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Persönliche Worte zum Tod von Wolfgang Rihm

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Der Tonkünstlerverband trauert um sein Ehrenmitglied
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Der weltweit geschätzte und anerkannte Komponist, Musikwissenschaftler und Essayist Prof. Dr. h.c. Wolfgang Rihm, geboren am 13. März 1952 in Karlsruhe, ist nach langer Krankheit in der Nacht zum 27. Juli im Alter von 72 Jahren in Ettlingen gestorben. 

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Der Tonkünstlerverband Baden-Würt­temberg verneigt sich in größtem Respekt vor der Person und dem Werk seines Ehrenmitgliedes. Den würdigen, kenntnisreichen und oft auch persönlichen Nachrufen in den Medien und Feuilletons, in Rundfunksendungen, Interviews und Rückblenden aus dem gesamten deutschsprachigen Raum ist nichts hinzuzufügen.

Bedauerlicherweise habe ich Wolfgang Rihm nie persönlich kennengelernt und viel zu wenig aus seinem auch quantitativ beeindruckenden Oeuvre gehört. Ich erinnere mich an sein betörendes Violinkonzert „Gesungene Zeit“ mit Anne-Sophie Mutter aus den Jahren 1990/91, an die beklemmenden „Fremden Szenen“ für Klaviertrio (1982–1984), die ich 2018 beim ARD-Musikwettbewerb in vielsagender unmittelbarer Nachbarschaft zu den beiden großen Trios von Schubert erlebte oder an seinen expressiven Liederzyklus „Das Rot“ (1990) auf sechs Gedichte von Karoline von Günderrode, dessen in Klang gegossene urmenschliche Zweifel und Zerwürfnisse existenzielle Diskussionen in meiner Klasse auslösten. 

Mein Bruder und ich steckten mitten in Vorbereitungen auf einen Duoabend mit Werken in f-Moll (Britten, Berio, Schubert, Brahms) für den Klaviersommer Bonn, als uns Ende Juli die Nachricht vom Tode Wolfgang Rihms ereilte. Sein „Kurzer Walzer auf der Suche nach f-Moll“ aus dem Jahre 2006 diente uns spontan als Inspiration – ein meisterhaftes und humorvolles Spiel mit Nähe und Distanz, mit lebensnahen Frage- und Ausrufezeichen.

„Ich brauche keine Anregung von außerhalb. Die einzige Anregung, um die ich bitte, ist in Ruhe gelassen zu werden.“ Nun hat Wolfgang Rihm seine ewige Ruhe gefunden. Nicht ohne uns vorher reich beschenkt zu haben mit viel ausdrucksstarker Musik, aber auch mit Appellen an die Freiheit der Kunst, an die individuelle Prozesshaftigkeit künstlerischen Schaffens, an die Sinnlichkeit und an die Freuden des Genusses. Hören wir (auf) Wolfgang Rihm.

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