Beim Tonkünstlerverband präsentierte der Augsburger Pianist Stephan Kaller Sonaten von Werner Egk (1901–83), Michael Tippett (1905–98) und Aram Chatschaturjan (1903–78).
Werke von drei Komponisten, die am Beginn des 20. Jahrhunderts geboren wurden, bot der Klavierabend von Stephan Kaller. Beim Tonkünstlerverband präsentierte der Augs-
burger Pianist Sonaten von Werner Egk (1901–83), Michael Tippett (1905–98) und Aram Chatschaturjan (1903–78). Drei Künstler, drei Kulturkreise – jeder von ihnen repräsentierte auf seine Weise das Jahrhundert, blieb aber eher mit anderen Werken als Klaviermusik in Erinnerung. Ihre klare und „neutrale“ Sprache auf dem Tasteninstrument, die Hinterlassenschaft sozusagen Schwarz auf Weiß, hört man selten. Das Publikum im gutbesuchten Konzertsaal des Leopold-Mozart-Zentrums der Universität lauschte mit Interesse den Raritäten.
Werner Egk, Donauwörther (Geburtsort: das später eingemeindete Auchsesheim) und durch Schulzeit und andere Verbindungen Quasi-Augsburger, hat man als Schöpfer üppiger Bühnenwerke („Revisor“, „Peer Gynt“, „Abraxas“) im Ohr. Als ob er in der Klaviersonate von 1947 seine oft anarchisch ausbrechende musikalische Fantasie domestizieren wollte, hat er die fünf Sätze in einer seltsam rigiden Symmetrie angeordnet: Ers-ter und letzter Satz – eine Mischung aus frei fabulierenden Arabesken und ordnender Zucht – sind identisch; Satz zwei und vier (je Allegro), motorisch kompakter und angriffslustiger, ähneln sich stark; und in der Mitte ruht ein Andante als eher lyrischer Pol.
Das Hauptwerk des pazifistischen Londoners Michael Tippett ist das Oratorium „A Child of Our time“. In seiner einsätzigen Sonate Nr. 2 geht er jedoch mit Themen und winzigen Motivsplittern gegensätzlichster Couleur schon weniger friedfertig um. Da gibt es harte Kollisionen und schüchterne Annäherungen, bis sich zum Schluss das ganze Projekt in gewollter Dekonstruktion auflöst, bevor Verbindungen entstehen. Auch hier wie bei Egk, waltete Pianist Kaller mit Präzision und kristallklarer Diktion seines Amtes. Zum Schluss konnte man den „Säbeltanz“ quasi in erweiterter Form bestaunen: Mit diesem Stück aus dem Ballett „Gajaneh“ ist Aram Chatschaturjan unsterblich geworden. Auch in der Klaviersonate (1961/1976), einem dreisätzigen Panorama, stilisiert der Armenier Harmonie-Aromen und Klänge seiner kaukasischen Heimat in fast ungebärdig tänzerischer Bewegungswut – von Stephan Kaller mit Virtuosität und pianistischer Brillanz ausgebreitet – ein mitreißender musikalischer Parforceritt. Kaller beruhigte sich und die Gemüter des begeisterten Publikums mit einer Zugabe: Erik Saties „Vexations“ (Quälereien). Mit feiner Ironie angekündigt, erklangen Gott sei Dank nur die letzten sieben Minuten des endlos leiernden, 800 Mal – sprich 24 Stunden – zu spielenden, mehrtaktigen Nervensägen-Themas.