Das Jahr 2024 war geprägt von einschneidenden Ereignissen in der musikkulturellen Landschaft: Nach Spotifys Einführung der „1000-Streams-Grenze“ als Voraussetzung für die Auszahlung einer Vergütung an Künstler/-innen traten zunehmend problematische Auswirkungen auf die musikpädagogische Landschaft zutage – insbesondere für selbstständige und freischaffende Musiker/-innen. Diese Entwicklung wurde durch das Herrenberg-Urteil und den Regierungsentwurf zum Jahressteuergesetz 2024, der die Umsatzsteuerbefreiung für freischaffende Musiker gefährdete, zusätzlich verstärkt. Die Sorge über einen drohenden Verlust musikalischer Vielfalt und die Aufrechterhaltung der Musikkultur wächst weiterhin. Ein Lichtblick in dieser Entwicklung ist die wachsende Vertrauenskultur innerhalb des Bundesverbands und der Landesverbände des DTKV, getragen durch das Motto „Gemeinsam für die Musik“, sowie der verstärkte Einsatz des DTKV-Präsidiums für faire berufliche Rahmenbedingungen für Musiker/-innen auf bundespolitischer Ebene. Auch das neue Präsidium, das in der Versammlung am 09. November 2024 gewählt wurde, verspricht Vielfalt, positive Energie und konstruktive sowie vertrauensvolle Zusammenarbeit.
DTKV 2025: Aufbruch und Zuversicht
Die Delegierten der 62. Bundesdelegiertenversammlung des Deutschen Tonkünstlerverbandes wählten auf ihrer turnusmäßigen Jahrestagung Prof. Christian Höppner mit 97 Prozent als Präsident wieder. Ebenfalls wurden Prof. Hans-Peter Stenzl als 1. Vizepräsident und Wilhelm Mixa als Schatzmeister im Amt bestätigt. Neu ins Amt gewählt wurden Martin Behm als 2. Vizepräsident und Cathleen Bergner als Schriftführerin. Dazu Prof. Christian Höppner: „Die diesjährige Bundesdelegiertenversammlung steht für Aufbruch und Zuversicht in wahrhaft bewegten Zeiten. Nach dem Abschluss des intensiven und Kräfte zehrenden Reformprozesses bin ich sehr froh über die spürbare Freisetzung kreativer Potentiale. Der größte Dachverband der Musikberufe braucht diese Einigkeit und Energie für die dringend notwendige Verbesserung der Rahmenbedingungen freiberuflicher Tätigkeit. Ich danke den ausgeschiedenen Mitgliedern Edmund Wächter und Christian Seibert sehr herzlich für ihr langjähriges und erfolgreiches Engagement.“
Mit dem Beschluss einer neuen Satzung konnte der DTKV seine Strukturreform nach vielen Jahren intensiver Diskussion erfolgreich abschließen. Wichtigste Änderungen: Der Bundesausschuss ersetzt als neues Gremium die bisherige Länderkonferenz. Hier vertreten die Landesverbände jeweils mit einer Stimme ihre Interessen. Weiter wurde der Stimmschlüssel für die Bundesdelegiertenversammlung degressiv-proportional angepasst, so dass eine bessere Repräsentation der kleineren Landesverbände ermöglicht wird. Inhaltlich bestimmten die beiden berufsrelevanten Themen „Umsatzsteuerbefreiung von Musikunterricht“ und der „Erwerbstätigenstatus von Honorarlehrkräften nach dem sog. ‚Herrenberg-Urteil‘“ die Debatten.
Die Tagesordnung umfasste Berichte des ausgeschiedenen Präsidiums, die Wahl eines neuen Präsidiums, Diskussion und Beschlussfassung zu einer Neufassung der Satzung des Bundesverbands, den Bericht zur Finanzlage sowie weitere Diskussionen zur Zukunft des DTKV. Die Konversationen wurden souverän moderiert und es entstand eine dynamisch offene, respektvolle Gesprächskultur, in der Anmerkungen, Wünsche und Fragen der versammelten Mitglieder in einem geschützten Raum ausgetauscht werden konnten. In einem Interview gibt Christian Höppner Einblick in die Chancen des DTKV mit dem neu gewählten Präsidium sowie Perspektiven und Ziele für das kommende Jahr 2025.
