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Die Werbung hat schon lange die klas-sische Musik entdeckt. Das Bier schäumt nur bei bestimmten Klängen von Richard Strauss richtig lecker, ein glücklich lächelndes Pärchen lutscht bei „La Donna é mobile“ nur noch an einer bestimmten Nudelsorte, und vor jeder Sendung werden wir aufgeklärt, welches Produkt uns netterweise den folgenden Spielfilm präsentiert. Warum eigentlich haben die über ständige Geldnot klagenden Theater- und Opern-häuser die Werbung noch nicht für sich entdeckt? Da gibt es geradezu unendliche Möglichkeiten. Fangen wir bei den ganz einfachen Produktübereinstimmungen wie Othello oder Tosca an. Othello, unterstützt von einer gleichnamigen Telefonfirma, darf Desdemona mit einem neuen Handy überwachen oder stellen Sie sich die dramaturgische Eleganz vor, wenn Tosca soeben von der Engelsburg gehüpft ist, und ein Transparent entrollt wird: „Tosca – was bleibt, ist ein Duft von Zärtlichkeit.“ Ja, und dann gibt es Werke, denen ein bestimmter Sponsor geradezu auf den musikalischen Leib geschrieben wurde. Kennen Sie den freundlichen Herrn, der immer aus einem Gebüsch springt, um seine Orangen zu zeigen? Richtig, Onkel Dittmeyer, schmeckt wie frisch gepreßt. Und was paßt da besser als Onkel Dittmeyer und seine Liebe zu den drei Orangen, die Musik zum Werbespot komponiert von einem gewissen Sergej Prokofjew. Das Ziel des Sponsors wäre dann voll erreicht, wenn es heißen würde: „Mensch, dieser Prokofjew klang ja frisch gepreßt.“
Man könnte auch ganz neue Absatzmärkte schaffen und Menschen in die Theater locken, die nie ein solches von innen gesehen haben. Frauenheld Don Giovanni, eine Opernfigur mit einigem Stehvermögen wird gesponsert von Viagra, auf jedem Platz finden sich kleine Probepackungen, was glauben Sie, wie schnell die Vorstellungen ausverkauft wären? Richtig teuer wird es für den Sponsor aber erst, wenn der Markenname wie selbstverständlich in der Inszenierung auftaucht. James Bond fährt ja auch immer nur BMW und Product Placement heißt der branchenübliche Fachausdruck. Das eröffnet wieder ganz neue Herausforderungen für die Regisseure, zum Beispiel bei einer Lohengrin-Inszenierung. Der Vorhang geht auf, wir sehen eine öde Fabriklandschaft, Elsa und Lohengrin in sterile Laborkittel gehüllt, dann blinkt plötzlich eine rote Neonleuchtschrift: „Zimbo Geflügelwurst“. Da erscheint die Arie „Nun sei bedankt, mein lieber Schwan“ noch in einem ganz neuen Licht. Und da wir gerade von Wurst reden: Lassen Sie sich doch mal das Wort „Macbeth“ auf der Zunge zergehen. „Mac“ und „Beth“. Zwischen McChicken oder McRibb liegt dann der saftige Macbeth, extra blutig, versteht sich. Verdi-Wochen bei McDonalds, das wär doch mal was.