Mozarts Musik hören und die Noten digital mitlesen oder bequem die Druckausgabe mit der originalen Handschrift vergleichen: Diese und andere Möglichkeiten bietet die neue digitale Mozart-Werkausgabe, die in Salzburg an den Start gegangen ist.
Die Salzburger Stiftung Mozarteum hat mit dem Start der ersten volldigitalen Mozart-Ausgabe (DIME) ein neues Zeitalter der Musikedition eingeläutet. „Dies ist eine wirkliche Revolution“, sagte Christoph Wolff vom Packard Humanities Institute in Los Altos/Kalifornien, Projektpartner der Stiftung, am Freitag in Salzburg. Es handele sich nicht um abfotografierte Bilder der gedruckten Ausgabe wie bei der schon seit 2005 verfügbaren Neuen Mozart-Ausgabe (NMA) Online, sondern um einen voll digitalisierten Notentext, in dessen maschinenlesbaren Quellcode auch die dazugehörigen Autographe und Erstdrucke hinterlegt seien.
Der Notentext sei gleichsam „verflüssigt“ worden, sagte Wolff, und stehe nun kostenlos für zahlreiche nicht-kommerzielle Anwendungen zur Verfügung. So können etwa Musikfreunde, Wissenschaftler sowie Profi- und Hobbymusiker verschiedene Ausgabe miteinander vergleichen oder gezielt bestimmte Takte ansteuern. Auf einer speziellen Benutzeroberfläche kann man den Notentext mit auf DIME gespeicherten Musikaufnahmen synchronisieren und die Partitur bequem mitlesen; die aktuell gespielte Sequenz wird dabei farbig markiert.
Bislang umfasst das Projekt allerdings erst wenige Stücke Mozarts wie „Eine kleine Nachtmusik“ oder das „Ave verum corpus“. Innerhalb der nächsten Jahre soll schrittweise das gesamte musikalische Schaffen des österreichischen Musikgenies – mehr als 600 Werke mit rund 25 000 Seiten – digital und interaktiv zugänglich gemacht werden. Alle Daten, auch der DIME-Quellcode, sind frei zugänglich („open source“) und können in beliebige Projekte integriert werden, etwa eine „Mozart-App“.
Die neue digitale Mozart-Gesamtausgabe soll nicht in Konkurrenz zu den gedruckten Ausgaben der großen Musikverlage stehen. „Wir sind mit DIME weit entfernt von einem aufführbaren Notenmaterial“, sagte Ulrich Leisinger, wissenschaftlicher Leiter der Stiftung Mozarteum.
Im Gegenteil könnten die Verlage selbst an das Angebot „andocken“ und davon profitieren. Im Konzertalltag haben sich digitale Noten noch nicht durchgesetzt. „Die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Ausgaben, für die deutsche Musikverlage weltweit bekannt sind, ist trotz digitaler Angebote und freier Verfügbarkeit ungebrochen“, sagte Birgit Böcher, stellvertretende Geschäftsführerin des Deutschen Musikverleger-Verbandes.