62. Bundesdelegiertenversammlung in der Manufaktur Steinway & Sons Hamburg
Die 62. Bundesdelegiertenversammlung des Deutschen Tonkünstlerverbands fand am 09. und 10. November 2024 in Hamburg statt. Präsidium und Delegierte waren an beiden Tagen bei Steinway & Sons Hamburg zu Gast. Die Sitzungen wurden in einer Räumlichkeit der Manufaktur Steinway & Sons Hamburg abgehalten. Die Teilnehmer/-innen wurden herzlich von Ann-Paulin Steigerwald (Head of Concerts & Artists) begrüßt. Nach der Eröffnung durch Präsident Prof. Christian Höppner unterstrich der Präsident des Landesmusikrates Hamburg Ludger Vollmer in seinem Grußwort die Bedeutung des gemeinsamen kulturpolitischen Handelns in schweren Zeiten. Nach der Bestellung der Protokollführerin sowie der Feststellung der Beschlussfähigkeit und Stimmberechtigung erfolgten Diskussionen zu den zuvor genehmigten Tagesordnungspunkten.
Die Berichte des scheidenden Präsidiums wurden geprägt von Dankesworten an die Mitglieder der Bundesdelegiertenversammlung: Der Präsident, die Vizepräsidenten und der Schatzmeister würdigten die vertrauensvolle Zusammenarbeit und den lebhaften Austausch zwischen Delegierten und Präsidiumsmitgliedern. Zentrale Themen waren die Herausforderungen des Jahres 2024, die aufgrund des Herrenberg-Urteils und der Diskussionen um Scheinselbstständigkeit sowie das Bescheinigungsverfahren bezüglich der Umsatzsteuerbefreiung entstanden waren. Dabei wurde das Ziel betont, faire Rahmenbedingungen für musikalische Berufe zu schaffen und die Nachwuchsförderung für die kommende Generation von Musiker/-innen zu stärken. Das Präsidium hob hervor, dass neben finanziellen Ressourcen vor allem die zunehmende gesellschaftspolitische Wirksamkeit musikalischer Verbände entscheidend sei, um diese Ziele zu erreichen. Schatzmeister Wilhelm Mixa stellte als Lösungsansatz zur Erweiterung beruflicher Betätigungsplattformen die Möglichkeit der Gründung einer Genossenschaft vor. Für das Jahr 2025 ist eine Informationsveranstaltung dazu vorgesehen.
In die Zukunft: neues Präsidium und neue Satzung
Während des Wahlvorgangs zum neuen Präsidium übernahm Dr. Alexander Krause (Vorsitzender des Landesverbands Bayern) die Wahlleitung. Alle fünf Positionen des Präsidiums standen zur Wahl. Prof. Christian Höppner, Prof. Hans-Peter Stenzl und Wilhelm Mixa kandidierten erneut für ihre bisherigen Ämter. Christian Seibert (ehemaliger Schriftführer) und Edmund Wächter (ehemaliger zweiter Vizepräsident) traten nicht erneut zur Wahl an und beendeten damit ihre Präsidiumstätigkeit nach dieser Amtszeit. Nach einer Vorstellung der Kandidat/-innen und einer Fragerunde wurde das Wahlverfahren in Form einer Geheimwahl durchgeführt. Martin Behm (2. Vizepräsident) ist bereits als Präsident und Schatzmeister des Landesverbands Brandenburg für den DTKV tätig, Cathleen Bergner (Schriftführerin) ist stellvertretende Vorsitzende des Landesverbands Thüringen.
