Unsere Musiklandschaft ist aufregend wie das „Schlecker“-Raumspray „Ozean“: gefangen zwischen dreitägigem Fußschweiss und geriebenen Zehennägeln. Auf der einen Seite (E-Musik) weht ein Odeur der Fäulnis. Verursacht von Krawattenträgern im Endstadium mit Berlusconi-Syndrom (Schlips stört Sauerstofftransport zum Zerebrum). Auf der anderen Seite (U-Musik) Mafia-kompatible Jeansträger, deren Geweih auf bessere Tage wartet und provisorisch von Büroklammern fixiert wird, die McKinsey als gerade noch rentabel durch den Etat gewinkt hat. Klar, dass musikalische Revolutionen weit entfernt sind. Letzter Fixpunkt: Hardrock der 80er, der seine Evolution der verpassten Selektion der blonden Friseusen zu verdanken hat.
Mal ehrlich. Die Entscheider gehören abgewrackt. Nicht unsere Autos. Aber „Wir Volk“ sind ja genauso untauglich zu revolutionieren:
Da hätten wir die Hauptschüler. Nachdem sie das Monster Hip Hop erschaffen haben, wandern sie nun in den Bau, haben die deutsche Sprache in die Steinzeit und die Kriminalitätsrate nach oben katapultiert.
Die verlorene Generation zwingt uns seit der Wiedervereinigung auf „Afterwork-Partys“ mit Techno und „Caipis“ in die Knie. Daneben lauern die in Kegelvereinen organisierten Frustrierten und röhren aus dem Hinterhalt des mallorquinischen Sandes „Geh doch zu Hause, du alte Scheisse“. Den Bürofachkräften verdanken wir das Radioformat. Immerhin 40 Songs umfasst ihr Horizont. Darunter „Last Christmas“ (gerne auch im Sommer) und „Männer“. Die Alten darf man ob einer musikalischen Revolution erst gar nicht ansprechen. Weil sie sofort wegen der mickrigen Rente kollabieren oder auf Liedgut zurückgreifen, das indiziert ist, sie aber dennoch an Revolution erinnert.
Was bleibt? Unsere Unis. Doch deren Insassen sind kulturell attraktiv wie eine Darmspiegelung. Kein Hauch der 68er Umsturz-Erotik bei den Studentinnen. Entweder haben sie Antlitz und Charme eines Bulldozers, stülpen ihre Bierfass-Schenkel in hautenge Leggings und unterbinden Zudringlichkeiten mit Einwürfen zu Hegels Gesamtwerk. Musikalisch sind sie auf brechtsche Vertonungen festgenagelt. Oder sind dünn wie Parkuhren, besitzen synonyme Attraktivität und riechen aus dem Mund, weil die letzte Nahrungsaufnahme drei Wochen zurückliegt und fettfreier Magermilchquark war. Sprechen wollen sie nur über das aktuelle Chris de Burgh-Album.
Wenig besser der Student. Er lässt sich die Haare vom Schwesterchen zum Pferdeschwanz knüpfen, hat Nickelbrille und Kinnbärtchen. Oder wiegt vierzig Kilo zuviel, trägt T-Shirts längst verstorbener Speedmetal-Bands und sieht immer so aus, als wäre er just dem siffigen Zelt des letzten Open-Airs entstiegen und völlig perplex, dass alle Leute weg sind und keine Band mehr spielt. Beide Typen sind Waschlappen und kennen Adorno. Musikalische Revolution an den Unis? Fehlanzeige.
Konsequenz: Pop braucht Regulierung und Beauftragte. Vielleicht ein Tandem? Wenn Söder will, ich steh bereit.