Christine Mielitz lebt ihr Leben für die Oper. Das klingt womöglich etwas plakativ, trifft aber die sprichwörtlichen Nägel auf den Brettern, die uns die Welt deuten, direkt auf den Kopf. Christine Mielitz hat ihr Arbeitsleben dem Musiktheater gewidmet. Womöglich blieb ihr schon ziemlich früh nicht sehr viel anderes übrig, denn ihr Vater war Konzertmeister in Chemnitz, sie ist also mit Musik aufgewachsen.
Für ihre Karriere hat Christine Mielitz die sächsische Heimat allerdings beizeiten verlassen und studierte ab 1968 Opernregie an der Berliner Hochschule für Musik Hanns Eisler, wo Koryphäen wie Götz Friedrich und Harry Kupfer ihre wohl wichtigsten und prägendsten Lehrmeister wurden. Ersterer ging wenige Jahre danach in den Westen und krönte sein Lebenswerk als Generalintendant der Deutschen Oper Berlin. Letzterer zählt noch immer zu den bemerkenswertesten Opernregisseuren Deutschlands und hat in den 60er Jahren, als er Oberspielleiter im damaligen Karl-Marx-Stadt war, die junge Frau Mielitz erst zu einem Praktikum, dann als seine feste Assistentin an die Oper nach Dresden geholt, wo er von 1972 bis 1981 Operndirektor gewesen ist.
Hier dürfte Christine Mielitz das Musiktheater-Handwerk als Oberspielleiterin gründlich kennengelernt haben. Hier inszenierte unter anderem die Uraufführung „Abu Said“ von Eberhard Eyser sowie Repertoirestücke von Dvorák, Gluck und Mozart. Noch heute ist ihr 1983 herausgekommener Publikumsrenner „La bohème“ von Giacomo Puccini im Dresdner Spielplan, nunmehr an der Semperoper. Aus demselben Jahr stammt Mielietz‘ erstaunlich aktuell gebliebene Sicht auf „Lohengrin“ von Richard Wagner, die das Publikum im vorigen Jahr zum 200. Geburtstag des Leipziger Dichter-Komponisten erneut erleben durfte. Selbstverständlich gehört auch ihre just im Oktober 1989 herausgekommene, damals wie heute atemraubende Inszenierung von Beethovens „Fidelio“ zum bleibenden Erbe der Dresdner Jahre. Eine solch mutige Umsetzung dieser Oper – die Kerkerszene als Gefängnishof mit Stacheldraht, Suchscheinwerfern und Betonmauern war ein Abbild der grausigen Realität – ist noch heute ein ebenso beklemmender wie wirkungsvoller Aufschrei.
Noch im selben Jahr der politischen Wende ging Christine Mielitz an die Komische Oper Berlin und kehrte erst Anfang 2014 mit Dmitri Schostakowitschs Kammerstück „Moskau, Tscherjomuschki“ wieder nach Dresden zurück (nmz-online 23.02.2014).
Wichtige feste Stationen der Opernfrau sind Meinigen (1998-2002) und Dortmund (2002–2010) gewesen, wo sie jeweils erfolgreich als Intendantin gewirkt hatte. Unvergessen ist ihr von Alfred Hrdlicka ausgestatteter „Ring“, der 2001 in Meiningen herauskam und dort erstmals (wie einst von Wagner gefordert) an vier aufeinanderfolgenden Abenden aufgeführt worden ist. Richard Wagner spielte auch in Mielitz‘ Dortmunder Zeit eine große Rolle, dort kam aber auch die Moderne von Alban Berg bis hin zu Hans Werner Henze zu ihrem Recht. Selbst die ursprünglich für Dresden geplante Uraufführung „Das Treffen in Telgte“ von Eckehard Mayer nach der gleichnamigen Novelle von Günter Grass wurde in der Ruhr-Metropole realisiert.
Heute ist Christine Mielitz als Gastregisseurin an den Staatsoper von München und Wien (wo sie 1991 mit Schostakowitschs „Lady Macbeth von Mzensk an der Volksoper debütierte) ebenso gefragt wie auch außerhalb von Europa, etwa in Australien und Japan. Sie hat Alexander von Zemlinskys „König von Kandaules“ 2002 in Salzburg inszeniert und 2011 „Gogol“ von Lera Auerbach in Wien uraufgeführt. Christine Mielitz lebt ihr Leben für die Oper.