Alle gewählten Präsidiumsmitglieder nahmen ihre Positionen mit Vorfreude auf die gemeinsame Zusammenarbeit in der kommenden Amtszeit an. Sie betonten ihre Zuversicht, gemeinsam konstruktiv an den Zielen des Verbandes zu arbeiten, neue Impulse zu setzen und die Interessen der Mitglieder auf bestmögliche Weise zu vertreten.
Auch die Neufassung der Satzung bringt frischen Wind in den Bundesverband des DTKV. Die über Jahre hinweg erarbeitete Neufassung, die von der Satzungskommission des DTKV – bestehend aus Andrea Fink (LV Bayern), Hans Wilhelm Kaufmann (LV Bremen), Ralf Püpcke (LV Baden-Württemberg) und Cornelia Sokoll (LV Nordrhein-Westfalen) – entwickelt worden war, wurde nach der Wahl des neuen Präsidiums ausführlich vorgestellt und diskutiert. Einzelne Abschnitte sorgten für intensive Debatten, die in angeregtem Austausch geführt wurden. Nach zwei Tagen detaillierter Besprechungen stimmten die Delegierten am Sonntag, den 10. November 2024, um 10:45 Uhr mit großer Mehrheit für die Annahme der neuen Satzung. Im Zentrum der neuen Satzung steht der Grundgedanke, Kommunikation, Rechte, Transparenz und Vertrauen zu stärken – getragen von dem Leitmotiv „Gemeinsam für die Musik“.
Zum Schluss wurden terminliche Rahmen für das Jahr 2025 vereinbart, darunter auch die Besprechung des Orts sowie des Zeitraums für die nächste Bundesdelegiertenversammlung, die voraussichtlich wieder Mitte November stattfinden wird. Zum Abschluss bedankte sich Prof. Höppner für die bereichernde Diskussion und die aktive Beteiligung der Vertreter/-innen der anwesenden Landesverbände. Ein besonderer Dank ging auch an die Mitarbeiter/-innen von Steinway & Sons Hamburg für die Organisation des Tagungsortes und für die interessante Führung durch die Manufaktur Steinway & Sons, bei der sowohl der Steinway SPIRIO-Flügel als auch die Herstellungsprozesse von Steinway-Instrumenten vorgestellt wurden.
Interview mit dem DTKV-Präsidenten Prof. Christian Höppner
Lee: Welche Botschaften gehen von der gerade beendeten Bundesdelegiertenversammlung des Deutschen Tonkünstlerverbandes in Hamburg aus?
Höppner: Drei Botschaften – Erstens: Das Tun und Wirken unserer rund 9.000 Mitglieder wird mehr denn je in unserer Gesellschaft gebraucht. Mit dieser Botschaft verbindet sich die Überzeugung, dass Bildung und Kultur die Grundlage für unser Zusammenleben liefern. Adäquate wirtschaftliche Rahmenbedingungen gehören ebenfalls zu den Gelingensbedingungen des Miteinanders, sind aber von der Funktionsfähigkeit unserer bildungskulturellen Infrastruktur abhängig. Der gesellschaftliche Konsens, dass Bildung und Kultur eine öffentliche Aufgabe in öffentlicher Verantwortung und in überwiegend öffentlicher Finanzierung sind, erodiert vor allem bei den politisch Verantwortlichen – nicht in den Sonntagsreden, sondern zu oft im Montagshandeln der Exekutive wie Legislative auf allen föderalen Ebenen. Den gesellschaftlich wie ökonomisch schädlichen Schließungen und Kürzungen im Bildungs- und Kulturbereich stehen zu wenige Positivbeispiele gegenüber. Ich habe den Eindruck, dass wir den Kompass gesellschaftlicher Prioritätensetzung für die existenziellen Zukunftsthemen mehr und mehr verlieren. Die Frage, was uns verbindet und unterscheidet, und die daraus folgenden Antworten sind ebenso existenziell für unser Zusammenleben wie die Bewahrung der Schöpfung. Die UNESCO-Konvention zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen sowie der weite Kulturbegriff, auf den sich die UNESCO mit ihrer Erklärung von Mexico-City verständigt hat, bieten auch für den DTKV eine hervorragende Berufungs- und Handlungsgrundlage, um der flatternden Kompassnadel gesellschaftlicher Prioritätensetzung zu begegnen. So verbindet sich berufsständisches Engagement mit dem gemeinwohlorientierten Ansatz für die Musikberufe beim Dachverband.
