen wie z.B. Generationenkonflikt sollte ein Ansporn entstehen für weitere neue Arbeiten.

Fazit der Jury: „So kann Forschung Spaß machen, die mit Lust gelesen wird, das Thema ist stringent und grandios auf den Punkt gebracht, eine mutige Vorgehensweise, ein humorvoller Schreibstil, ein echter Glücksgriff!“

Darüber hinaus zeichnete die Jury des Eschen-Preises 2020 eine weitere Arbeit mit einer Belobigung aus: Marlene Emminger: Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Umgang mit Musik: Eine vergleichende Fragebogenstudie unter Jugendlichen in Anwendung der „Healthy-Unhealthy Uses of Music Scale“ (HUMS). Diplomarbeit am Institut für Musiktherapie, Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Betreuer: Prof. Dr. med., Dr. sc. mus. Thomas Stegemann.

Der Fragebogen HUMS erfasst, ob Jugendliche ihren Umgang mit Musik als hilfreich oder nicht hilfreich einschätzen. In der quantitativen Studie der Autorin wird der Praxisbezug geprüft und untersucht, in welchem Zusammenhang eine depressive Symptomatik mit dem Umgang Jugendlicher mit Musik steht.

Begründung: Die Jury lobt das engagierte Forschungsinteresse und den wissenschaftlichen Ansporn der Autorin, die internationale und interdisziplinäre fachliche Aspekte in ihre Arbeit zu integrieren weiß. Die Arbeit wird einerseits hilfreich durch die statistischen Ergebnisse, so die Jury, als auch für die Community vor allem durch die Literatur, die hierbei zur Verfügung gestellt wird. „Für die Grundlagenforschung ist die Studie als Nachfolgeuntersuchung eine bedeutende Arbeit.“ Sie erweitert die musiktherapeutischen Kompetenzen hinaus mit einem medizinischen Forscherideal. Die Jury bescheinigt der Autorin eine saubere und sehr gründliche Arbeit; sie zeigte sich ebenfalls beeindruckt von der überzeugenden abschließenden Diskussion, die auch für andere Disziplinen erkenntnisreich ist.

Fazit der Jury: „Eine wichtige Folgeforschung, hier zeigt sich ein Forschungstalent, eine tolle Arbeit: engagiert, gewissenhaft, ausführlich, sorgfältig, insgesamt: eine sehr starke Forscherin!“.

In ihrem Abschlussstatement hob die Jury insgesamt das hohe Niveau der Arbeiten hervor. In der Qualität hätten die nominierten Bewerberinnen und Bewerber sehr nahe beieinander gelegen. Die fachlichen Kriterien seien sehr gut erfüllt worden. Jedoch sollten, so die Jury, auch immer die Ergebnisse überzeugend dargestellt und auch Wert gelegt werden auf die Transparenz der Methodik und des Forschungsdesigns. Diskussion wie Urteilsfähigkeit sollten authentisch formuliert werden.

Allgemein haben sich die Forschungskompetenzen weiterentwickelt, so ein Resümee der Jury. Auch das breite Spektrum an Themen mit einer hohen Sensibilität für aktuell notwendige Fragestellungen habe sie beeindruckt, von interkulturellen Themen wie der Arbeit mit Migranten bis hin zur Darstellung von Instrumenten, von der musiktherapeutischen Elternarbeit in der Neonatologie bis zu Persönlichkeitsstörungen.  

Beim Eschen-Preis 2020 waren insgesamt 20 Bewerbungen bis zum Einsendeschluss Ende März 2020 eingegangen, jeweils etwa zu einem Drittel aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Im Mai 2020 hatte ein Vorjury sechs Arbeiten für den diesjährigen Eschen-Preis 2020 nominiert (s. www.musiktherapie.de), davon vier aus Österreich und jeweils eine aus Deutschland und der Schweiz.

Hintergrund
Johannes Th. Eschen-Preis der Deutschen Musiktherapeutischen Gesellschaft

Der Preis will junge deutschsprachige Autorinnen und Autoren bei ihrer musiktherapeutischen Forschungsarbeit unterstützen und zur Qualitätsentwicklung musiktherapeutischer Arbeiten beitragen. 

Der Namensgeber des Preises Prof. Johannes Th. Eschen (1928 – 2013) hat als Pionier der Musiktherapie besonders in den 70er – 90er Jahren des letzten Jahrhunderts die Entwicklung der Musiktherapie in Deutschland und international wesentlich gefördert. Im Rahmen seiner Vorstandstätigkeit für die Deutsche Gesellschaft für Musiktherapie hat er die Entstehung von staatlichen Studiengängen mit initiiert und unterstützt. Als langjähriger Vizepräsident der Hamburger Musikhochschule hat er viele Musiktherapeutinnen und Musiktherapeuten ausgebildet.

Organisation des Preises:  Der Preis wurde von der Redaktion der Fachzeitschrift „Musiktherapeutische Umschau“ (MU) angeregt und seit 1998 von dort organisiert mit der Förderung durch die Deutsche Musiktherapeutische Gesellschaft. Er wird alle zwei Jahre ausgeschrieben, im Jahr 2020 zum elften Mal. Dazu waren Bewerber.innen mit ihren Abschlussarbeiten aus den Jahren 2018 / 2019 angesprochen.

Der 12. Eschen-Preis findet voraussichtlich 2022 statt und wird für die Abschluss-Jahrgänge 2020 und 2021 ausgeschrieben. An der Vorjury beteiligen sich Redakteur.innen der Fachzeitschrift „Musiktherapeutische Umschau“. Die Hauptjury setzt sich aus Mitgliedern des wissenschaftlichen Beirats der MU sowie externen Persönlichkeiten zusammen.