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Veranstaltungsfoto aus dem Kalender der Hochschule.
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Mozart würde Handy tragen – Zickenkriege bei Mozart oder: So machen’s (jetzt) alle

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Dresdens Musikhochschule interpretiert „Così fan tutte“ studentisch modern - auf musikalisch hohem Niveau. Die Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden hat es derzeit sehr schwer: Als Haus ohne Hüter wartet die Bildungseinrichtung seit dem Rücktritt ihrer umstrittenen Rektorin, die damit einer drohenden Abwahl zuvorkam, auf sinnvolle Weichenstellungen für die Zukunft. Momentan fährt die Hochschule quasi auf Sicht: Strukturelle Entscheidungen sind auf später verschoben, der generelle Modus besagt, bislang geht alles so weiter wie bisher. Schlimmstenfalls könnte das Stillstand und / oder Rückschritt bedeuten.

Modisch oder Modern? - Hauptsache Mozart!

Glücklicherweise handelt nicht mal die alljährliche Operninszenierung danach, die stets als Koproduktion der Musikhochschule mit der Hochschule für Bildende Künste Dresden (Bühnenbild und Kostüme) im Kleinen Haus des Staatsschauspiels herauskommt. In diesem Jahr hat sie sogar Fortschritte gemacht und eine inszenatorisch halbwegs ausgewogene Produktion der Opernklasse auf die Bühne gebracht.

Bei Mozarts „Così fan tutte“, so könnte man denken, ist ja gar nicht falsch zu machen. Was erwiesenermaßen ein Trugschluss ist. Wieso aber eine Frau als Regisseurin – Barbara Beyer als Leiterin der Opernklasse – die Frauen in dieser Treueprobe als Spiel im Spiel regelrecht vorführen will, muss ihr Geheimnis bleiben. Dabei hat alles hübsch bunt begonnen: Die Schwestern Dorabella und Fiordiligi hausen in einem durchaus luxuriösen Ambiente aus Wohnraum und Dachterrasse, zu dem lediglich ihre etwas schlampigen Outfits nicht recht passen mögen. Dass sie ihre Liebsten Ferrando und Guglielmo auf Mobiltelefonen anschwärmen, fügt sich hingegen glaubhaft ein. Hätte Mozart heute wohl auch so gemacht.

Aber just wenn Don Alfonsos perfide Wette um die (Un-)Treue der Frauen zu scheitern droht, schütten sich die beiden Schwestern mit Whiskey und Wodka zu, wodurch die kaum verkleideten Herren natürlich eher zum Zuge kommen - und kräftig ernüchtert sind.

Mozart würde Handy tragen

Nachdem der erste Akt heiter bis albern geriet, wächst nach der Pause der psychologische Gehalt dieser „Schule der Liebenden“. Plötzlich sind Ferrando und Guglielmo entsetzt, wie Recht Don Alfonso doch hat, und fallen übereinander her. Am Ende tun sich keine menschlichen Abgründe auf, sondern purer Alltag. Durch diese Schule sind beide Paare gegangen, einschließlich Despina, die fesche Haushälterin, die das böse Spiel Alfonsos verkleidetermaßen unterstützt.

Neben dem Unterhaltungsfaktor liegt der Wert dieser Produktion vor allem im Austesten des Spielerischen und Sängerischen. In der Premierenbesetzung gelangen glaubhafte Szenen von hoher Musikalität. Julia Pietrusewicz und Sol Her wechseln von gelangweilten Mädchen im Schlabberlook zu selbstbewussten Schönheiten, Seongsoo Ryu und Damien Gastl reifen in ähnlicher Weise von WG-Jungs zu erfahrenen Männern. Stimmlich liefern sie alle jugendliche Pracht und Flexibilität ab, was in Ensembles und Soli immer wieder zu Szenenapplaus führt.

Chorszenen kommen entweder aus der Konserve oder sind ganz gestrichen, was hier nicht als Manko wirkt. Artus Garbas als Don Alfonso kehrt nicht den Rechthaber hervor, spielt nicht mal den Strippenzieher, singt sonor und weiß mit Annina Battaglia eine bezaubernde Despina an seiner Seite. Schelmisch mit biegsamem Sopran, gerät sie zu einer heimlich treibenden Kraft in diesem Spiel.

Sieben Vorstellungen in wechselnden Besetzungen folgen – eine gute, absolut praxisbezogene Grundlage für den späteren Beruf. Dank der Vernetzung mit den Bildenden Künsten (Ausstattung: Rimma Elbert) lässt sich hier ein studentisches Miteinander erproben, das ebenso frisch wie zeitgemäß wirkt. Was nicht zuletzt auch vom Hochschulsinfonieorchester unter Leitung von Franz Brochhagen gesagt werden kann. Stringenz, mitunter etwas bläserlastig und in aller Vitalität unüberhörbar mit Aufregung gepaart, die einem modernen Mozart gut zu Gesicht steht.

Weitere Vorstellungen:

  • Mi, 09.05. 19:00
  • So, 13.05. 16:00
  • Mo, 28.05. 18:00
  • Do, 31.05. 19:30
  • Sa, 02.06. 19:30
  • Di, 05.06. 19:30

www.hfmdd.de

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