Zweitens: Gemeinsam sind wir erfolgreicher. Diese Binse wurde in den vergangenen Jahrzehnten nicht immer gelebt, ist aber in so bewegten Zeiten wie diesen Voraussetzung für die Wirksamkeit unserer Arbeit. Ganz praktisch zeigt sich das beispielsweise in der sehr guten Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kulturrat, dem Deutschen Musikrat und den Partner-Dachverbänden bei den Themen „Folgen des Herrenberg-Urteils“ und „Umsatzsteuerreform 2024“.
Drittens: Kulturelle Vielfalt braucht Freiberuflichkeit sowie sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Selbstverständlich begrüßt der DTKV vor dem Hintergrund des Herrenberg-Urteils und des wachsenden Fachkräftemangels die Zunahme sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse. Im Interesse der Angebotsvielfalt - und derzeit auch partiell der bildungskulturellen Versorgung vor Ort – für die Bürgerinnen und Bürger bedarf es einer Balance im Dualen System der Berufsausübung. Diese Balance zwischen selbstständiger und unselbstständiger Erwerbsarbeit stimmt aber nicht mehr in unserem Land. Die Rahmenbedingungen für den selbstständig erwirtschafteten Lebensunterhalt haben sich auch bei den schöpferisch, künstlerisch und pädagogisch tätigen Musikerinnen und Musikern, inhabergeführten Musikschulen, dem Musikinstrumentenhandwerk, dem Musikhandel und den Musikveranstaltern in den letzten Jahren durch Steuergesetzgebung, die Ausweitung branchenbezogener Verordnungen, Überbürokratisierung und die in nationales Recht umzusetzenden EU-Vorgaben zu oft verschlechtert.
Lee: Was verbinden Sie mit der verabschiedeten Satzungsreform und der Präsidiumsneuwahl für ihre kommende Amtszeit?
Höppner: Aufbruch und Zuversicht. Als ich vor drei Jahren das erste Mal für das Amt des DTKV-Präsidenten kandidierte, erlebte ich einen von Konflikten geprägten Dachverband. Mit Geduld und Beharrlichkeit ist es gemeinsam gelungen eine neue Vertrauenskultur aufzubauen, die eine produktive Streitkultur ermöglicht. Die nun verabschiedete große Satzungsreform ist das sichtbare Ergebnis eines besseren Miteinanders. Ich danke meinen Präsidiumskollegen, der Geschäftsführerin und den Mitgliedern für die tatkräftige Mitwirkung auf diesem dornenreichen Weg.
Der DTKV ist nun in herausfordernden Zeiten mental wie strukturell gut aufgestellt.
Mit dem großen Dank an die nicht mehr zur Wahl angetretenen Präsidiumsmitglieder Christian Seibert und Edmund Wächter für ihre geleistete Arbeit verbindet sich die Vorfreude auf die Zusammenarbeit im Präsidium mit den neu hinzugewählten Mitgliedern Cathleen Bergner und Martin Behm.
Lee: Wird 2025 ein gutes Jahr für die Musikkultur?
Höppner: Die Fähigkeit des Glaskugellesens beherrsche ich noch nicht, aber ich bin zuversichtlich, dass wir gemeinsam etwas zum Guten für die kulturelle Vielfalt in unserem Land und damit auch für kulturelle Teilhabe und bessere Rahmenbedingungen für die Musikberufe bewegen können. Dazu braucht es auch die verstärkte Ansprache der Verantwortungsträger vor Ort in Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Schlussendlich schenkt uns d
- Share by mail
Share on