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Moritz Eggert. Foto: Juan Martin Koch

Moritz Eggert.

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Let’s do it!

Untertitel
Absolute Beginners 2024/04
Vorspann / Teaser

Jede Nation hat ihre Stereotypen. Wir Deutschen gelten als gründlich und grüblerisch und Europäern wird insgesamt nachgesagt, eher pessimistisch und skeptisch zu sein. Auch die Kunst kennt einen „europäischen“ Typus: Filme und Bücher haben gerne offene Enden, wir lieben Andeutungen und Subtilität und verabscheuen es, wenn etwas zu offensichtlich oder platt daherkommt. In den deutschen Kompositionsklassen finden oft hochphilosophische und tiefgehende Diskussionen über Ästhetik statt, die auch etwas Lähmendes haben können – junge Komponierende werden mit Zweifeln über das Komponieren an sich konfrontiert und haben das Gefühl, alles begründen zu müssen. Die von Schönbergs Pädagogik geprägte Lehre versucht junge Studierende eher vom Studium abzuhalten als sie zu ermutigen. Ich erinnere mich auch an solche kritischen Bemerkungen meiner ersten Lehrer. Das war wie eine Art „Test“, ob man wirklich daran glaubt, Komponist werden zu können.

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Umso spannender ist es, von Zeit zu Zeit mit einem ganz anderen kulturellen Ansatz konfrontiert zu werden. Gerade eben hatte unsere Hochschule eine US-amerikanische Operntruppe zu Gast, die mit unseren Studierenden innerhalb von nur eine Woche neu zu komponierende Arien erarbeitete, die direkt vom Schreibtisch auf die Bühne gebracht wurden. Ziel des Workshops war es, den Komponierenden die Perspektive der Performer zu vermitteln – was ist sperrig, was funktioniert sofort? Was lässt sich gut, was lässt sich schlecht singen?

Die Amerikaner erfüllten jedes Klischee, welches wir über sie haben. Ihre Präsentationen und Workshops waren von einem strotzenden Selbstbewusstsein und grundsätzlicher Positivität geprägt, den wir Europäer oft vermissen lassen. Man sollte das keineswegs mit Arroganz verwechseln, ganz im Gegenteil – gegenseitige Kritik spielte absolut eine Rolle, aber immer im Sinne gegenseitiger Ermutigung und einer grundsätzlichen Haltung von „wir schaffen das, egal wie!“

Wir dürfen nicht vergessen, dass bei allen Problemen in den heutigen USA diese energetische Haltung etwas ist, das ihrer Nation einst zu Stärke verholfen hat. Um als Künstlerin in den USA zu überleben, braucht man wesentlich mehr Optimismus als in Europa. Bei uns gibt es im Vergleich zu den USA eine grundsätzliche Wertschätzung von Hochkultur, junge Talente bekommen alle möglichen Förderungen und werden auf viele Weise unterstützt, nicht zuletzt durch ein reichhaltiges Konzertleben – in den USA ist dagegen fast alles privat gefördert und findet unter ungleich schwierigeren Bedingungen statt. Auf der Suche nach Mäzenen darf man nicht zaudernd rüberkommen – man muss sich selbstbewusst hinstellen und laut „I can do it!“ rufen, um eine Chance zu haben.

Auf den ersten Blick mag uns Europäern das leichtsinnig und unüberlegt vorkommen. Wenn man aber wieder einmal eine der zaudernden und von tiefem Pessimismus geprägten Kulturdebatten in unserem Land verfolgt, wirkt das Affirmative und Begeisterungsfähige der Amerikaner im Gegensatz dazu ungeheuer erfrischend. 

Denn ja: am Ende geht es doch darum, Kunst zu machen, anstatt immer nur herumzusitzen und zu zweifeln. Das mögliche Scheitern gehört dazu, das Risiko ebenfalls. Was haben wir schon zu verlieren? – Let’s do it!

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